344/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 21.01.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Ing. Hofer, Haider, Kitzmüller

und weiterer Abgeordneter

betreffend das Verhalten Tschechiens beim Ausbau des AKW Temelin

Am 25. November 2008 musste der zweite Block des tschechischen Atomkraftwerks Temelin vom Netz genommen werden. Nachdem der erste Block des AKW bereits Ende Juli wegen Turbinenproblemen heruntergefahren wurde, stand das Kraftwerk damit vorübergehend still. Die Abschaltung erfolgte automatisch aufgrund eines Signals des Schutzsystems des Generators, die genaue Ursache ist bisher unbekannt.

Mit diesem neuerlichen Störfall wird Temelin immer mehr zu einem technischen und ökonomischen Desaster. Eine Meinung, der sich auch der Anti-Atom-Beauftragte des Landes Oberösterreich, Radko Pavlovec, anschließt. Seit Inbetriebnahme des AKW Temelin Ende 2000 ist es bereits zu über 100 Störfällen gekommen.

Trotz der unzähligen Störfälle und der massiven Sicherheitsbedenken ist der Energiekonzern ČEZ dabei, das AKW Temelin auszubauen und um die geplanten Blöcke 3 und 4 zu erweitern. Die Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 könnte bis zu 130 Milliarden Kronen, d.h. umgerechnet rund 5,53 Milliarden (!) Euro, kosten; Baubeginn soll 2013 sein.

Aktuelles Problem dabei ist die Durchführung eines ordentlichen UVP-Verfahrens, das seitens Tschechiens bisher verweigert wurde. Die Europäische Kommission hat Tschechien bereits im Mai 2007 bezüglich der Durchführung einer UVP nach tschechischem Recht eine Absage erteilt und die Regierung aufgefordert, die europäische Richtlinie 85/337/EEG, 10a anzuwenden sowie eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von zwei Monaten eingeräumt. Geschehen ist bis heute nichts. Damit ist Tschechien also bei der Temelin-UVP seit über 1½ Jahren säumig. Seitens der Europäischen Union wurden bislang keine Schritte gesetzt.

Tschechien setzt sich damit im Rahmen der Energieversorgung durch Atomkraft über alle Regeln und Gesetze des europäischen Geistes hinweg. Eine Geisteshaltung, die sich bereits beim Melker Abkommen klar gezeigt. Damals distanzierte sich Tschechien vom Inhalt und von der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Abkommens.

Vom 22. September bis zum 11. Oktober 2008 fand in Bayern und Sachsen zwar ein grenzüberschreitendes „Vorverfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung“ statt; Teilnehmer dieses UVP-Verfahrens zur Errichtung neuer AKW-Blöcke in Temelin - drei Anti-Atomgruppen aus Bayern, Tschechien und Oberösterreich - haben eine Beschwerde gegen die Verletzung des EU-Rechts und wegen Missachtung von Europarichtlinien zur Regelung von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei der EU-Kommission eingebracht.

Die tschechische Regierung hat die im Rahmen eines offenen Schreibens übermittelten Vorschläge zur außergerichtlichen Beilegung des Konfliktes abgelehnt. Die Regierung Tschechiens toleriert damit wissentlich den Bruch des EU-Rechts und dies trotz der kurz bevorstehenden EU-Präsidentschaft Tschechiens.

 

In Tschechien ist das UVP-Verfahren nämlich kein Teil des Genehmigungsverfahrens, sondern hat eine ganz isolierte Stellung. Der UVP-Bescheid ist nicht im tschechischen Verwaltungsrecht verankert, sondern stellt lediglich eine „fachliche Grundlage“ für die „nachfolgenden Verfahren“ (z.B. baurechtliche Verfahren) dar. Er stellt auch keinen Bescheid im rechtlichen Sinne dar und kann somit gerichtlich nicht angefochten werden.

Dies hat zur Folge, dass auch ein negativer UVP-Bescheid nicht automatisch zum Aus für das Projekt führen muss. Diese Regelung widerspricht dem EU-Recht, konkret dem Artikel 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG, welcher den Zugang der Verfahrensteilnehmer zur gerichtlichen Überprüfung regelt.

Aufgrund der angeführten Tatsachen und Fakten sowie der drohenden Gefährdung der österreichischen Bevölkerung stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten  werden  aufgefordert,   auf die  Europäische  Union  bzw.   Europäische Kommission sowie auf Tschechien dahingehend einzuwirken, damit im Zuge des Ausbaus der Blöcke 3 und 4 des AKW Temelin - speziell bei den damit in Zusammenhang stehenden UVP-Verfahren - sowohl völkerrechtliche Verträge als auch europäisches Recht eingehalten und umgesetzt werden.“

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Parlament innerhalb einer Frist von drei Monaten einen Bericht über den Fortschritt der Maßnahmen vorzulegen.

In formeller Hinsicht wird um die Zuweisung an den Umweltausschuss ersucht.