346/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 21.01.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Neubauer
und weiterer Abgeordneter

betreffend die Verankerung der Schutzmachtfunktion Österreichs für die Südtiroler deutscher
und ladinischer Muttersprache

Seit der Streitbeilegungserklärung im Jahre 1992 wurde immer wieder über eine Verankerung
der Schutzmachtfunktion Österreichs für die Südtiroler deutscher und ladinischer
Muttersprache diskutiert. Mitte Jänner 2006 wurde eine entsprechende Petition vom
Südtiroler Schützenbund an den damaligen Nationalratspräsidenten Khol überreicht.

Die Petition hatte folgenden Inhalt:

„Die unterzeichneten Schützenkompanien und Bürgermeister aus allen Teilen des
historischen, großen Tirol ersuchen den Nationalrat bei den derzeit laufenden Beratungen
über eine neue österreichische Bundesverfassung auf der Grundlage der Beratungen des
Österreich-Konvents in der Präambel einer solchen Verfassung folgende Worte aufzunehmen:

1.        Die Republik Österreich anerkennt die historisch gewachsenen Volksgruppen in Österreich
und setzt sich für Schutz und Förderung der mit Österreich geschichtlich verbundenen
deutschsprachigen Minderheiten, insbesondere auch der Südtiroler ein.

2.        Die Republik Österreich bekennt sich zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes des vom
Land Tirol abgetrennten Tiroler Volkes deutscher und ladinischer Sprache und zum
besonderen Schutz der Rechte der Südtiroler auf der Grundlage des Völkerrechtes."

Die Petition war von Bürgermeistern und Schützenkommandanten von nicht weniger als 127
Nord- und Osttiroler und 113 Südtiroler Gemeinden unterzeichnet worden. Der Petition sind
damals folgende Abgeordnete als Überreicher beigetreten: Dr. Andreas Khol, Klaus Wittauer,
Astrid Stadler, Georg Keuschnigg, Mag. Karin Hakl, Maria Grander, Johannes Schweisgut,
Helga Machne, Hermann Gahr.

Nach der Behandlung im Petitionsausschuss, im Außenpolitischen Ausschuss und im
Südtirol-Unterausschuss verabschiedete der Außenpolitische Ausschuss mit Stimmenmehrheit
(gegen die Grünen) einen Ausschussentschließungsantrag (63/AEA) der wie folgt lautete:

Der Nationalrat unterstützt bei einer Verfassungsreform die Aufnahme einer Bestimmung in
die österreichische Bundesverfassung, welche die Schutzfunktion für die österreichische
Volksgruppe in Südtirol verankert. Die Beachtung der Schutzfunktion anderer Staaten für ihre
in Österreich lebenden Volksgruppen (Art. 8 Abs. 2 B-VG) soll gleichermaßen in die
Verfassung aufgenommen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, in diesem Sinne
vorzugehen."

Dieser Antrag wurde in der 163. Sitzung (XXII. GP) gegen die Stimmen der Grünen vom
Nationalrat angenommen.

Da dieser Entschließungsantrag weder in der XXII. GP, noch in der XXIII. GP einer
Umsetzung durch die Bundesregierung zugeführt werden konnte, soll mit vorliegendem
erneuertem Antrag die Verankerung der Schutzmachtfunktion Österreichs für die Südtiroler


deutscher und ladinischer Muttersprache in der Bundesverfassung an die Regierung ein
neuerlicher Handlungsauftrag gegeben werden.

Frau Abg. Mag. Ulrike Lunacek (Grüne) hatte sich in der Debatte über den
Ausschussentschließungsantrag am 21.9.2006 vor allem über den Zeitpunkt des damaligen
Antrags echauffiert:

Warum jetzt? Warum nicht 1992, als es die Streitbeilegung gab? Das wäre doch eine
Möglichkeit gewesen, das in einer Verfassungsreform einzubringen. Warum nicht, als
Österreich der EU beigetreten ist? Da hätte es auch die Möglichkeit gegeben, das als
Verfassungsänderung hinzuzufügen. Nichts haben Sie getan. Also warum jetzt?"

Der Zeitpunkt der Einbringung dieses Antrags, zu einer Zeit, da der EU-Reformvertrag noch
nicht in Geltung ist, dürfte nach der Argumentation der Grünen aus dem Jahr 2006 also für
diese Fraktion kein Hindernis mehr darstellen.

Auszug aus der österreichischen Note samt der Streitbeilegungserklärung vom 11.6.1992:
4. Punkt 13 des genannten Operationskalenders sieht vor, daß - sobald die italienische
Regierung die in der Regierungserklärung vom 3. Dezember 1969 angekündigten
Maßnahmen durchgeführt hat - die österreichische Regierung eine Schlußerklärung über den
Streitfall abgibt, die hiermit wie folgt abgegeben wird:

"Im Hinblick darauf, daß zwischen Österreich und Italien eine Streitigkeit über die
Durchführung des Pariser Abkommens vom 5. September 1946 entstanden ist; im Hinblick
darauf, daß diese Streitigkeit Gegenstand der Resolutionen 1497
(XV) und 1661 (XVI) der
Vollversammlung der Vereinten Nationen war; unter Bedachtnahme darauf, daß die
Vollversammlung der Vereinten Nationen Österreich und Italien in den erwähnten
Resolutionen empfohlen hat, die Verhandlungen mit dem Ziel wieder aufzunehmen, eine
Lösung aller Differenzen hinsichtlich der Durchführung des obengenannten Abkommens zu
finden; in Anbetracht der Tatsache, daß die Wiederaufnahme der Verhandlungen
stattgefunden und zur Annahme einer Methode der Beratungen geführt hat, welche geeignet
war, die Beilegung der Streitigkeit ohne Präjudiz für die jeweiligen Rechtsstandpunkte der
beiden Seiten herbeizuführen; mit Rücksicht darauf, daß die italienische Regierung in ihrer
Regierungserklärung vom 3. Dezember 1969 detailliert aufgezählte Maßnahmen angekündigt
hat, die in dauerhafter Weise die Interessen der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols,
das friedliche Zusammenleben und die Entwicklung der Sprachgruppen Südtirols zu
gewährleisten bestimmt sind; angesichts der Tatsache, daß die italienische Regierung diese in
der Regierungserklärung vom 3. Dezember 1969 angekündigten Maßnahmen nunmehr
verwirklicht und mit Note vom 22. April 1992 mitgeteilt hat: erklärt die österreichische
Bundesregierung, daß sie die zwischen Österreich und Italien bestehende Streitigkeit, welche
Gegenstand der erwähnten Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen
war und den Status des deutschsprachigen Elements der Provinz Bozen (Bolzano) -
Durchführung des Pariser Abkommens vom 5. September 1946 - betrifft, als beendet
erachtet."

und weiter:

6. Die österreichische Regierung geht unter Beibehaltung ihrer Verantwortung als
Unterzeichner des Pariser Abkommens
davon aus, daß die von der italienischen Regierung
im Interesse der Volksgruppen Südtirols durchgeführten Maßnahmen und somit das
Autonomiestatut 1972 mit seinen Durchführungsbestimmungen, ordentlichen Gesetzen und
Verwaltungsakten, wie es aus dem Anhang zur Note vom 22. April 1992 hervorgeht, nicht


einseitig abgeändert werden, sondern, wie der italienische Ministerpräsident in seinen
Parlamentserklärungen vom 30. Jänner 1992, welche der österreichischen Seite mit der
genannten Note vom 22. April übermittelt wurden, festgestellt hat, nur im Rahmen der
gemeinsamen Verantwortung und des bereits bisher zwischen der Zentralgewalt und den
betroffenen Volksgruppen erreichten politischen Konsenses, welche auch für den Fall
fortdauern müssen, daß normative Änderungen erforderlich werden sollten."

Am 19.6.1992 wurde die Notifizierungsurkunde Österreichs und Italiens zur Streitbeilegung
an die UNO übermittelt.

Es ist nach 16 Jahren höchst an der Zeit, der im Jahre 1992 festgehaltenen Beibehaltung der
Verantwortung Österreichs für die Südtiroler deutscher und ladinischer Muttersprache als
Unterzeichner des Pariser Abkommens in der österreichischen Bundesverfassung, gerecht zu
werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich dem Nationalrat eine
Regierungsvorlage zum Bundesverfassungsgesetz vorzulegen, welche die Verankerung der
Schutzmachtfunktion Österreichs, insbesondere das Bekenntnis zur Wahrung des
Selbstbestimmungsrechtes des vom Land Tirol abgetrennten Tiroler Volkes deutscher und
ladinischer Sprache, sowie ein Anerkenntnis der gewachsenen Volksgruppen in Österreich, an
geeigneter Stelle zum Inhalt hat."

Informeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Verfassungsausschuss ersucht