9/A XXIV. GP

Eingebracht am 28.10.2008
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ANTRAG

 

des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen und das Gesetz vom 1. August 1895 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geändert werden

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen und das Gesetz vom 1. August 1895 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geändert werden

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel I

Änderung des Bundesgesetzes über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen

 

Das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, BGBl. I Nr. 181/1998, wird wie folgt geändert:

 1. Der Titel des Bundesgesetzes lautet:

Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus dem Eigentum des Bundes sowie jener Fonds, Stiftungen und Anstalten, die von Bundesorganen oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen des Bundes bestellt sind (Kunstrückgabegesetz)

 2. § 1 lautet:

 „§ 1. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die folgenden Begriffe:
1. „Rückgabeverpflichteter“: der Bund sowie jene Fonds, Stiftungen und Anstalten, die von Bundesorganen oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen des Bundes bestellt sind.
2. „Kunstgegenstände“: Kunst- und Kulturgut jeglicher Art, wie es von den Bundesmuseen und der Nationalbibliothek, dem Heeresgeschichtlichen Museum, den Sammlungen der Bundesmobilienverwaltung und allen anderen Institutionen, für die dieses Gesetz gilt, erworben wurde und gesammelt wird.“
 
3. § 1 a lautet:
               „§ 1 a. (1) Der Bundesminister für Finanzen wird verpflichtet, jene Kunstgegenstände aus dem Eigentum des Rückgabeverpflichteten unentgeltlich an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen zu übereignen, welche
               1. Gegenstand von Rückstellungen an oder eines Rückstellungsverzichtes durch die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen waren und nach dem 8. Mai 1945 im Zuge eines daraus folgenden Verfahrens nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verbot der Ausfuhr von Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung, StGBl. Nr. 90/1918, unentgeltlich, ohne angemessenen Gegenwert oder auf sonst unredliche Weise in das Eigentum des Rückgabeverpflichteten übergegangen sind und sich noch im Eigentum des Rückgabeverpflichteten befinden;
               2. in das Eigentum des Rückgabeverpflichteten übergegangen sind, jedoch zuvor Gegenstand eines Rechtsgeschäftes oder einer sonstigen Rechtshandlung gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1946 über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind, BGBl. Nr. 106/1946, waren und sich noch im Eigentum des Rückgabeverpflichteten befinden;
               3. in das Eigentum des Rückgabeverpflichteten übergegangen sind, jedoch zwischen dem 30. Jänner 1933 und dem 13. März 1938 Gegenstand einer Vermögensentziehung im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus auf dem Territorium des Deutschen Reiches waren und sich noch im Eigentum des Rückgabeverpflichteten befinden;
               4. im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus als herrenloses Gut unentgeltlich in das Eigentum des Rückgabeverpflichteten übergegangen sind und sich noch im Eigentum des Rückgabeverpflichteten befinden;
               (2) Bei der Beurteilung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes oder einer sonstigen Rechtshandlung nach Abs. 1 Z 2 ist auf den Begriff der Vermögensentziehung nach § 1 Abs. 1, § 2 und § 3 des Bundesgesetzes vom 6. Februar 1947 über die Nichtigkeit von Vermögensentziehungen (Drittes Rückstellungsgesetz), BGBl. 54/1947, abzustellen.
               (3) Auf Verfahren nach Abs. 1 ist das AVG anzuwenden.“

 

4.  § 2 Abs. 1 lautet:

          „§ 2. (1) Die Mitglieder der Bundesregierung werden

          1. verpflichtet, die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen festzustellen und ausfindig zu machen und die Kunstgegenstände nach § 1 a an diese zu übereignen;

          2. ermächtigt, jene Kunstgegenstände nach § 1 a, welche trotz aktiver Suche nach den ursprünglichen Eigentümern und deren Rechtsnachfolgern von Todes wegen und trotz geeigneter Publikation entsprechender Aufrufe innerhalb einer angemessenen Frist nicht an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen rückübereignet werden können, weil diese nicht festgestellt werden können, an den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus zur Verwertung zu übereignen, der den Verwertungserlös für die in § 2 a des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995, genannten Zwecke zu verwenden hat.“

 

5. In § 2 Abs. 2 entfällt die Wortfolge „Durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes wird keinerlei Anspruch auf Übereignung begründet.“

 

6. In § 2 Abs. 3 wird die Wortfolge „Unterricht und kulturelle Angelegenheiten“ durch die Wortfolge „Unterricht, Kunst und Kultur“ ersetzt.

 

7. Nach § 2 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 eingefügt:

          „(4) Die Mitglieder der Bundesregierung entscheiden unter Anwendung des AVG in erster und letzter Instanz. Ihre Entscheidungen sind zu veröffentlichen.“

 

8. § 3 lautet:

          „§ 3. (1) Beim Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur wird ein Beirat eingerichtet, der die Mitglieder der Bundesregierung bei der Feststellung jener Personen, denen Kunstgegenstände zu übereignen sind, zu beraten hat.

(2) Die stimmberechtigten Mitglieder des Beirates sind:

1. ein durch das Präsidium der Österreichischen Richtervereinigung zu nominierender Richter als Vorsitzender;

2. zwei von der Universitätskonferenz zu nominierende Experten auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt Restitutionsrecht;

3. ein von der Universitätskonferenz zu nominierender Experte auf dem Gebiet der Zeitgeschichte mit Schwerpunkt Vermögensentzug im Nationalsozialismus und Restitution;

4. ein von der Universitätskonferenz zu nominierender Experte auf dem Gebiet der Kunstgeschichte;

5. ein Vertreter der Finanzprokuratur;

6. der Leiter der Kommission für Provenienzforschung.

(3) Für jedes Mitglied nach Abs 2 Z 1 bis Z 5 ist ein Ersatzmitglied zu bestellen.

(4) Die Bestellung und Abberufung des Vorsitzenden und dessen Stellvertreter aus dem Kreis der in Abs. 2 Z 2 bis Z 6 genannten Mitglieder sowie die Bestellung und Abberufung der in Abs. 2 Z 2 bis Z 5 genannten Mitglieder des Beirats obliegt dem Ministerrat. Die Bestellung erfolgt jeweils auf ein Jahr. Neuerliche Bestellungen sind zulässig.

(5) Der Vorsitzende oder der Leiter der Kommission für Provenienzforschung berufen den Beirat zu Sitzungen ein.

(6) Der Beirat hat Rückstellungswerber sowie deren Vertreter vor Abgabe einer Empfehlung in geeigneter Form anzuhören.

(7) Zu den Sitzungen des Beirats sind jeweils ein Vertreter des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und der Israelitischen Kultusgemeinde sowie der jeweilige Verfasser der dem Beirat zur Abgabe von Empfehlungen vorgelegten Dossiers in beratender Funktion hinzuzuziehen. Der Beirat kann weiters andere geeignete Auskunftspersonen und Sachverständige beiziehen.

(8) Zu einem Beschluss des Beirates ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder und die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.

          (9) Der Beirat beschließt seine Geschäftsordnung, die vom Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur zu genehmigen ist, mit einfacher Mehrheit. Die Geschäftsordnung hat die Tätigkeit des Beirates unter Bedachtnahme auf Abs. 1 möglichst zweckmäßig zu regeln. Die Geschäftsordnung ist zu genehmigen, wenn sie dieser Voraussetzung entspricht.

(10) Die den Entscheidungen der Mitglieder der Bundesregierung zugrunde liegenden Beschlüsse des Beirats sind gemeinsam mit diesen Entscheidungen zu veröffentlichen.

(11) Jeder Rückstellungswerber mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland kann innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung des Bescheids des zuständigen Bundesministers Klage bei den ordentlichen Gerichten einbringen. Für Rückstellungswerber mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland beträgt die Frist zur Einbringung der Klage drei Monate. In erster Instanz sind dabei die Landesgerichte, in deren Sprengel sich die verfahrensgegenständlichen Kunstgegenstände bei Erlassen des Bescheids des zuständigen Bundesministers befunden haben, zuständig. Wird die Klage rechtzeitig erhoben, so tritt der Bescheid des zuständigen Bundesministers im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft. Für das Nichtvorliegen von Tatsachen, die aus einer Empfehlung des Beirates gemäß Absatz 1 hervorgehen, trägt der Bund die Beweislast.“

 

9. Nach § 3 wird folgender § 3 a eingefügt:

„§ 3 a. (1) Beim Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur wird eine Kommission für Provenienzforschung eingerichtet, die für die Durchführung und Koordinierung der Provenienzforschung an den Bundesmuseen und der Nationalbibliothek, dem Heeresgeschichtlichen Museum, den Sammlungen der Bundesmobilienverwaltung und allen anderen Institutionen, für die dieses Gesetz gilt, zuständig ist.

(2) Die Kommission für Provenienzforschung besteht aus einer/einem Vorsitzenden, die/der für den juristischen sowie den administrativen Bereich zuständig ist, einer/einem stellvertretenden Vorsitzenden, die/der für die inhaltliche Koordination und Evaluierung der Provenienzforschung zuständig ist, sowie den zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Mitgliedern und sonstigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

(3) Die Kommission beschließt ihre Geschäftsordnung und einen jeweils auf drei Jahre angelegten Arbeitsplan, die vom Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur und dem Beirat zu genehmigen sind, mit einfacher Mehrheit. Geschäftsordnung und Arbeitsplan haben die Tätigkeit der Kommission unter Bedachtnahme auf Abs. 1 möglichst zweckmäßig zu regeln. Geschäftsordnung und Arbeitsplan sind zu genehmigen, wenn sie dieser Voraussetzung entsprechen.“

 

10. In § 6 Abs 2 und 3 wird die Wortfolge „Unterricht und kulturelle Angelegenheiten“ durch die Wortfolge „Unterricht, Kunst und Kultur“ ersetzt.

 

Artikel II

Änderung des Gesetzes vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung – ZPO)

Das Gesetz vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung – ZPO), RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 128/2004, wird wie folgt geändert:

 

1. § 57 Abs. 2 Z 4 lautet:

          „4. bei Klagen im Mandats- und Wechselverfahren, bei Widerklagen, sowie bei Klagen, welche infolge einer öffentlichen, gerichtlichen Aufforderung angestellt werden;

 

2. Nach § 57 Abs. 2 Z 4 wird folgende Z 5 eingefügt:

          „5. bei Klagen nach dem Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen.

 

 

 


Begründung:

Artikel I:

Zu Z 2 (§ 1):

Im Zuge dieser Gesetzesnovelle wird der Kreis der Rückgabeverpflichteten auf den Bund und jene Fonds, Stiftungen und Anstalten, die von Bundesorganen oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen des Bundes bestellt sind. Diese Formulierung folgt § 1 Abs 3 des Rechnungshofgesetzes, BGBl. 144/1948.

Die Definition des Begriffs „Kunstgegenstand“ war bislang nur in den Erläuterungen zum Kunstrückgabegesetz enthalten, auch deshalb, weil der Fokus des Jahres 1998 auf Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen lag. In Anbetracht der Restitutionen beispielsweise von Automobilen oder Gesteinssammlungen erscheint es angebracht, die umfassende Bestimmung des Begriffs in den Gesetzestext aufzunehmen.

 Zu Z 3 (§ 1 a):

Der Bundesminister für Finanzen wird nunmehr verpflichtet, Kunstgegenstände, die nach diesem Bundesgesetz zurückgestellt werden müssen, auch tatsächlich zurückzustellen. Damit wird die bisherige Ermächtigung zur Rückgabe von Kunstgegenständen in ein subjektives Recht der ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen umgeändert. Diese Änderung entspricht sowohl den allgemeinen rechtsstaatlichen Geboten als auch den Erfordernissen der Praxis.

Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, dass Kunstgegenstände, die nicht Gegenstand eines formellen Rückstellungsverfahrens waren, vom Rückstellungstatbestand der Z 1 ausgenommen sind. Ursache für den unterlassenen Versuch von Berechtigten, das geraubte Eigentum zurückzuerlangen, können verschiedene sein: Möglicherweise wurde kein Rückstellungsverfahren einzuleiten versucht aufgrund der Aussichtslosigkeit der Bemühungen oder aufgrund persönlicher Lebensumstände der Berechtigten. Diese Differenzierung ist zu beheben, indem ein Rückstellungsverzicht einem Rückstellungsverfahren ausdrücklich gleichgestellt wird.

Von § 1 a Abs. 1 Z 1 erfasst werden sollen weiters nicht nur Kunstgegenstände, die unentgeltlich, dh in Form von Schenkungen, in das Eigentum von Sammlungen oder Museen gelangt sind, sondern genauso auch solche, die zB im Zusammenhang mit der Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für einen Teil des geraubten Vermögens um einen nicht angemessenen Gegenwert von den Museen oder Sammlungen erworben wurden. In solchen Fällen besteht nämlich eine sehr ähnlich gelagerte Situation. Daher kann es nicht darauf ankommen, ob es sich um eine reine Schenkung gehandelt hat oder um einen Erwerb um eine Summe, die im Zeitpunkt des Erwerbes nicht dem Marktwert des Kunstgegenstandes entsprach. Die im Austausch für die Kunstgegenstände erhaltene nicht angemessene Summe wäre im Fall einer Restitution von den Berechtigten zurückzuerstatten.

Die bisherige Fassung des § 1 Abs 1 Z 3 (neu: § 1 a Abs 1 Z 3) zielt auf Kunstgegenstände ab, die in Folge der NS-Zeit als herrenloses Gut in Verwahrung des Bundes gekommen sind und in weiterer Folge ins Eigentum des Bundes übertragen wurden. Nicht alle als herrenloses Gut in Verwahrung des Bundes genommenen Kunstgegenstände wurden in der Kartause Mauerbach aufbewahrt und 1996 zur Versteigerung gebracht. Die Qualifikation als herrenloses Gut ist dahingehend zu verstehen, dass die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen nicht festgestellt werden konnten oder nicht festgestellt wurden. Das in der derzeit geltenden Fassung vorausgesetzte Erfordernis eines Abschlusses von Rückstellungsverfahren entzieht der Bestimmung ihren Anwendungsbereich, da in der Regel gerade in den Fällen herrenlosen Gutes kein Rückstellungsverfahren stattgefunden hat. Daher sollte dieses Erfordernis entfallen.

Abs. 2 stellt sicher, dass Vermögensentziehung im Sinne der Terminologie des Dritten Rückstellungsgesetzes verstanden wird. Dabei geht es unter anderem um die Präzisierung in § 2 Abs. 1 Drittes Rückstellungsgesetz, wonach den ursprünglichen Eigentümern von entzogenem Vermögen, die politischer Verfolgung durch den Nationalsozialismus unterworfen waren, eine Beweislastumkehr zugute kommt. In solchen Fällen hat nämlich nicht der ursprüngliche Eigentümer zu beweisen, dass die Vermögensentziehung im Zusammenhang mit der politischen Verfolgung stand, sondern der Erwerber, dass sein Erwerb auch unabhängig von der Machtergreifung des Nationalsozialismus erfolgt wäre. Ausdrücklich klargestellt wird an dieser Stelle, dass die sonstigen Bestimmungen des Dritten Rückstellungsgesetzes bei der Beurteilung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes oder einer sonstigen Rechtshandlung nicht als Auslegungsmaßstab heranzuziehen sind, dh so auch insbesondere nicht § 4 Drittes Rückstellungsgesetz.

Erforderlich ist schließlich ein Rückstellungsverfahren, das den Garantien eines Rechtsstaates entspricht. Dies wird durch die Anwendbarkeit des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes durch die Einfügung des neuen Abs. 3 gesichert.

Zu Z 4 (§ 2 Abs. 1):

Die Stadt Wien hat sich in ihrem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 1999 ausdrücklich zur Rückstellung geraubter Kunstgegenstände verpflichtet. Aus dieser Verpflichtung wird auch eine aktive Ausforschungspflicht der ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen abgeleitet.

Tatsächlich kann Restitutionsrecht nur effizient wirken, wenn es in der Praxis mit aktiver Forschung – sei es Provenienzforschung oder Ausforschung der Berechtigten – verbunden wird. Dementsprechend soll im Zuge dieser Novelle nach dem Vorbild der Stadt Wien und korrespondierend zur verpflichtenden Rückstellung nach dem neu formulierten § 2 Abs. 1 die Verpflichtung zur aktiven Nachforschung nach den ursprünglichen Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern von Todes wegen ausdrücklich normiert werden.

Die Änderung der Bezeichnung der zuständigen Bundesminister entspricht dem geltenden Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien (Bundesministeriengesetz 1986 - BMG), idF. BGBl. I Nr. 92/2005.

 Zu Z 5 (§ 2 Abs. 2):

Wenn die Voraussetzungen der Rückstellung von Kunstgegenständen nach dem vorliegenden Gesetz vorliegen, darf die Rückstellung nicht mehr im Ermessen der zuständigen Minister liegen. Dieser Gedanke wird durch die Streichung des § 2 Abs. 2 letzter Satz konsequent verwirklicht.

 

Zu Z 6 (§ 2 Abs. 3):

Auch hier entspricht die Anpassung der Bezeichnung des Bundesministeriums dem geltenden Bundesministeriengesetz.

Zu Z 7 (§ 2 Abs. 4 neu):

Ein eigener Instanzenzug scheint entbehrlich. Schließlich erhöht es die Transparenz für alle Beteiligten sowie sonstige Interessierte, wenn Entscheidungen der zuständigen Minister veröffentlicht werden müssen. Sinnvoll erscheint beispielsweise eine Veröffentlichung im Internet.

 Zu Z 8 (§ 3):

Der neue § 3 nimmt auf die Erfordernisse der Praxis Rücksicht. Obwohl dem Beirat formell keine Entscheidungskompetenz zukommt, gibt er eine rechtliche Empfehlung ab, ob bestimmte Kunstgegenstände zu restituieren sind oder nicht. Tatsächlich gehören dem Beirat derzeit Personen an, die dem Wirkungsbereich jener Bundesminister zuzurechnen sind, die letztlich über die Frage der Restitution befinden. Nun erscheint es im Sinne eines rechtsstaatlichen Verfahrens, das auch durch die Anwendung des AVG gesichert werden soll, angemessen, den Beirat als ein Gremium anzusehen, dem zwar formell keine Entscheidungskompetenz zukommt, das jedoch maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung des zuständigen Bundesministers ausübt. In der Praxis haben sich bisher alle Bundesminister an die Beiratsempfehlungen gehalten.

Im Sinn der Sicherung einer möglichst weiten Unabhängigkeit des Beirats wird daher als Vorsitzender ein Richter zu bestellen sein. Die anderen stimmberechtigten Mitglieder setzen sich großteils aus Experten der verschiedenen Fachbereiche zusammen, die bei der Frage von Kunstrestitution aufeinandertreffen. Selbstverständlich soll auch die Republik Österreich über die Finanzprokuratur vertreten sein.

In beobachtender und beratender Funktion – im Sinne der Transparenz der Beiratsempfehlungen – sollen Vertreter des Nationalfonds und der IKG zu den Sitzungen hinzugezogen werden. Von entscheidender Bedeutung ist darüber hinaus, dass jene Mitarbeiter der Kommission für Provenienzforschung ebenfalls zu den Sitzungen hinzugezogen werden, die die im Beirat zu behandelnden Fälle vorbereitet haben. Diese Dossiers sind ein Kompendium von historischen Dokumenten und beinhalten die Darstellung eines Sachverhalts, der den Anlass zur Entscheidung von Restitutionsproblemen darstellt. Tatsächlich sind die Mitglieder der Kommission am besten mit den jeweiligen Fällen vertraut und daher in der Lage, wertvolle Hintergrundinformationen zu liefern und offene Fragen umgehend zu klären.

Die Beschlüsse des Beirats, welche die Grundlage für die Entscheidungen der zuständigen Bundesminister über die Frage der Restitution von Kunstgegenständen bilden, sollen schließlich im Sinne der bereits erwähnten Bemühungen um Transparenz (Z 4) veröffentlicht werden.

Der ordentliche Rechtsweg soll niemandem verschlossen sein. Daher kann jeder Rückstellungsweber innerhalb bestimmter Fristen, die im Fall von Auslandbezug entsprechend länger ausfallen müssen, bei den Gerichten Klage einbringen. Dabei handelt es sich um eine sukzessive Kompetenz, eine im österreichischen Rechtssystem bewährte Konstruktion. Dementsprechend tritt der jeweilige Bescheid des zuständigen Bundesministers mit Einbringung einer Zivilklage ex lege außer Kraft.

Die sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte lässt es auch wahrscheinlich erscheinen, dass Berechtigte nicht versucht oder gar gezwungen sind, Beistand von ausländischen Gerichten zu suchen. Insbesondere der Fall Bloch-Bauer hat gezeigt, dass der Aufwand internationaler gerichtlicher Auseinandersetzungen nicht zu rechtfertigen ist. Die Zuständigkeit ausländischer Gerichte kann aber nur durch die (kostengünstige) Gewährung eines innerstaatlichen Rechtsweges verhindert werden.

Im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Klagen auf Rückstellung geraubter Kunstgegenstände ist die Beweislastumkehr zu Gunsten von Rückstellungswerbern hervorzuheben. Die Anwendung der strengen Beweislastverteilungsregeln der ZPO wäre bei solchen Klagen nicht gerechtfertigt. Dementsprechend soll der Bund solche Tatsachen beweisen müssen, deren Nichtvorliegen in der jeweiligen Beiratsempfehlung festgestellt wurde.

 Zu Z 9 (§ 3 a neu):

Die Kommission für Provenienzforschung wurde im Frühjahr 1998 als Reaktion auf die Beschlagnahme zweier Gemälde aus der Sammlung Leopold gegründet und hat die Aufgabe, die inventarischen Bestände der österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen systematisch auf ihre Provenienz hin zu überprüfen. Da man zum Zeitpunkt der Einsetzung der Kommission davon ausging, dass die Arbeit bis Jahresende 1998 beendet sein werde, verzichtete man seitens des damaligen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst darauf, der Kommission den Status einer eigenständigen Rechtsperson zuzuerkennen (siehe auch die Anfragebeantwortung des BMUKK 246/AB, XXIII. GP). Angesiedelt wurde die Kommission eher aus pragmatisch-inhaltlichen als aus strukturellen Gründen im Bundesdenkmalamt. In diesem administrativen und logistischen Provisorium arbeiten die ProvenienzforscherInnen der Kommission bis zum heutigen Tag. Diese Zustände sind schon allein aus arbeitsrechtlicher Sicht unzumutbar, da beispielsweise manche der MitarbeiterInnen seit Jahren auf der Basis von auf drei oder sechs Monate befristeten Werkverträgen beschäftigt werden, obwohl eine unselbständige Tätigkeit nicht ernsthaft bezweifelt werden kann.

Eingedenk dieser Zustände und der Tatsache, dass im Moment – entgegen der ursprünglichen Einschätzungen – kein Ende der Provenienzforschung in den Bundesmuseen in Sicht ist, scheint es höchste Zeit, die Kommission für Provenienzforschung in eine eigenständige Rechtspersönlichkeit umzuwandeln, die über ein eigenes Budget und klare administrative Strukturen verfügt sowie in der Lage dazu ist, Dienstverträge abzuschließen, Kooperationen mit anderen Institutionen einzugehen und Projekte – insbesondere im Bereich der historischen Grundlagenforschung – zu vergeben.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Kulturausschuss vorgeschlagen sowie die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei Monaten verlangt.