143/A(E) und Zu 143/A(E) XXIV. GP
Eingebracht am 03.12.2008
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde
betreffend mangelnde Bedachtnahme auf Gesundheitsschutz und Benachteiligung der ArbeitnehmerInnen im Arbeitszeitgesetz
Die im Juli 2007 im Nationalrat beschlossene Novelle des Arbeitszeitgesetzes („Flexibilisierung der Arbeitszeit“) stellt eine wesentliche Schwächung der Schutzfunktion des Arbeitsrechtes für ArbeitnehmerInnen dar.
Das neue Gesetz und die dadurch geschaffenen erweiterten Möglichkeiten zur Arbeitszeitausweitung gehen von einer Ausgewogenheit der ArbeitgeberInnen (AG) und ArbeitnehmerInnen (AN) aus, die es in der Realität nicht gibt. Diese ist durch ein Machtgefälle (strukturelle Benachteiligung) zwischen AG und AN gekennzeichnet, was dazu führt, dass sich in der Mehrheit der Arbeitsverhältnisse die Arbeitszeitflexibilisierung beinahe ausschließlich an den Bedürfnissen der AG orientiert und den AN keine größere Gestaltungsfreiheit nach individuellen, persönlichen und familiären Bedürfnissen eröffnet.
Das neue Gesetz schafft zudem eine problematische Generalklausel (§1a), die die Möglichkeit eröffnet, künftig Fragen zur Arbeitszeit auf Ebene der Betriebsvereinbarung zu regeln und in betriebsratslosen Betrieben auch auf der Ebene des Arbeitsvertrages (§ 4 Abs 8 und § 7 Abs. 4a). Dies ist besonders problematisch, da insbesondere in Kleinbetrieben und noch mehr in solchen ohne Betriebsrat AN noch stärker dem Druck und der Willkür ihrer AG ausgesetzt sind. Zudem kommt es zu einer schrittweißen Aushöhlung kollektiver Arbeitsbeziehungen und gewerkschaftlicher Interessensvertretung.
Zu weiteren wesentlichen Kritikpunkten und Schwachstellen im Gesetz zählen, dass Schutzklauseln wie etwa die „medizinische Unbedenklichkeit“ oder das „Benachteiligungsverbot“ sehr ungenau definiert sind und daher drohen, wirkungslos zu bleiben. Das Gesetz enthält keine Angabe unter welchen Vorgaben diese arbeitsmedizinische Unbedenklichkeit festgestellt werden soll. Es fehlen sowohl Bestimmungen zu den anzuwendenden Methoden als auch hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit (Dokumentation) für die Feststellung der Unbedenklichkeit.
Dies ist insbesondere bedenklich und nachlässig, weil bereits heute die arbeitsmedizinische und arbeitswissenschaftliche Studien nachweisen, dass durch die Arbeitsdauer Belastungen entstehen, welche die körperlichen und psychische Gesundheit der AN wesentlich gefährden können. Die Ärztekammer lehnt daher die Ausdehnung der Arbeitszeit aus arbeitsmedizinischen Gründen ab (OTS vom 13.6.2007) und verweist auf bereits vorliegende Studien. Das Unfallrisiko steigt demnach mit längeren Arbeitsschichten exponentiell an und das gleiche gilt für Krankheitshäufigkeiten (Hönecke et al 1998, Universität Oldenburg). Vor allem Zeit- und Leistungsdruck sind verantwortlich für die ständig wachsende Zahl von Burn-Out Syndromen, so auch der Vorsitzende des Beirats der österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin, Hugo Rüdiger.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Das zuständige Mitglied der Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 1.1.2009 einen Gesetzesantrag betreffend die Novellierung des Arbeitszeitgesetzes zur Beschlussfassung vorzulegen, der folgende Änderungen enthält:
· Die Entfernung von Kleinbetrieben (bis 20 Beschäftigte) aus der Generalklausel § 1a.
· Die Streichung des § 4 Abs. 8 und § 7 Abs. 4a, keine Ausdehnung der Normalarbeitszeit auf der Ebene der Einzelvereinbarung.
· Das Benachteiligungsverbot § 7 Abs. 6a ist um einen ausdrücklichen Motivkündigungsschutz zu ergänzen.
Weiters wird das zuständige Mitglied der Bundesregierung aufgefordert,
· einheitliche und transparente Untersuchungsrichtlinien für die Feststellung der arbeitsmedizinischen Unbedenklichkeit zu erlassen, die auch den Aspekt der psychischen Belastungen und Erkrankungen umfassen und darauf zu achten, dass Grenzwerte bei längeren Arbeitszeiten nicht einfach ausgedehnt werden.
· eine begleitende Evaluierung hinsichtlich der Auswirkungen auf Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, der Work-Life Balance und der Ausbezahlung der Überstundenzuschläge vorzunehmen. Der Bundesminister möge dem Nationalrat bis zum ehest möglichen Zeitpunkt einen detaillierten Kriterienkatalog für die Evaluierung und anschließend einen jährlichen Evaluierungsbericht vorlegen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.