268/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 10.12.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Kitzmüller

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes

 

Begründung

 

Wegfall der Zuverdienstgrenze (Grenzbetrag)

 

§ 2 Abs. 1 Z 3 iVm §§ 8 und 8a Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) BGBl. I Nr. 103/2001 in der derzeit geltenden Fassung normiert einen Grenzbetrag (Zuverdienstgrenze) zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von jährlich 16.200,- Euro.

Mit der Kinderbetreuungsgeldgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 76/2007 wurde der Grenzbetrag um 10,96 % angehoben, gleichzeitig aber die KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl. II NR 405/2001), welche in Härtefällen ein Überschreiten des Grenzbetrags (damals 14.600,- Euro) in Höhe von 15 % vorsah, außer Kraft gesetzt. Seit Einführung des KBG mit 1.1.2002 müssen wir eine inflationsbedingte Preisentwicklung von plus 15,53 % bis Jahresende 2008 zur Kenntnis nehmen. Durch die Erhöhung der Zuverdienstgrenze unterhalb der eingetretenen Inflation wurde der mögliche Bezieherkreis für das Kinderbetreuungsgeld gegenüber dem Jahr 2002 nicht ausgebaut, da die Einkommen seit 2002 höhere Steigerungen erfahren haben als durch die Anhebung der Zuverdienstgrenze abgedeckt wurde.

Durch die ersatzlose Abschaffung des Grenzbetrages (Zuverdienstgrenze) wird sowohl der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes für Mütter und Väter erleichtert als auch der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Vollziehung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes verringert. Weiters wäre die Wahlfreiheit der Eltern bezüglich außerhäuslicher oder familiärer Betreuung ihrer Kinder voll und ganz gewährleistet. Mit dem Wegfall der Zuverdienstgrenze wird auch das Wechselerfordernis in der Betreuung zum vollen KBG-Bezug abgeschafft.

 

Abschaffung des Wechselerfordernisses in der Betreuung zum vollen KBG-Bezug

 

In den §§ 5, 5a und 5b Kinderbetreuungsgeldgesetz wird die Anspruchsdauer des Kindergeldbezuges geregelt. Der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes steht einem Elternteil längstens bis zur Vollendung des 30., 20. oder 15. Lebensmonats zu. Nimmt auch der zweite Elternteil Kinderbetreuungsgeld in Anspruch, so verlängert sich die Anspruchsdauer über die Vollendung des jeweiligen Lebensmonats hinaus um jenen Zeitraum, den der zweite Elternteil Kinderbetreuungsgeld beansprucht, höchstens jedoch bis zur Vollendung des 36., 24. Oder 18. Lebensmonates des Kindes. Damit sollte vor allem Vätern ein Anreiz geboten werden, sich vermehrt um die Kindererziehung zu kümmern.

Abgesehen davon, dass Österreichs Familien in dieser Frage nicht durch die Politik bevormundet werden sollten, zeigt die Kinderbetreuungsgeld-Statistik (August 2008) des Bundesministeriums für Gesundheit Familie und Jugend, dass der, durch diese Regelung erwünschte, Lenkungseffekt aus verschiedenen Gründen in der Bevölkerung nicht greift. Zeigt doch die Statistik, dass die Zahl der Kinderbetreuungsgeld-beziehenden Männer insgesamt bei nur 4 % zu liegen kommt. Lediglich bei Selbständigen (21,11 %) und Bauern (17,89 %) sind überdurchschnittliche Beteiligungen von Vätern an der Kinderbetreuung erreicht worden. Dies nicht etwa weil in diesen Berufsgruppen Väter prinzipiell mehr Verantwortung für ihre Kinder übernehmen würden, sondern weil es sich diese Berufsgruppen leichter „richten“ können.

Die eingezogene Regelung hat also keinen nennenswerten Erfolg gezeigt, führt jedoch dazu, dass die große Mehrheit gegenüber einigen wenige Berufsgruppen, die über freie Gestaltungsmöglichkeiten in ihrem Erwerbsleben verfügen diskriminiert wird. Betrachtet man nur jene Kinderbetreuungsgeldbezieher, die über keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten verfügen (also nicht Studenten, Schüler, Arbeitslose, Notstandshilfebezieher, Selbständige, Bauern) so kommt man auf eine Männerquote von 2,95 %. Diese Regelung ist wegen Erfolgslosigkeit und mangelndem Lenkungseffekt ersatzlos zu streichen. Mit der Abschaffung der Teilungsregelung bei der Kinderbetreuung würden unsere Familien bis zum vollendeten 3. Lebensjahr (Eintritt des Kindes in den Kindergarten) das Kinderbetreuungsgeld beziehen. Betroffen davon ist bei Mehrkindfamilien in den meisten Fällen nur der Kinderbetreuungsgeldbezug für das jüngste Kind.

 

Einführung eines „Geschwisterbonus“ bei Folgegeburten innerhalb von 30 Monaten

 

In Schweden spricht man im Zusammenhang mit dem Elterngeld bei einer vergleichbaren Regelung von einer „Geschwindigkeitsprämie“. Wenn nach einer Geburt innerhalb von 30 Monaten eine zweite Geburt erfolgt, wird man bei der neuerlichen Berechnung der Elterngeldhöhe bevorzugt eingestuft. Diese Regelung hat laut dem Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung nachweislich die Altersabstände zwischen Geschwistern verringert. (Gunnar Anderson/Jan M. Hoem/Ann-Zofie Duvander (2006): Social differentials in speed-premium effects in childbearing in Sweden. Demographic Research Vol. 14/Article 4, 27.10.2006)

 

Zu rechtfertigen ist eine solche Regelung dadurch, dass sich die Dauer der Reduzierung oder Aufgabe der Erwerbstätigkeit von Eltern bei mehreren Geburten dadurch verringert und die Sozialisation bei Geschwistern besser verläuft als bei Einzelkindern.


 

Auszug: „Demografische Forschung - aus erster Hand“, 2004, Jahrgang 1, Nr. 4; Max-Planck-Institut für demografische Forschung, „Vienna Institute of Demography (VID) – Österreichische Akademie der Wissenschaften“

 

Seite 3:

„Schweden führte in den 1980er-Jahren eine geburtenbezogene Elterngeldregelung ein: Eltern, die ihr zweites (oder weiteres) Kind innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nach dem vorangegangenen Kind bekommen, können Elterngeld auf der Basis jenes Einkommens erhalten, das sie vor der Geburt des vorangegangenen Kindes hatten. Eine Verringerung des Einkommens, etwa durch Elternzeit oder Teilzeitbeschäftigung nach der Geburt eines Kindes, wirkt sich dann nicht auf die Höhe des Elterngeldes bei einer folgenden Geburt aus. Diese Maßnahme hat zu einer Verkürzung des Geburtenabstandes insbesondere zwischen dem ersten und zweiten Kind geführt. Dies bewirkte einen Anstieg der Zweitgeburtenraten (siehe Abbildung 1) und zu einem geringeren Teil der Dritt- und Viertgeburtenraten.

In den 1990er-Jahren fiel die Fertilität in Schweden stark. Dieser Rückgang ist nicht auf eine grundlegende Änderung im Geburtenverhalten zurückzuführen: Auch in den 1990er-Jahren bekamen Frauen ihr zweites Kind deutlich früher als vor Einführung der Maßnahme. Doch die ökonomische Krise der frühen 1990er-Jahre und der drastische Anstieg der Arbeitslosigkeit bewogen vor allem nicht erwerbstätige Frauen, in geringerem Maße ein Kind zu bekommen. Die Elterngeldregelungen in Bezug auf die zeitliche Planung von zweiten und weiteren Geburten haben somit ein prozyklisches Geburtenverhalten verstärkt.

Eine andere Wirkung hatte das Kinderbetreuungsgeld in Finnland. Wie in Schweden stieg hier Anfang der 1990er-Jahre die Arbeitslosigkeit wegen einer ökonomischen Krise stark; jedoch sank die Fertilitätsrate nicht. Untersuchungen zeigen, dass das Kinderbetreuungsgeld insbesondere arbeitslosen Frauen erlaubte, die Zeit der ökonomischen Krise und der eingeschränkten Erwerbsmöglichkeiten zu überbrücken.“

 

Schlussfolgerung: Vorteile des erhöhten Kinderbetreuungsgeldes bei schneller Geburtenfolge Schwedens, kombiniert mit krisenunabhängigem Kindergeld (Fixbetrag) Finnlands.

 

Gerade in Krisenzeiten, in welchen wir uns derzeit weltweit befinden, wirken einkommensabhängige Karenzgeldmodelle geburtenhemmend. Potentielle Mütter warten mit der Geburt von Kindern zu und hoffen die Familienplanung an einem Zeitpunkt mit einem guten Einkommen nachholen zu können. Einkommensunabhängige Karenzgeldmodelle hingegen werden gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten geburtenfördernd wirken, da eine Geburt unabhängig vom Einkommen zur finanziellen Absicherung der Familie beiträgt. Nach dem Motto: Wann, wenn nicht jetzt.

 

Versicherungsschutz für Elternteil und Kind für 36 Monate (auch bei Kurzvarianten)

 

Das Kinderbetreuungsgeld beinhaltet sowohl eine Geldleistung (14,53, 20,80 bzw. 26,60 Euro pro Tag) als auch eine Versicherungsleistung in Form der Krankenversicherung während des Kinderbetreuungsgeldbezugs.

Mit der Einführung der so genannten Kurzvarianten (richtiger Minderleistungsvarianten) im Zuge der Kinderbetreuungsgeldgesetz-Novelle war nicht nur eine deutliche Verringerung der Gesamtgeldleistung verbunden, sondern auch eine zeitliche Verkürzung der Krankenversicherungsdauer auf 15/18 bzw. 20/24 Monate.

Mütter haben hinkünftig relativ kurz nach der Entbindung zu entscheiden, ob sie die alte 30/36-Monatsregelung oder die neuen „flexiblen" 15/18 bzw. 20/24-Kurzvarianten in Anspruch nehmen wollen. Dies zu einem Zeitpunkt, da sich vor allem Mütter, die zum ersten Mal ein Kind bekommen, nur schwer Vorstellungen über die Veränderung der Lebensverhältnisse, die sich durch die Geburt eines Kindes bei den Eltern einstellen, machen können, und oft noch nicht Klarheit über den Gesundheitszustand des Kindes besteht.

Für viele Mütter, gerade im ländlichen Raum, wird es schwierig werden, nach Ende der 15/18 bzw. 20/24-monatigen Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes einen für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unerlässlichen Kinderbetreuungsplatz, bzw. Platz bei einer Tagesmutter für ihr kleines Kind zu bekommen. Vor allem Alleinerzieherinnen, die keine Möglichkeit haben sich bei einem Partner mitzuversichern, könnten dann ohne Kinderbetreuungsgeld und ohne Krankenversicherung ihr Auslangen finden müssen. Die Dauer der Krankenversicherung ist als eine Teilleistung des Kinderbetreuungsgeldes anzusehen. Diese Leistung darf durch neue Regelungen im Bereich der Geldleistung (Auszahlungsmodalität) nicht geschmälert werden.

Der Verwaltungsaufwand würde sich durch die Ausweitung des Versicherungsschutzes nicht erhöhen. Der Aufwand ist sogar gegenüber einer Implementierung von drei parallelen Systemen (15/18; 20/24 bzw. 30/36 Monate) geringer. Der versicherungsrechtliche Status würde für alle KBG-Bezieher gleich sein, lediglich der Auszahlungsmodus würde sich verwaltungsseitig ändern. Es ist nicht einzusehen, warum sich der Versicherungsschutz durch die neuen Auszahlungsvarianten verringern soll. Daher soll der Versicherungsschutz für alle KBG-Bezieher auf 36 Monate ausgedehnt werden.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschliessungsantrag

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche das Kinderbetreuungsgeldgesetz ändert und folgende Erfordernisse erfüllt:

·        den Wegfall der Zuverdienstgrenze, damit

·        die Abschaffung des Wechselerfordernisses der Eltern in der Betreuung zum vollen KBG-Bezug

·        die Einführung eines Geschwisterbonus bei schneller Geburtenfolge

·        den Versicherungsschutz für Elternteil und Kind für volle 36 Monate, unabhängig von der gewählten Auszahlungsvariante

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Familienausschuss vorgeschlagen