267/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 10.12.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Kitzmüller, Strache

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Inflationsanpassung der Familienbeihilfe sowie des Kinderbetreuungsgeldes

 

1.    Familienbeihilfe

 

Im Unterschied zu den Pensionen werden Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld und der Kinderabsetzbetrag nicht regelmäßig erhöht, um die Inflation abzugelten. Mit dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 wurde das System der Familienbeihilfe auf neue Beine gestellt. Der § 8 FLAG regelt die Höhe der zustehenden Beträge für die Familienbeihilfe. Ursprünglich gab es einen einheitlichen, altersunabhängigen Betrag für alle Kinder. Erhöhungen wurden nach der Anzahl der Kinder gewährleistet. Im Laufe der Zeit wurden schrittweise nach dem Alter gestaffelte Beträge eingeführt.

 

Wie die inflationsbereinigte Kurve zeigt, wurden in der Vergangenheit immer wieder Inflationsanpassungen durchgeführt (1968-1974 und 1986-1992). Ab 1980 wurde für Kinder ab 10 Jahren ein höherer Betrag ausbezahlt, eine weitere Altersgrenze wurde im Jahr 1992 eingezogen, nämlich die Altersgrenze ab 19 Jahren, welche auf Kosten der übrigen Altersbeträge erhöht wurde. Zuletzt wurde die Altersgruppe der Unter-Drei-Jährigen im Jahr 2002 eingeführt, welche mit dieser Änderung unverändert blieb, wobei die restlichen Altersbeträge angehoben wurden.

 

Während vor allem zwischen 1968 und 1974 und später 1978 und 1992 immer wieder Inflationsanpassungen durchgeführt wurden, (ähnlich einer automatischen Anpassung) erfolgten seit 1992 nur ungenügende Valorisierungen, sodass die einzelnen Beträge heute auf dem Niveau der späten 70er Jahre zu liegen kommen (Ausnahme die Altersgruppe ab 19 Jahren – Niveau von 1985).

In Anbetracht der demografischen Entwicklung eine höchst fahrlässige politische Untätigkeit.

 

Seit 1992 (1993 für die Altersgruppe >19 Jahre) wurden die Wertverluste nur ungenügend bis gar nicht ausgeglichen, sodass sich gegenüber dem Jahr 1992 folgende inflationsbedingten Wertverluste eingestellt haben:

 

Wertverluste 1992-2008:

 

0-3 Jahre:

-39,35 Euro/Monat      -472,20 Euro/Jahr

3-10 Jahre:

-32,29 Euro/Monat      -387,48 Euro/Jahr

10-19 Jahre:

-39,04 Euro/Monat      -468,48 Euro/Jahr

>19 Jahre: (gegenüber 1993)

-35,66 Euro/Monat      -427,92 Euro/Jahr

 

Würde man die jährlichen Verluste über die gesamte maximale Bezugsdauer (0-26 Jahre) aufsummieren, so käme man auf den unglaublichen Betrag von 11.640,72 Euro, den man gegenüber 1992 (1993) weniger an Familienbeihilfe bekäme. Wird der Wertverlust des Kinderbetreuungsgeldes hinzugerechnet, so kommt man auf einen Verlust-Betrag von 14.111,61 Euro.

 

Nachdem man zumindest für die Zeiträume 1968 bis 1974 und später – auf höherem Niveau – von 1978 bis 1992 von „automatischen“ Inflationsanpassungen sprechen kann, kann von einer solchen Vorgangsweise seit 1992 nicht mehr die Rede sein. Betrachtet man die budgetäre Situation zwischen 2003 und 2007, so erkennt man, dass sich der Anteil der Familienleistungen am BIP von 2,18% auf nur noch 1,90% um 12,84% verringert hat, während das sich BIP im selben Zeitraum von 226,2 Mrd. Euro im Jahr 2003 auf 267,7 Mrd. Euro im Jahr 2007 um 18,35% erhöht hat.

 

 

 

 

Ein Blick über unsere Landesgrenzen zeigt, dass es in anderen europäischen Ländern durchaus üblich zu sein scheint, regelmäßige (automatische) Anpassungen bei den Familienleistungen durchzuführen (beachtenswert insbesondere die Angaben Österreichs!).

 

 

 

 

Land

Familienleistungen / Anpassungen

automatische

 

 

Anpassung:

Belgien :

Die Sätze der Familienleistungen sind an den Index der Verbraucherpreisentwicklung gekoppelt.

x

Bulgarien :

Die Leistungsbeträge werden jährlich durch das Parlament im Rahmen des Haushaltsgesetzes festgelegt und dürfen die Beträge des Vorjahres nicht unterschreiten.

x

Schweiz :

Bundesrechtliches System: Regelmäßige Anpassung an die Wirtschaftsentwicklung und die Entwicklung der in den kantonalen Familienzulagengesetzen vorgesehenen Zulagen. Kantonale Systeme: In fast allen Kantonen, keine automatische Leistungsanpassung.

x

Tschechische Republik :

Im Allgemeinen werden die Leistungen nicht automatisch, sondern von der Regierungsverordnung angepasst. Die Regierung kann die Beträge des Mindestbedarfs (Životní minimum) regelmäβig jedes Jahr am 1. Januar erhöhen, wenn der Verbraucherpreisindex für den Lebensunterhalt und persönliche Bedürfnisse um mehr als 5% ansteigt. Unter außergewöhnlichen Umständen kann die Anpassung auch früher erfolgen.

x

Dänemark :

Anpassung einmal jährlich nach dem Anpassungssatz (satsreguleringsprocenten) für Sozialleistungen.

x

Deutschland :

Die Leistungen werden in unregelmäßigen Zeitabständen durch Gesetz angepasst.

O

Estland :

Keine automatische Anpassung.

O

Griechenland :

Der Minister für Arbeit und Soziale Sicherheit entscheidet auf Vorschlag des Verwaltungsrates der Arbeitsverwaltung (O.A.E.D.), die die Leistungen gewährt, über eine eventuelle Anpassung der Familienleistungen für das betreffende Jahr.

O

Spanien :

Keine automatische Anpassung. Anpassungen werden gesetzlich geregelt.

O

Frankreich :

Ein- oder mehrmals im Jahr erfolgt eine Anpassung an die Preisentwicklung des privaten Verbrauchs ohne Tabakprodukte.

x

Island :

* Kindergeld (barnabætur): Einmal jährlich durch Gesetz. * Beihilfen für die Kinderbetreuung: Entscheidung der lokalen  Behörden.  * Wohngeld (húsaleigubætur): Entscheidung der lokalen Behörden. * Sonstige in dieser Tabelle erwähnte Leistungen: Jährliche Anpassung im laufenden Staatshaushalt.

x

Irland :

Eine Anpassung erfolgt jährlich.

x

Italien :

Automatische Anpassung an die Veränderung der Lebenshaltungskosten.

x

Zypern :

Anpassung jeden Januar entsprechend der Steigerung des Lebenshaltungsindex (Vergleich des ersten Halbjahrs eines Jahres mit dem zweiten Halbjahr des vorangegangenen Jahres).

x

Lettland :

Keine automatische Leistungsanpassung.

O

Liechtenstein :

Kein gesetzlicher Automatismus für die Leistungsanpassung. Die Leistungsanpassung erfolgt in der Praxis in regelmäßigen Abständen durch das Parlament.

O

Litauen :

Die Leistungsbeträge sind abhängig vom offiziellen Mindest-Lebensstandard (Minimalus gyvenimo lygis). Dieser wird von der Regierung neu festgelegt, wenn der Verbraucherpreisindex um 1,1 Punkte steigt.

x

Luxemburg :

Der bisherige Mechanismus einer automatischen Anpassung an die Preisentwicklung ist ausgesetzt.

x

Ungarn :

Anpassung einmal jährlich aufgrund des Haushaltgesetzes.

x

Malta :

Anpassungen im Rahmen des jährlichen Staatshaushalts entsprechend den verfügbaren Mitteln (in den letzten beiden Jahren erfolgte keine Anpassung).

O

Niederlande :

Anpassung jeweils am 1. Januar und 1. Juli nach der durchschnittlichen Entwicklung der Tariflöhne.

x

Norwegen :

Unterhaltsvorschuss (bidragsforskott): Jährliche Anpassung zum 1. Juli nach dem Verbraucherpreisindex. Ausbildungshilfe (utdanningsstønad): Unterschiedlich nach den abzudeckenden Aufwendungen. Übergangsgeld (overgangsstønad) Anpassung gekoppelt an die jährlich zum 1. Mai vorgenommene Erhöhung des Grundbetrags (Grunnbeløpet). Die übrigen aufgeführten Leistungen werden unabhängig vom Grundbetrag im Rahmen des Haushalts festgelegt.

x

Österreich :

Die Leistungen unterliegen nicht der Besteuerung.

O

Polen :

Keine automatische Anpassung.

O

Portugal :

Einmal jährlich Anpassung aufgrund einer Entscheidung der Regierung.

x

Rumänien :

Anpassung durch Regierungsbeschluss gemäß der Entwicklung des Verbraucherpreisindex.

x

Finnland :

Invaliditätsbeihilfe für Personen unter 16 Jahren (alle 16-vuotiaan vammaistuki) und Unterhaltsgeld (elatustuki) werden jährlich nach dem Lebenshaltungskostenindex angepasst. Das Kindergeld (lapsilisä), die Kinderbetreuungsbeihilfe (lasten kotihoidon tuki) und die Mutterschaftsbeihilfe (äitiysavustus) können durch den Staatsrat angepasst werden.

O

Slowenien :

Familienleistungen werden jährlich im Januar entsprechend der Entwicklung des Preisindex für grundlegende Güter während des Vorjahres angepasst.

x

Slowakei :

Anpassung gemäß der Entscheidung der Regierung. Die Anpassung des Elternschaftsgelds (Rodičovský príspevok) erfolgt am 1. September durch das Ministerium für Arbeit, Soziales und Familien gemäß der Anhebung des Betrags des Existenzminimums (Životné minimum).

x

Schweden :

Anpassung erfolgt aufgrund einer Entscheidung des Parlaments.

O

Vereinigtes Königreich :

Jährliche Anpassung durch den Gesetzgeber, in der Regel entsprechend der Preisentwicklung.

x

 

Quelle: Mutual Information System on SOCial Protection – MISSOC, Europäische Kommission, Stand 1.1.2008

 

 

 

 

 

 

 

In Anbetracht der finanziellen Aushungerung unserer Familien – auch durch unterlassene Inflationsanpassungen – überrascht es nicht, dass die Österreicher laut Eurobarometer 2006 den niedrigsten persönlichen Kinderwunsch in Europa aufweisen.

 

Zitat aus: „Demografische Forschung - aus erster Hand“, 2007, Jahrgang 4, Nr. 3; Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Vienna Institute of Demography (VID) – Österreichische Akademie der Wissenschaften, Rostocker Zentrum für Demografischen Wandel:

So bildet 2006 Österreich – eines der ersten Länder europaweit, das Anfang der 1970er Jahre den Geburtenrückgang unter die Schwelle der Generationenerneuerung von 2,1 Kindern pro Frau erlebte – beim Kinderwunsch das Schlusslicht unter den EU-15-Staaten: Im Zeitraum zwischen den zwei Umfragen (2001, 2006, Anm.) ging die durchschnittlich als ideal angesehene Familiengröße bei 25 bis 39-jährigen Frauen von 1,75 auf 1,69 Kinder zurück.

Diese Ergebnisse bekräftigen die Annahme, dass junge Menschen, die im Kontext niedriger Fertilität aufwachsen, selbst einen geringeren Kinderwunsch entwickeln. Eine solche Dynamik kann zu immer weiter sinkenden Geburtenzahlen in den Ländern Europas führen, die bereits jetzt sehr niedrige Fertilität aufweisen.“

Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat zudem in seinem jüngsten Buch „Die demografische Zukunft von Europa“ erhoben, dass Österreich den vierthöchsten Anteil an kinderlosen Frauen in Europa hat, und dabei den höchsten Anteil an wunschgemäß kinderlosen Frauen in Europa aufweist. Knapp 50% aller kinderlosen Frauen haben auch wunschgemäß keine Kinder.

aus: „Die demografische Zukunft von Europa“, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung

 

 

 

2.      Kinderbetreuungsgeld (Sonderbetrachtung: Kinder unter 3 Jahren):

 

 

Da 2002 das Kinderbetreuungsgeld für Kinder bis zum 30. bzw. 36 Lebensmonat eingeführt wurde, wird in dieser Altersgruppe nur der Zeitraum 1.1.2002 bis 31.12.2008 behandelt.

 

Zur eingetretenen inflationsbedingten Preissteigerung seit 2002:

 

             Jahr                Inflation            ∑ Inflation                 Preisentwicklung

2001                    -                                  -                              100,00             Index 2001 = 100

2002                  1,8%               1,8%                        101,80

2003                  1,3%               3,1%                        103,12

2004                  2,1%               5,2%                        105,29

2005                  2,3%               7,5%                        107,71

2006                  1,5%               9,0%                        109,33

2007                  2,2%             11,2%                        111,74

2008                  3,4%             14,6%                        115,53             (Prognose WKO, 10/08)

2009                  2,2%             16,8%                        118,08             (Prognose WKO, 10/08)

 

Die Wertverluste im Einzelnen:

 

Kinderbetreuungsgeld:     2002: 14,53 Euro pro Tag – bisher nicht erhöht                                0,00 %

Preissteigerung:                                2002 bis Ende 2008:                                                                             15,53 %

Wertverlust in Euro am 1.1.2009 gegenüber 2002:                                                                       823,63 € pro Jahr

 

Kinderabsetzbetrag:          2002: 50,90 Euro pro Monat – bisher nicht erhöht                             0,00 %

Preissteigerung:                                2002 bis Ende 2008:                                                                               15,53 %

Wertverlust in Euro am 1.1.2009 gegenüber 2002:                                                                          94,86 € pro Jahr

 

Familienbeihilfe: 2002: 105,40 Euro pro Monat – bisher nicht erhöht                          0,00 %

Preissteigerung:                                2002 bis Ende 2008:                                                                               15,53 %

Wertverlust in Euro am 1.1.2009 gegenüber 2002:                                                                        196,42 € pro Jahr

 

Gesamtwertverlust der Familienleistungen für Anspruchsberechtigte für das Kinder-betreuungsgeld seit 2002 bis Ende 2008:

                                                                                                          1.114,91 Euro pro Jahr

 

Die inflationsbereinigte Wertentwicklung des Kinderbetreuungsgeldes zeigt, dass Familien gegenüber dem Jahr 2002 auf über 2 Euro pro Tag verzichten müssen. Die Kaufkraft (2007) dieser Leistung von 16 Euro auf unter 14 Euro gefallen ist. Auch hier herrscht Handlungsbedarf.

 

 

 

 

Die Tatsache, dass sich die Anteile der Familienleistungen am Bruttoinlandsprodukt in den Jahren 2000 bis 2007 von 2,01% auf 1,90% verringert haben, spricht für eine Inflationsanpassung der Familienbeihilfe und des Kinderbetreuungsgeldes.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden  

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche vorsieht, dass die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld in einem Ausmaß erhöht werden, welches den Wertverlust, der durch unterlassene Anpassungen in den letzten Jahren entstanden ist, ausgleicht.“

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Familienausschuss ersucht