572/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 31.03.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Graf, Weinzinger, DDr. Königshofer

und weiterer Abgeordneter

 

 

betreffend Einführung einer „Bilanzpolizei im Börsenbereich“

 

Dreh- und Angelpunkt des Anlegerschutzes ist die Anlageentscheidung des Investors,[1] die im idealen Fall auf einer rationalen, voll informierten Entscheidung beruht, die alle künftigen Anlegerrisken berücksichtigt. Auf dieser Grundlage stellen sich dem Anlegerschutz vier Aufgaben:[2]

 

·        die Gewährleistung der Voraussetzungen für eine rationale, vollinformierte Anlageentscheidung des Anlegers;

·        der Schutz des Anlegers vor nachteiligen späteren Veränderungen, die keinen Eingang in sein Entscheidungskalkül gefunden haben;

·        die Gewährleistung der laufenden Informationsversorgung des Anlegers als Basis für eine Revision der getätigten Anlageentscheidung; oder aber zur Ausnützung von "voice", dh der Mitwirkung und Kontrolle in der Gesellschaft;

·        die Gewährleistung der Exit-Möglichkeit des Anlegers, also seines Ausstiegs aus der getätigten Investition zu Marktpreisen.

 

Aus administrativen und budgetären Überlegungen sollten die behördlichen Aufgaben (Qualitätssicherung und Bilanzpolizei) in einer Institution vereint sein. So ist für die FPÖ die Bildung eines zweiten Spruchkörpers im Rahmen der QKB (Qualitätskontrollbehörde) vorstellbar.

 

Als Vorbild soll die Zusammenarbeit der am 1. Juli 2005 gegründeten Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung e.V. (im Folgenden: DPR) mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht dienen. Es ist Auftrag der ersteren, Unregel-mäßigkeiten bei der Erstellung von Abschlüssen durch stichprobenartige Kontrollen zu verhindern. Die Zusammenarbeit mit dieser beruht auf freiwilliger Basis, wird sie jedoch verweigert, kommt die bereits erwähnte Bundesanstalt für Finanz-dienstleistungsaufsicht zum Zug.

 

Falls die DPR fehlerhafte Rechnungslegung konstatiert, wird der Fall an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übergeben. Um von Bilanzfälschung abzuschrecken, steht es in ihrer Befugnis anzuordnen, dass das betroffene Unternehmen den Fehler und eine Begründung für die Fälschung öffentlich bekanntgeben muss. In solch einem Fall drohen dem Unternehmen massive Kursverluste und ebenso erhebliche Einbußen an Reputation. Die Schaffung derartiger Strukturen in Österreich würde das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt stärken, sowie den Anlegerschutz verbessern und ist daher als erstrebenswert anzusehen.

 

Nach ersten Berechnungen ist mit Kosten in der Höhe von 1 Million Euro pro Jahr zu rechnen. Die Finanzierung hat je zur Hälfte durch den Staat und die börsennotierten Unternehmen zu erfolgen. Der Staat sollte die behördliche Infrastruktur durch Ausbau der QKB bereitstellen. Der AeQ (Arbeitsausschuss für externe Qualitätsprüfungen) sollte auch als „Prüfverein“ ausgestattet werden (Kosten für die Wirtschaft ca. 500.000 Euro pro Jahr; Bilanzprüfungen werden von pensionierten Abschlussprüferen mit Werkvertrag durchgeführt).

 

Zielsetzung der FPÖ ist es, durch die Einrichtung einer Prüfstelle für Rechnungslegung das Vertrauen von Anlegern in die Verlässlichkeit von Unternehmensabschlüssen wieder herzustellen und somit das Vertrauen in den Kapitalmarkt zu stärken.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat möge beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage, mit der eine Bilanzpolizei nach deutschem Vorbild geschaffen wird, vorzulegen.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.

 

 



[1] Kalss, Anlegerinteressen 37; Assmann in GroßK AktG4, Einl Rz 373 ff; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt 109.

 

[2] Assmann in Großkommentar AktG4, Einl Rz 375, 378 ff; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt 117 ff; Mülbert in 11. Tagung der Vereinigung der griechischen Handels- und Gesellschaftsrechtler 43 (53).