22/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 28.10.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Praktikadauerschleife für AkademikerInnen verhindern - Berufseinstiege besser institutionell begleiten

 

Der Einstieg in den Arbeitsmarkt gestaltete sich für AkademikerInnen bereits in den letzten Jahrzehnten häufig schwierig. Die Zeitspanne zwischen Studierende und wirklichem Berufseinstieg - die „Übergangszeit“ - hat sich allerdings in den letzten Jahren nochmals deutlich verlängert und mit problematischer Brisanz verändert. Viele junge Menschen schaffen es mittlerweile trotz guter Ausbildung nicht mehr, sich schnell am regulären Arbeitsmarkt zu etablieren.

Die oft jahrelange Zwischenphase wird mit Übergangsjobs, Freien Dienstverträgen, geringfügiger Beschäftigung, Honorar- und Werkverträgen zur Einkommenssicherung überbrückt. Nicht selten werden auch unter- oder vollkommen unbezahlte Praktika zur individuellen, prekären Überlebensstrategie. Laut einer Online-Befragung der österreichischen Plattform „Generation Praktikum“ absolvieren bereits 56% der Befragten nach ihrer Ausbildung ein oder mehrere so genannte Praktika.

Denn ein Praktikum eröffnet immer seltener die Möglichkeit eines Einstiegs am Arbeitsmarkt - über zwei Drittel der Betroffenen bekamen in Folge nicht die erhoffte Anstellung (vgl. AMS-Studie 2008).

Praktika werden dem entsprechend in den wenigen empirischen Studien die es bisher zur Problematik gibt (in Österreich nur zwei !) mehrheitlich eher als riskante Strategie, denn als Chance zur Integration in den Arbeitsmarkt gesehen. Die Anzahl der Praktika im Lebenslauf kann sich aber mittlerweile sogar negativ auf die Beschäftigungschancen auswirken.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass aktuell besonders Frauen häufiger (unbezahlte) Praktika absolvieren und sich in Folge später auch vermehrt in atypischer Beschäftigung geraten.

 

Atypische Beschäftigungsverhältnisse, die parallel oder begleitend zu Ausbildungen stattfinden, werden als solche von Studierenden und der Gesellschaft mittlerweile mehrheitlich akzeptiert. Für Personen, die nicht mehr in Ausbildung stehen, gilt allerdings hauptsächlich die schwierige Arbeitsmarktsituation für junge Menschen als Grund zum Einstieg in oder Fortsetzung von nicht angestrebter atypischer Beschäftigung.

In dieser Phase müssen AbsolventInnen und BerufseinsteigerInnen mit einer steigenden Anzahl von Studierenden, deren Studienplan ein Pflichtpraktikum vorsieht, konkurrieren. Unternehmen, Organisationen aber auch der öffentliche Sektor können daher auf ein Überangebot an billigen und hochqualifizierten ArbeitnehmerInnen zurückgreifen. Die Rahmenbedingungen dieser Beschäftigungen werden so - wegen des Überangebotes - kompromisslos von den ArbeitgeberInnen vorgegeben, was die Ausbreitung prekärer atypischer Beschäftigung und Lohndumping bei JungakademikerInnen zusätzlich fördert.

 

Bei der Arbeitsplatzsuche sind UniversitätsabsolventInnen in erster Linie auf sich allein gestellt bzw. allein gelassen. Was die Dienste des Arbeitsmarktservices  betrifft, so werden diese gemäß einer Studie der Uni Klagenfurt von 2001 zwar von einem Drittel der befragten AbsolventInnen in Anspruch genommen, aber bei nur 2% der Beschäftigungssuchenden erwiesen sie sich als erfolgreich! In einer AbsolventInnenbefragung aus dem Jahr 2004 haben von 283 Personen nur drei (1,1%) über das AMS ihre Stelle finden können. HochschulabsolventInnen, die während ihres Studiums nicht erwerbstätig waren, haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und scheinen deshalb in den Arbeitsmarktstatistiken nicht auf.

Auf Grund der hohen Fluktuationsraten und der mangelnden institutionellen Dokumentation von PraktikantInnenbeschäftigung (Sozialversicherung, ArbeitnehmerInnenvertretungen, etc.) existieren derzeit auch keine repräsentativen Zahlen und Daten zur PraktikantInnenbeschäftigung.

 

Gab es in der Vergangenheit immer wieder spezielle arbeitsmarktpolitische Programme zur Unterstützung dieser Zielgruppe – beispielsweise die erfolgreiche Aktion 8000 –, ist aktuell, paradoxerweise trotz eines Anstiegs der AkademikerInnenarbeitslosigkeit und der sich in die Länge ziehenden prekären Berufseinstiegsphase, eher das Verschwinden spezieller AMS-Maßnahmen zu beobachten. Aktuell reduziert sich das Angebot auf ein „Arbeitstraining“ für AbsolventInnen von schulischen oder akademischen Ausbildungen ohne einschlägige Berufspraxis, die gegen den Bezug des Arbeitslosengeldes oder eines Tagsatzes von 14,53 Euro, das entspricht 436 Euro/Monat, unter praktikumsähnlichen Verhältnissen entschädigt werden.

Immer mehr AbsolventInnen finden aber auch längerfristig keine Arbeit mehr, die ihrem Qualifikationsniveau entspricht und ein adäquates Einkommen mit sich brächte. Betroffen davon sind vor allem Kultur-, Sozial- und GeisteswissenschafterInnen. Diesem Dequalifizierungs-  und Prekarisierungstrend gehört dringend ein Riegel vorgeschoben!

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 


ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass

 

·        eine spezielle und bessere Betreuung für AkademikerInnen eingerichtet wird, um eine besser auf die Zielgruppe abzielende Unterstützung beim Berufseinstieg zu gewährleisten;

 

·       neue Programme mit besserer Zielgruppenorientierung für akademische EinsteigerInnen am Arbeitsmarkt entwickelt und etabliert werden;

 

·       erfolgreiche arbeitsmarktpolitische Instrumente wie die „Aktion 8000“ wieder aufgenommen und ausgebaut werden;

 

·       hochqualifizierte StudienabgängerInnen in solchen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zumindest nach Kollektivvertrag entlohnt werden und

 

·        mehr Studien zur Situation der JungakademikerInnen sowie des Phänomens „Generation Praktikum“ gefördert bzw. beauftragt werden.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.