459/A XXIV. GP

Eingebracht am 17.02.2009
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Antrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Mag. Stadler

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz, BGBl. I Nr. 2/2008, wird wie folgt geändert:

1.            Art. 57 Abs. 2 bis 5 entfallen. Der bisherige Art. 57 Abs. 6 erhält die Absatzbezeichnung „(2)". Der bisherige Art. 57 Abs. 7 erhält die Absatzbezeichnung „(3)".

2.            Art. 151 wird folgender Abs. 37 angefügt:

„(37) Art. 57 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/200x tritt mit 1. Jänner 2008 in Kraft."

Begründung:

Rechtspolitischer Zweck der Immunität von Abgeordneten ist einerseits die Sicherung der Freiheit der Abstimmung und der Argumentation (berufliche Immunität) und andererseits die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Vertretungskörpers durch Schutz der Abgeordneten vor strafrechtlicher Verfolgung durch eine möglicherweise willkürlich oder parteilich vorgehende Vollziehung (außerberufliche Immunität).


Die Antragsteller halten die berufliche Immunität für unverzichtbar, damit auch lebhafte Debatten im Nationalrat nicht endlose rechtliche Streitigkeiten nach sich ziehen. Anders ist dies mit der außerberuflichen Immunität, die eine „besondere Stellung der NR-Mitglieder im Hinblick auf ihre rechtliche Verantwortlichkeit" also ein echtes Privileg der Abgeordneten gegenüber den Bürgern darstellt. Sie entstand historisch als Schutz gegen mögliche Übergriffe einer willkürlichen bzw. parteiischen Vollziehung. Nach Meinung der Antragsteller ist jedoch die erfolgreiche demokratische Entwicklung, die Österreich seit Einführung dieses „historischen Instituts" genommen hat, ausreichender Garant dafür, dass das Privileg der außerberuflichen Immunität, nachdem bereits durch BGBl. Nr. 1979/134 eine einschränkende Neuregelung erfolgte, nunmehr endgültig entfallen kann.

Es ist bereits jetzt herrschende Lehre, dass die außerberufliche Immunität lediglich ein prozessuales Verfolgungshindernis darstellt:

Versagt der Nationalrat die Zustimmung, so darf der Abgeordnete - bis zur Beendigung seiner Rechtsstellung (Art. 55 Abs. 3 B-VG) - nicht verfolgt werden (Art. 56 Abs. 6 B-VG). In der außerberuflichen Immunität liegt also ein prozessuales Verfolgungshindernis, das mit Wegfall der Rechtsstellung endet, sodaß die Verfolgung sodann möglich ist. Eine Verjährung tritt nicht ein, da die Zeit, in der nicht verfolgt werden kann, in die Verjährungszeit nicht einzurechnen ist (§ 58 Abs. 3Z 1 StGB[1])."

Quelle: Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, l0.Auflage, Wien 2007, RS 368

Somit bietet die Tätigkeit als Mandatar schon jetzt nur einen - lediglich auf die Dauer der Ausübung des Mandats - zeitlich begrenzten Schutz vor der Willkür der Vollziehung.

Hinzu kommt, dass der Immunitätsausschuss insbesondere in den letzten Gesetzgebungsperioden durch eine mehr als schwankende Entscheidungspraxis hinsichtlich der Auslieferung im Einzelfall gekennzeichnet war.

Auffällig ist zudem, dass keineswegs alle Politiker durch die Immunität geschützt sind: Regierungsmitglieder z.B. sind nicht einmal hinsichtlich ihrer politischen Äußerungen, geschweige denn bei strafrechtlichen Verfehlungen immun.

Aus all diesen Gründen, aber auch aus der persönlichen Überzeugung der Antragsteller von der Verzichtbarkeit dieses Politikerprivilegs wird daher die ersatzlose Streichung der außerberuflichen Immunität vorgeschlagen.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.



[1]) Seiner Anwendung steht jetzt keine verfassungsrechtliche Bestimmung mehr entgegen; vgl. auch Foregger in Wiener Kommentar Anm 10 zu § 58.