662/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 16.06.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Gerechtigkeit bei der Bundes-Mitfinanzierung von Öffi-Infrastruktur durch ein „Bundesgesetz zur Finanzierung von ÖPNV-Infrastruktur in städtischen Großräumen“

 

 

 

Leistungsfähiger schienen- bzw. oberleitungsgebundener Öffentlicher Nahverkehr ist insbesondere in den Ballungsräumen als Rückgrat einer „leistbaren Mobilität für alle“ unverzichtbar. Der Auf- und Ausbau entsprechender Infrastruktur ist teuer, aber verkehrspolitisch, umwelt- und klimapolitisch und letztlich auch sozialpolitisch zur Sicherung von Mobilität enorm wichtig.

 

Der Bund finanziert seit langem den Wiener U-Bahn-Bau durch einen Beitrag in Höhe von immerhin gut 109 Mio. Euro pro Jahr mit, der beginnend mit dem Doppelbudget 2009/10 zwar um 20% gesenkt werden, aber immer noch ansehnliche 88 Mio Euro ausmachen soll. Dieser Mitfinanzierung des Bundes für Wien steht keine entsprechende Mitfinanzierung für andere Städte bzw. Ballungsräume gegenüber

 

Bereits seit vielen Jahren wird dies seitens anderer Städte etwa im Weg des Städtebunds kritisiert. Neben Ausbauprojekten für Straßenbahn- und O-Bus-Netze geht es dabei insbesondere um „StadtRegionalBahn“-Projekte, die eine kundenfreundliche Durchbindung zwischen innerstädtischen Straßenbahnnetzen und Strecken im Umland nach dem erfolgreichen und vielzitierten „Karlsruher Modell“ ermöglichen, das international mittlerweile vielfach erfolgreich aufgegriffen wurde und sowohl im Raum Innsbruck umgesetzt werden soll als auch zB im Raum Graz, Salzburg oder Linz intensiv diskutiert wird.

 

Auch in Wien selbst gibt es – jedenfalls seitens der nicht der Tiefbaulobby nahestehenden Oppositionsparteien – immer wieder Hinweise darauf, dass mit einer Verwendung zumindest eines Teils der heute vom Bund in den U-Bahn-Ausbau gesteckten Gelder für weniger aufwendige und zugleich rascher wirksame Ausbauten im Straßenbahnnetz ein größerer Nutzen bei weit geringeren Kosten erzielt werden könnte. Zugleich gab es in letzter Zeit auch vermehrt politische Äußerungen in Richtung von Lokalbahn- und StadtRegionalBahn-Projekten („Flitzer“ u.dgl.) im Großraum Wien.

 

Die Grünen haben aus diesen Überlegungen bereits in der Vergangenheit in Anknüpfung an von mehreren Seiten angestellte Überlegungen zu einer „Nahverkehrsmilliarde“ ein „Straßenbahnfinanzierungsgesetz“ des Bundes angeregt, bislang gab es dafür aber noch keine Mehrheit des Gesetzgebers.


 

Verkehrsminister Faymann hatte hierzu bereits im Vorfeld des Klimagipfels 2008 eigentlich unmissverständliche Aussagen und Ankündigungen getätigt, dass sich dies ändern solle: „Es war richtig, dass der Bund sich mit 50% am Bau der Wiener U-Bahn beteiligt hat, aber die anderen Städte haben natürlich dasselbe Recht.“ Dabei sei zuvorderst der Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu forcieren. Alle Städte in Österreich hätten dafür Konzepte in der Tischlade, es fehle aber die Finanzierung. "Wir werden daher den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs in den Ballungsräumen jetzt massiv unterstützen" (vgl. Ministerratsfoyer-Auftritt BM Faymann/BM Pröll am 16.4.2008; APA-OTS148, 16.4.2008, Die Presse 17.4.2008 u.a.).

 

Ähnliche, teils noch konkretere Aussagen traf Werner Faymann im NR-Wahlkampf 2008 beispielsweise in Salzburg und in Linz.

 

Nachdem die Grünen Faymanns Aussagen im Juni 2008 zum Anlass für einen entsprechenden Antrag im Nationalrat genommen hatten (808/A(E) XXIII.GP), kam am 12.9.2008 eine Entschließung „betreffend Bundes-Mitfinanzierung von Öffi-Infrastruktur (zB RegioLiner, Tram-Bahnen, …) durch ein „Bundesgesetz zur Finanzierung von ÖPNV-Infrastruktur in städtischen Großräumen““ im Nationalrat zur Abstimmung und fand mehrheitlich (SPÖ, Grüne, BZÖ) Unterstützung (93/E XXIII.GP).

 

Seitdem ist jedoch nichts mehr geschehen. Trotz klarer Ankündigungen von Werner Faymann und trotz Mehrheitsbeschluss des Nationalrats findet sich dieses Thema weder im Regierungsübereinkommen SPÖ-ÖVP von Jänner 2009 noch wurden im Rahmen des Budgets 2009/2010 die zur Umsetzung erforderlichen Geldmittel vorgesehen.

 

Die zutreffenden Einschätzungen und Ankündigungen des vormaligen Verkehrsministers und nunmehrigen Bundeskanzlers sollten jedoch nicht bei der erstbesten Änderung der politischen Großwetterlage sang- und klanglos schubladisiert werden. Dazu ist des Anliegen zu wichtig und zu dringend und zu viele Jahre aufgeschoben worden. Neben den erforderlichen Mitteln sollte diesem wichtigen Teil einer „Öffi-Offensive“ auch die nötige rechtliche Grundlage zur Seite gestellt werden. Diese sollte zugleich die heute dem Wiener U-Bahn-Ausbau zugute kommenden Bundeszahlungen inhaltlich klarer fundieren und gleichzeitig österreichweit dem „Erfinden“ von teuren U-Bahn-Projekten als Rechtfertigung für das Abholen von Bundesgeldern analog zu Wien durch Öffnung für weniger investitionsintensive Verkehrsmittel vorbeugen.

 

Es sollte daher ein „Bundesgesetz zur Finanzierung von ÖPNV-Infrastruktur in städtischen Großräumen“ entwickelt werden, das

·         die übrigen städtischen Großräume mit schienen- bzw. oberleitungsgebundenen Nahverkehrsmitteln mit Wien gleichstellt, wie von BM Faymann angeregt,

·         eine Mitfinanzierungsverantwortung für die entsprechend aufwendigen Netzausbauten bei Straßenbahn und O-Bus sowie für StadtRegionalBahn-Projekte ähnlich der derzeitigen Regelung für den Wiener U-Bahn-Ausbau einführt,

·         die derzeitige Bundes-Kofinanzierung des Wiener U-Bahn-Ausbaus für Straßenbahnprojekte sowie StadtRegionalBahn-Projekte im Raum Wien öffnet,

·         gegebenenfalls auch unterirdisch zu führende Teilstrecken von Straßenbahn- oder StadtRegional-Bahn-Projekten unterstützt, keinesfalls jedoch weitere österreichische Städte zu unwirtschaftlichen, teuren „Voll-U-Bahn-Projekten“ als Voraussetzung für die Gewährung von Bundes-Kofinanzierung zwingt oder ermuntert.

 

Derzeit ist nur ein Teil dieser Projekte aus unterschiedlichen Töpfen der zersplitterten „Öffi-Finanzierung-Landschaft“ finanzierungsfähig, wobei es bislang keine Vergabe nach zuvor (!) festgelegten sachlichen Kriterien, sondern eine solche per Einzelfalls-Konstruktion gibt; StadtRegionalBahn-Projekte sind dabei – siehe das Beispiel Tiroler Zentralraum – überhaupt nur nach komplexen Einzelfall-Abmachungen „ums Eck“ unterstützungsfähig.


 

 

Als sachliche Kriterien für eine Bundes-Kofinanzierung wären beispielsweise der „verkehrliche Nutzen“ (vgl. Deutschland), der Stand der Baureife, die Mitfinanzierungsbereitschaft durch Stadt/Gemeinden und Land und der Beitrag zur Reduktion des städtischen/regionalen CO2-Ausstoßes geeignet.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, ein „Bundesgesetz zur Finanzierung von ÖPNV-Infrastruktur in städtischen Großräumen“ zu entwickeln, das

·         die übrigen städtischen Großräume mit schienen- bzw. oberleitungsgebundenen Nahverkehrsmitteln mit Wien gleichstellt;

·         eine Mitfinanzierungsverantwortung für die entsprechend aufwendigen Netzausbauten bei Straßenbahn und O-Bus sowie für StadtRegionalBahn-Projekte ähnlich der derzeitigen Regelung für den Wiener U-Bahn-Ausbau einführt;

·         die derzeitige Bundes-Kofinanzierung für den Wiener U-Bahn-Ausbau für Straßenbahnprojekte in Wien sowie StadtRegionalBahn-Projekte im Raum Wien öffnet;

·         gegebenenfalls auch unterirdisch zu führende Teilstrecken von Straßenbahn- oder StadtRegionalBahn-Projekten unterstützt, keinesfalls jedoch weitere österreichische Städte zu unwirtschaftlichen, teuren „Voll-U-Bahn-Projekten“ als Voraussetzung für die Gewährung von Bundes-Kofinanzierung zwingt oder ermutigt;

·         bei der Mittelvergabe auf vorher festgelegte sachliche Kriterien, wie den „verkehrlichen Nutzen“ (vgl. Deutschland), den Stand der Baureife, die Mitfinanzierungsbereitschaft durch Stadt/Gemeinden und Land und den Beitrag zur Reduktion des städtischen/regionalen CO2-Ausstoßes, abstellt.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuss vorgeschlagen.