381/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 21.01.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Brunner, Kogler, Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Anti-Atom-Paket

 

 

Im Zuge des Lieferstopps von russischem Erdgas über die Ukraine hat die slowakische Regierung die Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerks Bohunice angekündigt. Europaweit droht eine Renaissance der Atomkraft. In Finnland wird an einem neuen Atomkraftwerk gebaut, bis zu 3 weitere sind in Planung. In zahlreichen europäischen Ländern werden neue Kraftwerksblöcke diskutiert oder geplant, in der Nähe Österreichs u.a. neue Reaktoren in Mochovce, Temelin und Krsko. Italien hat angekündigt, wieder in die Atomkraftnutzung einzusteigen. Auch Polen will Atomkraftwerke bauen.

 

Das Ziel des europaweiten Atomkraftausstiegs ist im Gegensatz zu früheren Regierungen nicht mehr im aktuellen SPÖ-ÖVP-Regierungsprogramm enthalten und offenbar kein Ziel dieser Bundesregierung. Dabei ist Österreich nicht allein: 12 EU-Mitgliedstaaten betreiben derzeit keine Atomkraftwerke. Österreich hat sich zwar nach der Volksabstimmung 1978 eindeutig gegen die Nutzung der Atomkraft ausgesprochen und dies gesetzlich verankert. Trotzdem stammt ein steigender Anteil des Stroms in Österreich aus Atomkraftwerken.

 

Laut Angaben der E-Control wurden 2006 rund 16 Prozent des in Österreich an Endkunden abgesetzten Stroms als sog. „Strom unbekannter Herkunft“ bezeichnet. Dieser Strom wird mit dem durchschnittlichen europäischen Strommix („UCTE-Mix“) bewertet, dieser besteht lt. E-Conrol zu 31 Prozent aus Atomstrom. Entsprechend stammen damit rd. 5 Prozent des Stroms in Österreich aus Atomkraftwerken. Nach Angaben von BM Berlakovich liegt diese Zahl aktuell bereits bei 7 Prozent. Dabei wird in dieser Statistik nicht auf die tatsächlichen Strom-Lieferverträge Bezug genommen und auch der Stromhandel der österreichischen Stromanbieter nicht mit berücksichtigt. Studien von NGOs weisen einen Atomstromanteil in Österreich von bis zu 20 Prozent nach. Mit dem Kauf dieses Stroms werden Atomkraftwerke in Europa von den StromkundInnen in Österreich mitfinanziert. Die Aktivitäten der Bundesregierung gegen grenznahe AKW werden unglaubwürdig bleiben, solange Österreich weiter Atomstrom importiert. StromkonsumentInnen sind durch die derzeitige Ausweisung von „Strom unbekannter Herkunft“ verwirrt. Eine konsumentInnenfreundlichere Stromkennzeichnung fehlt.

 

Der Stromverbrauch in Österreich wächst seit Jahren ungebremst. Durchschnittlich stieg er in den letzten 20 Jahren um über 2 Prozent pro Jahr. Werden keine Maßnahmen ergriffen, gehen Studien davon aus, dass er auch in Zukunft ähnlich weiter wachsen wird. Ein Mittel dagegen ist die Erhöhung der Energieeffizienz, hier ist sind die Regierungen aber seit Jahren säumig. So wurde etwa die Energieeffizienz-Richtlinie der EU nicht bis zum vorgesehenen Zeitpunkt 17. Mai 2008 umgesetzt. Durch das stetige Verbrauchswachstum wurde Österreich seit 2001 auch zum Strom-Nettoimporteur und importierte im Jahr 2007 physikalisch über 11 Prozent seines Strombedarfs, das sind 6,6 TWh.

 

Gleichzeitig besteht ein de-facto-Ausbaustopp beim Ökostrom: In den vergangenen Jahren wurde ein gut funktionierendes Ökostromgesetz zerschlagen, derzeit herrscht Stillstand beim Ökostromausbau.

 

Derzeit fließen jährlich mindestens 40 bis 50 Millionen Euro in die Finanzierung des Euratom-Vertrags der EU und werden damit der österreichischen Wirtschaft entzogen. Euratom finanziert die EU-Atomforschung und vergibt Kredite für die Errichtung oder Modernisierung von Atomkraftwerken. Für die Euratom-Programme sind im Zeitraum von 2007-2013 insgesamt 4,1 Milliarden Euro im EU-Budget reserviert. Dieser Budgetbeschluss wurde mit der Zustimmung der österreichischen Bundesregierung gefasst. In den vergangenen 30 Jahren hat die Atomforschung mehr als 60 Milliarden Euro von den Mitgliedsstaaten und EU-Institutionen erhalten, nur ein Bruchteil an öffentlichen Geldern wurde in erneuerbare Energien investiert.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, werden aufgefordert, umgehend ein Anti-Atom-Paket mit folgenden Eckpunkten zu erarbeiten und umzusetzen:

 

·        Sofortige Ruhendstellung der Zahlungen für den Euratom-Vertrag und Verhandlungen mit der EU zum Ausstieg aus dem Euratom-Vertrag.

·        Investition der frei werdenden Finanzmittel von jährlich 40 bis 50 Millionen Euro in konjunkturbelebende Klimaschutzmaßnahmen, die Energieverbrauch und Atomstromimporte verringern.

·        Verhandlungen mit jenen EU-Staaten, die keine AKW betreiben oder den Ausstieg beschlossen haben zur Gründung einer Anti-Atom-Allianz, die sich gegen neue Atomkraftwerke in Europa einsetzt.

·        Aktionsplan zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Energieverbrauchsreduktion.

·        Neues Ökostromgesetzes nach Vorbild des deutschen Erneuerbare-Energie-Gesetzes.

·        Verbesserung der Stromkennzeichnung für Konsumentin mit klarer Deklaration des Atomstromanteils.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.