644/A XXIV. GP

Eingebracht am 28.05.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Brosz, Öllinger, Freundinnen und Freunde

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die
Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert
werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des
Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden

Artikel I

Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das
Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 31/2009, wird wie folgt geändert:

In Art. 30 Abs. 1 B-VG wird folgender Satz angefügt:

„Präsidenten des Nationalrates können durch Beschluss des Nationalrates bei
Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei
Dritteln der abgegebenen Stimmen abberufen werden."

Artikel II

Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz
1975), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 31/2009, wird wie folgt
geändert:

1.  In §5 Abs. 3 werden folgende Sätze angefügt:

„Dessen unbeschadet können Präsidenten durch Beschluss des Nationalrates vorzeitig
von ihrem Amt abberufen werden. Für einen derartigen Beschluss ist die Anwesenheit
von mindestens der Hälfte der Mitglieder und die Mehrheit von zwei Dritteln der
abgegebenen Stimmen erforderlich.


2.  In §6 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„§ 5 Abs. 3 zweiter und dritter Satz bleiben davon unberührt."

3.  In § 82 Abs. 2 wird folgende Z. 4a eingefügt:

„4a.   Zu einem Beschluss des Nationalrates, mit dem ein Präsident des Nationalrates
abberufen wird, ist die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten und die Mehrheit von zwei
Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

 

Begründung:

In einem Kommentar, erschienen in der „Neuen Freien Zeitung" am 21. Mai 2009, tätigte der Dritte Präsident des Nationalrates, Dr. Martin Graf, unter anderem folgende Aussagen: „Verlängerter Arm des Herrn Muzicant ist der gewalttätige linke Mob auf den Straßen." und „Mit seinen Beschimpfungen schafft der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde ein Klima der politischen Brutalität, weswegen sich schon viele Bürger fragen, ob er nicht als Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus bezeichnet werden sollte."

Ein Präsident des Nationalrates hat als einer der höchsten Repräsentanten der Republik auch eine besondere Verantwortung. Durch seine untragbaren Aussagen hat Dr. Graf unter Beweis gestellt, dass er ganz offensichtlich nicht in der Lage ist, der Verantwortung dieses hohen Amtes gerecht zu werden. Die Aussagen von Dr. Graf schaden nicht nur dem Ansehen des österreichischen Parlaments, sondern beschädigen auch das Ansehen Österreichs.

Die österreichische Rechtsordnung sieht bislang keine Möglichkeit vor, einen Präsidenten des Nationalrates abzuberufen. Dies soll durch den vorliegenden Antrag ermöglicht werden, wobei für eine Abberufung ein Beschluss des Nationalrates mit einer zwei Drittel-Mehrheit bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Nationalrates erforderlich sein soll.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss
vorgeschlagen sowie die Durchführung einer
ersten Lesung innerhalb von drei
Monaten verlangt.