654/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 29.05.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Neubauer, Ing. Hofer, Haider, Kitzmüller

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend weitere Vorgangsweise Österreichs in Bezug auf Temelin und die europäische Atompolitik

 

 

 

Am 7. Mai 2009 kam es im AKW Temelin zum bereits 127. Störfall; ein defektes Brennelement in Block 2 musste im Spezialbehälter eingeschlossen werden. Auch wenn bei diesem 127. Störfall laut den Betreibern keine Radioaktivität freigesetzt wurde, wird Temelin immer mehr zu einem technischen und ökonomischen Desaster.

 

Trotz der unzähligen Störfälle und der massiven Sicherheitsbedenken ist der Energiekonzern ČEZ dabei, das AKW Temelin auszubauen und um die geplanten Blöcke 3 und 4 zu erweitern. Die Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 könnte bis zu 130 Milliarden Kronen, d.h. umgerechnet rund 5,53 Milliarden (!) Euro, kosten; Baubeginn soll 2013 sein.

 

Noch immer wird dabei die Durchführung eines ordentlichen UVP-Verfahrens seitens Tschechien verweigert. Die Europäische Kommission hat Tschechien bereits im Mai 2007 bezüglich der Durchführung einer UVP nach tschechischem Recht eine Absage erteilt und die Regierung aufgefordert, die europäische Richtlinie 85/337/EEG, 10a anzuwenden sowie eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von zwei Monaten eingeräumt. Geschehen ist bis heute nichts. Damit ist Tschechien also bei der Temelin-UVP seit mittlerweile 2 Jahren säumig. Seitens der Europäischen Union wurden bislang keine Schritte gesetzt.

 

Tschechien setzt sich damit im Rahmen der Energieversorgung durch Atomkraft über alle Regeln und Gesetze des europäischen Geistes hinweg. Eine Geisteshaltung, die sich bereits beim Melker Abkommen klar gezeigt. Damals distanzierte sich Tschechien vom Inhalt und von der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Abkommens.

 

Vom 22. September bis zum 11. Oktober 2008 fand in Bayern und Sachsen zwar ein grenzüberschreitendes „Vorverfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung“ statt; Teilnehmer dieses UVP-Verfahrens zur Errichtung neuer AKW-Blöcke in Temelin - drei Anti-Atomgruppen aus Bayern, Tschechien und Oberösterreich - haben eine Beschwerde gegen die Verletzung des EU-Rechts und wegen Missachtung von Europarichtlinien zur Regelung von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei der EU-Kommission eingebracht.

 

Die tschechische Regierung hat die im Rahmen eines offenen Schreibens übermittelten Vorschläge zur außergerichtlichen Beilegung des Konfliktes abgelehnt. Die Regierung Tschechiens toleriert damit wissentlich den Bruch des EU-Rechts und dies trotz der kurz bevorstehenden EU-Präsidentschaft Tschechiens.

 

In Tschechien ist das UVP-Verfahren nämlich kein Teil des Genehmigungsverfahrens, sondern hat eine ganz isolierte Stellung. Der UVP-Bescheid ist nicht im tschechischen Verwaltungsrecht verankert, sondern stellt lediglich eine „fachliche Grundlage“ für die „nachfolgenden Verfahren“ (z.B. baurechtliche Verfahren) dar. Er stellt auch keinen Bescheid im rechtlichen Sinne dar und kann somit gerichtlich nicht angefochten werden.

 

Dies hat zur Folge, dass auch ein negativer UVP-Bescheid nicht automatisch zum Aus für das Projekt führen muss. Diese Regelung widerspricht dem EU-Recht, konkret dem Artikel 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG, welcher den Zugang der Verfahrensteilnehmer zur gerichtlichen Überprüfung regelt.

 

Ferner plant die tschechische Regierung offensichtlich die Errichtung eines Atommülllagers nahe der Grenze zu Oberösterreich. Ein Militärareal, das am Moldaustausee liegt, wird gerade auf Empfehlung der tschechischen Behörde für die Deponierung von Atommüll geologisch genauer untersuchen. Wie das Neue Volksblatt berichtet, liegt dieses Gelände nahe der Gemeinde Oberplan und damit lediglich 60 Kilometer von Linz entfernt.

 

Auch wenn bislang keine endgültige Entscheidung über die Errichtung eines neuen Atommülllagers getroffen wurde, hat man bisher andere Orte, die in Erwägung gezogen wurden, unter anderem deshalb abgelehnt, da diese dichter besiedelt seien und es zudem dort sofort zu massiven Protesten gekommen sei.

 

 

Aufgrund der angeführten Tatsachen und Fakten sowie der drohenden Gefährdung der österreichischen Bevölkerung stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten werden aufgefordert,

·          bei der Europäischen Union bzw. der Europäische Kommission Klage gegen Tschechien wegen der Nichtdurchführung eines EU-Rechtkonformen Durchführens einer UVP im Zuge des Ausbaus der Blöcke 3 und 4 des AKW Temelin einzubringen,


 

·          unverzüglich Verhandlungen mit Tschechien aufzunehmen, damit das derzeit geplante Atommülllager im Militärareal am Moldaustausee nahe der österreichischen Grenze nicht errichtet wird und

·        dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die im Sinne einer aktiven Anti-Atompolitk Österreichs und des Ergebnisses der Volksabstimmung über Zwentendorf eine Volksabstimmung über einen Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag vorsieht."

 

 

In formeller Hinsicht wird um die Zuweisung an den Umweltausschuss ersucht.