637/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 27.05.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Kitzmüller

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Reform der Finanzierung des Familienlastenausgleichsfonds

 

 

1.     FLAF und Pensionssystem / generative Beiträge:

 

In der Zeitschrift „beziehungsweise“ Nr. 8/00 vom 04. Mai 2000, des Österreichischen Instituts für Familienforschung an der Universität Wien war folgendes zu lesen:

 

„Im Rahmen des Drei-Generationen-Vertrages ist der FLAF das Pendant zur Pensionsversicherung. Jeder Arbeitnehmer finanziert mit 4,5% seiner Bruttolohnsumme den FLAF. In die Pensionskassen werden von jeder Bruttolohnsumme 22,8% abgeführt. Der FLAF hat keine eigene Verwaltung sondern wurde als zweckgebundene Gebarung im Bundesbudget eingerichtet. Die Pensionskassen stehen in öffentlich rechtlicher Selbstverwaltung.

Familienbeihilfe – Ausgleichszulagen; 1990 – 2007

Quelle: Katholischer Familienverband, 2008

 
In den letzten 20 Jahren (Anm. bis zum Jahr 2000!) ist die Entwicklung der Transferzahlungen zu Lasten der Kindergeneration verlaufen: Die Pensionen stiegen in den letzen 20 Jahren um +79 %; die Ausgleichzulage – das Existenzminimum für ältere Menschen – stieg um + 158 %. Die Familienbeihilfe stieg im gleichen Zeitraum um 43 %.

 

Pensionen:

 

1981 wurden der ursprüngliche Prozentsatz von 6% der Bruttolohnsumme auf 4,5% gekürzt und diese 1,5% wurden zu den Pensionen umgeschichtet. Im Jahre 1999 waren das rd. 10. Mrd. öS, die für die Pensionen der Mütter überwiesen werden.

Für die zukünftigen Pensionen der Karenzgeldbezieherinnen wurden 1999 aus dem FLAF 1,8 Mrd. öS überwiesen. Im Jahr 2000 werden 8 Milliarden des FLAF, die derzeit noch unverplant waren einmalig direkt an Pensionskassen gezahlt.“

 

Wie in „beziehungsweise“ hervorgehoben, wurde mit dem BGBl. 646/1977 der Dienstgeberbeitrag ab 1978 von 6% auf 5% verringert und in weiterer Folge durch die Änderungen im BGBl. 563/1980 (Abgabenänderungsgesetz 1980) ab 1981 um ein weiteres halbes Prozent auf 4,5% der Bruttolohnsumme gekürzt.

 

Diese „Ersparnis“ von 1,5% (oder einem Drittel der derzeitigen Beitrags-Einnahmen) wurde zu den Pensionen umgeschichtet. Im Jahre 1999 waren das rd. 10. Mrd. öS, die für die Pensionen der Mütter überwiesen wurden. Diese 1,5%, die damals zweckgewidmet an die Pensionsversicherung abgegeben wurden, machten im Jahr 2008 (Einnahmen aus Dienstgeberbeitrag für 4,5%: 4.399,3 Mio.) 1,46 Mrd. Euro aus (inkl. Dienstgeberbeiträge der ehemaligen Selbstträger ab der Jahresmitte 2008).

 

Der Gesetzgeber hat sich damals entschieden, anstatt Überweisungen aus Einnahmen des FLAF an die Pensionsversicherung durchzuführen, gleich den kurzen Weg zu wählen und 25% der damaligen Einnahmen (entspricht 33,3% der aktuellen Einnahmen) aus den Dienstgeberbeiträgen direkt der Pensionsversicherung zu widmen. Auch heute, 28 Jahre später sind diese Beiträge nach wie vor als Leistungen aus dem FLAF anzuerkennen.

 

Dennoch fließen derzeit nicht unbeträchtliche zusätzliche Anteile des Familienlastenausgleichsfonds in Richtung Pensionssystem. Im Jahr 2008 waren dies insgesamt 566,4 Mio. Euro, wovon 555,8 Mio. Euro aus dem Titel Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten, 1,5 Mio. Euro für Adoptions- und Pflegeeltern sowie 9,1 Mio. Euro für Pflegepersonen von Schwerstbehinderten transferiert wurden. Diese Geldflüsse gehen zu Lasten sonstiger Leistungen des Familienlastenausgleichsfonds und sind überdies teilweise auch sachlich nicht gerechtfertigt. Ab dem Jahr 2010 werden die Beiträge für Pensionen aus dem FLAF auf budgetierte 888 Mio. Euro ansteigen, da sich ab diesem Zeitpunkt der FLAF-Anteil für Pensionszahlungen von 50% auf 75% erhöhen wird.

 

Die Einnahmen des FLAF betrugen im Jahr 2008 ohne Berücksichtigung der Unterhaltsvorschüsse und des Reservefonds für Familienbeihilfen 6.500,7 Mio. Euro (unter anderem: 4.399 Mio. Euro an Dienstgeberbeiträgen, 373 Mio. Euro an Anteil aus ESt und KöSt, 690 Mio. Euro Abgeltung von Ansätzen für ESt). Damit werden im Ergebnis knapp 9% der Einnahmen (neben den schon oben erwähnten 33,3% aus den Dienstgeberbeiträgen) des zweckgebundenen FLAF nicht für Familienleistungen sondern für das Pensionssystem aufgewendet. Die Finanzflüsse in Richtung Pensionen machen somit 2009 2,16 Mrd. Euro, im Jahr 2010 2,47 Mrd. Euro aus.

 

Eltern, die Betreuungs,- Erziehungs- und Unterhaltspflichten übernehmen leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Erhaltung des Generationenvertrags, des Sozialsystems sowie des Staatswesens als solches. Diese Leistungen lohnen sich für den Staat durch, von den Kindern zukünftig lukrierte Steuereinnahmen und Beiträge in die Umlageverfahren des Sozialsystems. Es ist wichtig und richtig, dass elterliche Erziehungsleistungen pensionsrechtliche Ansprüche auslösen.

 

Dennoch stellt sich die Frage, ob der Weg wie diese Anrechnung vorgenommen wird zielführend ist. Derzeit werden für die Kindererziehungszeiten „Ersatzzahlungen“ und damit monetäre Beiträge ins Pensionssystem eingebracht. Diese Beiträge, die unter anderem aus dem zweckgebundenen Familienlastenausgleisfonds stammen (derzeit 50%, ab 2010 75%), werden unmittelbar von den derzeit im Ruhestand befindlichen Personen konsumiert.

 

Die Pensionsansprüche aufgrund von Erziehungsleistungen sollten als generative Beiträge ins Pensionssystem und damit als eine Anwartschaft auf die von den eigenen Kindern während des eigenen Ruhestandes erbrachten Beitragszahlungen verstanden werden. Kein erziehender Elternteil hat etwas davon, dass zur Erlangung der eigenen Pension, die in einigen Jahrzehnten angetreten wird, der FLAF zu Gunsten heutiger Pensionisten finanziell ausgedünnt wird.

 

Durch diese Vorgangsweise wird nur die tatsächliche finanzielle Situation des Pensionssystems verschleiert. Da die vom Bundesbudget abzudeckenden Abgänge des FLAF mit der Größenordnung der Pensionsbeiträge des FLAF vergleichbar sind, ändert sich im Grunde nur, dass der budgetäre Aufwand des Bundes vom FLAF ins Pensionssystem verlagert wird.

 

 

Jahr

FLAF-Abgang

FLAF-Pensionsbeiträge*

 

Differenz

2008

475,8 Mio.

546,7 Mio.

70,9 Mio.

2009

546,6 Mio.

583,3 Mio.

36,7 Mio.

2010

862,7 Mio.

878,1 Mio.

15,4 Mio.

* „Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten“ und „Adoptions- und Pflegeeltern“

 

Neben der sachlich gerechtfertigten gleichberechtigten Anerkennung von generativen Beiträgen, neben monetären Beiträgen im Pensionssystem, würde die vorgeschlagene Vorgangsweise zu einer größeren Kostenwahrheit im Pensionssystem beitragen.

 

Im Falle von Pensionsbeiträgen für Pflegepersonen von Schwerstbehinderten aus dem FLAF (2008: 9,1 Mio. Euro) liegt eine sachliche Rechtfertigung vor, da bei den gepflegten, behinderten Personen nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese zukünftig Beiträge in das Pensionssystem einbringen werden.

 

Es ist nicht einzusehen, dass aus zweckgebundenen Mitteln des FLAF hohe Prozentsätze nicht dem widmungsgemäßen Zweck – nämlich der Abfederung von Lasten, welche der Familie entstehen – zufließen. Daher wird unter Berücksichtigung der schon im Jahr 1981 abgegebenen 33,3% der Dienstgeberbeiträge vorgeschlagen, dass Transfers vom Familienlastenausgleich in Richtung Pensionssystem aus den Titeln „Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten“ und „Adoptions- und Pflegeeltern“ aus sachlichen Erwägungen hinkünftig zu unterbleiben haben.

 

potentielle Kostenersparnis 2009:            593,00 Mio. Euro

potentielle Kostenersparnis 2010:            888,00 Mio. Euro

 

 

2.     Anpassung der „Abgeltung von Ansätzen für die Einkommensteuer“

 

 

Derzeit hat dieser Ansatz im Budget des Familienlastenausgleichsfonds eine Höhe von 690 392 000 Euro. Dieser Wert hat sich seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr verändert.

 

chronologischer Verlauf:

 

aktuelle Rechtslage: § 39 Abs. 5 lit a:                                   690,39 Mio. Euro

BGBl. Nr. 132/1987             § 39 Abs. 5 lit a:   9.500 Mio. öS   – 690,39 Mio. Euro

BGBl. Nr. 588/1983             § 39 Abs. 5 lit a: 10.500 Mio. öS   – 763,06 Mio. Euro

BGBl. Nr. 646/1977             § 39 Abs. 5 lit a:   7.232 Mio. öS   – 525,57 Mio. Euro

 

Betrachtet man die Kaufkraft dieser Beträge und rechnet diese auf das Jahr 2008 hoch, so stellt sich das Bild wie folgt dar:

 

            2009 –      690 Mio. Euro    -              690 Mio. Euro

1988 –   9.500 Mio. öS       -           1.109 Mio. Euro

1984 – 10.500 Mio. öS       -           1.378 Mio. Euro

1978 –   7.232 Mio. öS       -           1.261 Mio. Euro

 

Kaufkraftvergleich – Beträge entsprechen im Jahr 2008 der Kaufkraft von …

erstellt mit: http://archon.ifoer.tuwien.ac.at/cpi/cpi.cgi

 

Damit hat sich dieser Wert seit 1988 nicht mehr verändert und ist gegenüber der Rechtslage zwischen 1984 und 1987 sogar noch deutlich geringer. Unter Einbeziehung der Inflation müsste der Betrag wertgesichert gegenüber 1984 1,3 Mrd. Euro, gegenüber 1988 1,1 Mrd. Euro betragen.

 

Der inflationsbereinigte Wert dieses Einnahmenpostens beträgt somit nur noch knapp über 50% des seinerzeitigen Wertes.

 

Gleichzeitig hat sich das Einkommensteueraufkommen beispielsweise in den 16 Jahren zwischen 1990 (3,64 Mrd. Euro) und 2006 (7,22 Mrd. Euro) nahezu verdoppelt.

 

Dieser Budgetansatz und damit der Wert im § 39 Abs. 5 lit a ist zumindest um den seit 1988 eingetretenen Wertverlust auf etwa 1,1 Mrd. Euro anzuheben.

 

Mehreinnahmen:                  409 Mio. Euro pro Jahr

 

 

 

3.     Dienstnehmerbeitrag bei (altersabhängiger) Kinderlosigkeit

 

„Je größer die Kinderzahl der einzelnen Familien ist, desto mehr werde der Lebensstandard der Familien heruntergedrückt. Diese Umkehrung des Kindersegens in sein Gegenteil verletze das Recht des Menschen auf Familie und hindere ihn daran, seinen natürlichen und rechtlichen Verpflichtungen zur Erhaltung seiner Kinder nachzukommen.“ (Auszug aus dem Ausschussbericht zum Familienlastenausgleichsgesetz FLAG 1955)

 

„Die Umverteilung (des Familienlastenausgleichsfonds, Anm.) erfolgt zwischen jenen, die aktuell für Kinder Unterhaltslasten sowie Betreuungsleistungen zu tragen bzw. zu erbringen haben und jenen, für die dies aktuell nicht zutrifft, die jedoch bewusst oder unbewusst daraus Nutzen ziehen. Mit diesem Grundprinzip des horizontalen Lastenausgleiches wird die soziale Gerechtigkeit für Familien hergestellt und die Symmetrie im Generationenvertrag aufrechterhalten.“ (Aus „50 Jahre Leistungen für Familien“, Familienlastenausgleich, Österreichisches Institut für Familienforschung)

 

Die systemimmanente Annahme des Familienlastenausgleichsgesetzes aus dem Jahr 1955 bzw. 1967, dass jeder irgendwann Erziehungs-, Betreuungs-, und Unterhaltslasten für eigene Kinder zu tragen hat, kommt daher, dass die Geburtenraten und Kinderzahlen damals eine solche Annahme rechtfertigten. Der Familienlastenausgleich stellte damals also vor allem eine zeitliche Umverteilung dar. Jeder zahlt ein und jeder erlangt ab dem Zeitpunkt der Geburt eines eigenen Kindes Leistungen, jeder profitiert gleichermaßen von eigenen und fremden Kindern.

 

Durch die Einführung der Fristenlösung und andere Entwicklungen ist diese Annahme heute nicht mehr zutreffend. Die Geburtenzahlen gehen immer mehr zurück und sind weit von einer bevölkerungserhaltenden Größenordnung entfernt.

 

Damit profitiert heute von Kindern vor allem, wer keine hat.

 

Diese zutreffende Aussage wurde zuletzt von Univ.-Prof. Dr. Herbert Vonach in einer Studie wissenschaftlich belegt. Unter Berücksichtigung von Familienlastenausgleich, Pensionssystem und den steuerlichen Aufwendungen für kostenlose Schulen, konnte ein jährlicher Transfer in Höhe von 3 Mrd. Euro von Mehrkindfamilien zu Kinderlosen Personen nachgewiesen werden. Diesen geänderten Rahmenbedingungen muss auch im Familienlastenausgleich als familienpolitischem Gegengewicht zum Pensionssystem entsprochen werden.

 

Daher ist ein zusätzlicher Beitrag von Personen, die bei Erreichung eines bestimmten Alters (beispielsweise 35 oder 40 Jahre) keine eigenen Betreuungs-, Erziehungs- und Unterhaltspflichten aufweisen, also kinderlos sind, einzuführen.

 

Über dieses Thema soll eine objektive, breite Diskussion in unserer Gesellschaft geführt werden, die zu einer allgemeinen Sensibilisierung in diesem Bereich führt. Als Anhaltspunkt für die daraus resultierende Höhe eines solchen Beitrags wird von den Unterfertigten 2% der Bruttolohnsumme als Arbeitnehmerbeitrag vorgeschlagen.

 

Mehreinnahmen:                  400 Mio. Euro pro Jahr

 

Potentielle Mehreinnahmen bzw. Kostenersparnis (2009) bis zu:        1,4 Mrd. Euro

 

Mit diesem Betrag könnte die Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungsgeldgesetz abgeschafft und eine Inflationsanpassung der Familienleistungen durchgeführt werden.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche eine Reform der Finanzierung des Familienlastenausgleichsfonds vorsieht, welche zumindest folgende Punkte zum Inhalt hat:

 

1.     Die Einstellung von Finanzströmen vom Familienlastenausgleichsfonds in Richtung Pensionssystem aus den Titeln „Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten“ und „Adoptions- und Pflegeeltern“

2.     Die Inflationsanpassung der „Abgeltung von Ansätzen für die Einkommensteuer“ im § 39 Abs. 5 lit a FLAG

 

Überdies sind Überlegungen anzustellen und entsprechend in der Regierungsvorlage zu verankern, welche kinderlosen Personen ab einem festzulegenden Alter erhöhte (Dienstnehmer-) Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds vorschreiben.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Familienausschuss empfohlen