17/A XXIV. GP

Eingebracht am 28.10.2008
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ANTRAG

 

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) geändert wird

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) geändert wird:

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

§ 278a samt Überschrift lautet:

 

„Kriminelle Organisation

 

§ 278a. Wer eine auf längere Zeit angelegte unternehmensähnliche Verbindung einer größeren Zahl von Personen gründet oder sich an einer solchen Verbindung als Mitglied beteiligt (§ 278 Abs. 3),

 

  1. die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen, oder schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei oder des unerlaubten Verkehrs mit Kampfmitteln, Kernmaterial und radioaktiven Stoffen, gefährlichen Abfällen, Falschgeld oder Suchtmitteln ausgerichtet ist,
  2. die in Gewinnabsicht handelt dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebt und
  3. die andere zu korrumpieren oder einzuschüchtern oder sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht,

ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
§ 278 Abs. 4 gilt entsprechend.“

 

 

Begründung:

 

1) Allgemeiner Teil:

 

Der § 278a StGB wurde im Rahmen der StGNov 1993 im Zusammenhang mit der Schaffung des Deliktes der Geldwäscherei eingeführt. Zweck der Einführung dieses Tatbestandes in das StGB war einerseits der Schutz der Rechtsgüter des Staates und seiner Bürger vor bestimmten Straftaten, die aufgrund der spezifischen Gefährlichkeit von Banden und erst recht von kriminellen Organisationen „mit einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit und in einer besonders intensiven Form“ zu erwarten sind. Andererseits sollte auch der öffentliche Friede geschützt werden, da sich eine kriminelle Organisation aufgrund der Begehung von den im Gesetz angeführten Katalogstraftaten zu einer Bedrohung der Grundlagen der rechtsstaatlichen Ordnung auswachsen und insoweit in besonders nachhaltiger Weise den öffentlichen Rechtsfrieden beeinträchtigen kann (Kienapfel, JBl 1995, 613).

 

Indizien für das Vorliegen einer kriminellen Organisation sind auf struktureller Ebene zB die Abschottung der Kommandoebene nach unten bzw. nach innen, die Abschirmung der Führungsebene bzw. einzelner Mitglieder gegen strafrechtliche Verfolgung, der systematische Gebrauch von Gewalt und Drohungen, um Mitglieder bei der Stange zu halten bzw. zum Schweigen zu zwingen, der Einsatz von Bestechungs- und Bedrohungsstrategien aller Art um bestimmte Entscheidungsträger (Politiker, Beamte, Richter, Manager) zu korrumpieren und für die Zwecke der Organisation zu operationalisieren.

 

Intention der Schaffung des § 278a StGB war also die Bekämpfung schwerer organisierter Kriminalität, gedacht wurde an Organisationen wie beispielsweise die sizilianische Mafia, die kalabrische N’drangheta oder die chinesischen Triaden (vgl Kienapfel, JBl 1995, 613).

 

Am 21.5.2008 wurden in einer konzentrierten Aktion österreichweit in über 20 Wohnungen und Vereinslokalen von Tierschutzorganisationen und aktiven Tierschützern Hausdurchsuchungen durchgeführt und 10 Personen verhaftet. Die Betroffenen wurden teilweise in Untersuchungshaft genommen, dies mit der Begründung, dass sie „Mitglieder einer kriminellen Organisation“ gemäß § 278a StGB seien. Konkrete Vorwürfe wurden allerdings von der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Bildung einer kriminellen Organisation nicht erhoben, auch sind keine konkreten Beweisergebnisse vorgelegen, welche die erhobenen Vorwürfe decken könnten.

 

Nicht nur Amnesty International zeigte sich aufgrund der angeblich vorliegenden Beweislage irritiert darüber, dass hier das Gesamtdelikt der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation verfolgt wurde und nicht entsprechende Strafverfahren wegen Sachbeschädigung, Nötigung oder gefährlicher Drohung eingeleitet wurden. Ein nicht unwesentlicher Grund für die Heranziehung des § 278a StGB könnte eine erleichterte Beweisführung sein.

 

Der Initiativantrag zielt darauf ab, eine missbräuchliche Verwendung des § 278a StGB zu verhindern. Es soll nicht möglich sein, dass Vorwürfe im Bereich des zivilen Ungehorsams in Verfahren nach § 278a StGB münden können, da man solche Vorwürfe jeder NGO, Umweltschutzorganisation oder Bürgerinitiative machen kann.

 

Amnesty International hielt im Hinblick auf das Strafrechtsänderungsgesetz 2002 in der Stellungnahme zum § 278 StGB fest, dass Widerstand gegen die Staatsgewalt oder schwere Sachbeschädigung zwar ohne Zweifel in einer demokratischen Gesellschaft kein sozialadäquates Verhalten darstellen und in jedem Fall strafgesetzlich verboten sein sollen. Es erscheine jedoch inadäquat, aus der Verabredung mehrer Demonstranten, Widerstand leisten zu wollen, eine Gruppe organisierten Verbrechens konstruieren zu wollen.

Laut Amnesty International könnte diese Bestimmung dem Wortlaut nach auf Umweltorganisationen wie Greenpeace angewandt werden, wenn diese etwas ein Atomkraftwerk besetzen würden.

 

Wie bereits ausgeführt war es sicher nicht Intention des § 278a StGB, eine Handhabe gegen NGOs zu schaffen.

 

 

2) Besonderer Teil:

 

Die Ziffer 2 wird um die Wendung „in Gewinnabsicht handelt“ ergänzt, dafür entfällt „oder erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft“.

 

Charakteristisch für die organisierte Kriminalität ist die Bereicherungsabsicht, was mit der Einfügung der Gewinnabsicht noch unterstrichen werden soll. Der bisher geltende Verweis „oder erheblicher Einfluss auf Politik (…)“ ist ein gefährliche Einladung zum Missbrauch des § 278a StGB gegenüber politischen Organisationen.

 

So soll sicher gestellt werden, dass die Tätigkeit von NGOs nicht unter den Tatbestand des § 278a StGB subsumiert werden kann.

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen sowie die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei Monaten verlangt.