453/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 17.02.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abg. Dolinschek, Petzner

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Rundfunkgebühren-Reformpaket

 

 

Obwohl Menschen mit besonderen Bedürfnissen aus gutem Grund von diversen Gebühren befreit sind, wird ihnen dies im Zusammenhang mit der Befreiung von den Rundfunkge-bühren mit allen möglichen Mitteln erschwert wenn nicht sogar unmöglich gemacht.

 

Gemäß § 51 Abs. 2 der Fernmeldegebührenordnung ist die Gebührenbefreiung mit höchstens fünf Jahren zu befristen. Nach Auskunft unmittelbar Betroffener ist es jedoch gelebte Praxis, dass eine Befreiung seitens der zuständigen GIS Gebühren Info Service GmbH auf maximal ein bis zwei Jahre befristet wird, so dass fast alljährlich neu angesucht werden muss. Zudem wird seitens der GIS Gebühren Info Service GmbH mit allen Mitteln versucht, Befreiungen abzulehnen. Den unterzeichneten Abgeordneten sind nahezu einhundert Fälle von Personen bekannt, welche jahrelang im Genuss einer Befreiung gestanden sind und deren Antrag auf Rundfunkgebührenbefreiung, ohne dass sich ihre Lebensumstände geändert hätten, dennoch abgelehnt wurde.

 

Unter diesen befinden sich auch Personen mit erhöhtem Betreuungsbedarf und somit höheren Lebenserhaltungskosten. Manche haben zudem trotz Behinderung eine Familie mit ein oder mehreren Kindern zu versorgen, wo jede Mehrbelastung für jedes Familienmitglied spürbar ist. In vielen Fällen scheitert eine Befreiung daran, dass die Existenzminimumgrenze (= Haushalts-Nettoeinkommen unter Ausgleichszulagenrichtsatz zuzüglich 12 %) knapp überschritten wird, weil diese aufgrund des höheren Bedarfs viel zu niedrig angesetzt ist. Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen müssen bei Überschreitung der Einkommensgrenzen volle Gebühren entrichten, obwohl nur zehn Prozent der ausgestrahlten Sendungen barrierefrei mit Untertitel oder akustischen und grafischen Bildsignalen ausgestattet sind (und dabei handelt es sich meist um veraltete Wiederholungen).

Insbesondere Nachrichtensendungen sollten verpflichtend Gebrauch von einer Übersetzung in die Gebärdensprache machen müssen.

 

Immer wieder fragen sich Konsumenten, die ihr Fernsehprogramm über Satellit beziehen und damit ORF 1 und ORF 2 nicht empfangen können, ob sie denn verpflichtet wären, die Fernseh- und Rundfunkgebühren zu begleichen. Denn warum für den ORF bezahlen, wenn man doch gar keine Gegenleistung erhält?

 

Die Antwort lautet bedauerlicherweise: ja. Die Rundfunkverordnung, welche die Vorschreibung der Rundfunk- und Fernsehgebühr regelt, legt fest, dass bereits bei der Errichtung (in diesem Fall das Aufstellen eines Fernsehers oder Radios) und beim Betrieb einer Empfangsanlage (Empfang des Fernseh- oder Radioprogramms) die Verrechnung der Rundfunkgebühr gerechtfertigt ist. Das heißt, unabhängig davon, ob man den ORF überhaupt empfangen kann oder das ORF-Programm nutzt oder nicht, die Rundfunk- und Fernsehgebühr wird fällig.

 

Ebenso unbefriedigend verhält es sich für Private, die einen Computer mit Internetanschluss besitzen. Da man damit über das Internet Radiosendungen empfangen kann, handelt es sich hierbei um eine Rundfunkempfangseinrichtung, deren Betriebsbereitschaft (!) gebührenpflichtig macht.

 

Bei Unternehmen wird für betriebseigene Radios und Fernseher die Gebühr nach der so genannten Zehnerregel berechnet (pro zehn Geräte muss nur einmal bezahlt werden). In Unternehmen ist daher pro zehn „Rundfunkempfangseinrichtungen" eine Gebühr zu entrichten, obwohl der Gesetzgeber nie daran gedacht hat, pro zehn PCs in einem Unternehmen eine Gebühr zu fordern. Die GIS hiezu: „Es ist nicht im Interesse der GIS, sämtliche in Unternehmen und Institutionen befindlichen internettauglichen Geräte mit einer Rundfunkgebühr zu belegen. Ein genereller Verzicht auf PCs, die Rundfunkempfang ermöglichen, ist nicht möglich, da einerseits vom Gesetzgeber nicht vorgesehen und andererseits hinsichtlich der künftigen "All-in-one-Units" nicht präzisierbar und offen für Missbrauch." Es werde daher an einer eindeutigen, für alle akzeptablen Regelung gearbeitet.

Die Situation verschärft sich durch die Möglichkeit des Empfangs von Radio- und (durch die Regierungsvorlage) Fernsehsendungen z.B. mit Handies oder anderen Multifunktionsgeräten. Der Konsument kann bei derartigen Geräten einzelne Funktionen derzeit nicht ablehnen und wird daher schon durch den Besitz eines derartigen Gerätes GIS-gebührenpflichtig. Dies alles obwohl es dem ORF durchaus möglich wäre, den Zugang zu seinen im Internet gebotenen Leistungen nur berechtigten Nutzern zu eröffnen.

 

Aus diesen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

 

Entschliessungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, umgehend ein Rundfunkgebühren-Reformpaket vorzulegen, welches mindestens folgende Punkte umfasst:

·        angemessene Anhebung der Einkommensgrenze für die Gebührenbefreiung behinderter, oder pflegebedürftiger Menschen;

·        dauerhafte Gebührenbefreiung für dauerhaft behinderte oder pflegebedürftige Menschen;

·        Gebührenbefreiung auch für durch die Behinderung notwendige Zweitwohnsitze;

·        Erhöhung der barrierenfreien Sendungen auf mindestens 50% des Programmangebotes; Verpflichtende Einführung der Gebärdensprache bei Nachrichtensendungen;

·        Sicherstellung, dass nur derjenige rundfunkgebührenpflichtig ist, der das Programmangebot des ORF auch tatsächlich empfangen kann;

·         Sicherstellung, dass das Programmangebot des ORF durch geeignete Methoden der Verschlüsselung bzw. Anmeldung nur Rundfunkgebührenpflichtige empfangen können, und damit Gebühren nicht durch bloße technische Empfangsmöglichkeiten wie insbesondere Computer mit Internetanschluss oder TV-Karte fällig werden."

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung des ggstdl. Antrages an den Verfassungsausschuß ersucht.

Wien, den 17. Feber 2009