786/A XXIV. GP

Eingebracht am 23.09.2009
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ANTRAG

 

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (Staatsbürgerschaftsänderungsgesetz 2009)

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (Staatsbürgerschaftsänderungsgesetz 2009)

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (Staatsbürgerschaftsänderungsgesetz 2009)

 

Das Staatsbürgerschaftsgesetz, BGBl. Nr. 311/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. xxx/xxx, wird wie folgt geändert:

 

1. § 6 Z 5 entfällt.

 

2. In § 10a Abs. 2 Z 1 wird das Zitat „Fälle des § 10 Abs. 4 und 6, § 11a Abs. 2 und
§ 58c“ durch „Fälle des § 10 Abs. 4 und 6, sowie § 11a Abs. 2“ ersetzt.

 

3. § 11a Abs. 2 entfällt die Wendung „oder durch Erklärung gemäß § 58c“.

 

4. In § 42 wird das Zitat „§§ 25 Abs. 3, 38 und 58c“ durch „§§ 25 Abs. 3 und 38“ ersetzt.

 

5. Folgender § 42a wird eingefügt:

 

„§ 42a (1) Österreichische Staatsbürger, die, da sie nach dem 13. März 1938 Verfolgungen durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Dritten Reiches mit Grund zu befürchten hatten oder erlitten haben oder wegen ihres Einsatzes für die demokratische Republik Österreich Verfolgungen ausgesetzt waren oder mit Grund zu befürchten hatten, besitzen weiterhin die österreichische Staatsbürgerschaft.


(2) Die Regeln für den Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Abstammung (Legitimation) gelten für Nachkommen von österreichischen Staatsbürgern im Sinne des Abs. 1 in der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes.

 

(3) Die Behörde hat auf Antrag einen Feststellungsbescheid zu erlassen, dass der/die Einschreiter/in die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt.

 

Die Verlusttatbestände des Abschnitt III sind bei Erlassung des Bescheids nicht anzuwenden. Die Behörde kann von Amts wegen feststellen, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt sind, wenn die Person die österreichische Staatsbürgerschaft nach den geltenden Bestimmungen hätte und die Anwendung älterer Bestimmungen eine besondere Härte darstellen würde, die der Intention des Abs. 1 widerspricht.

 

(4) (Verfassungsbestimmung) Der Antrag kann auch bei der gemäß § 41 Abs. 2

zuständigen Vertretungsbehörde eingebracht werden, die sie an die Behörde weiterzuleiten hat.„

 

6. In § 46 wird das Zitat „gemäß § 23 Abs. 1, § 25 Abs. 3, § 28 Abs. 5, § 30 Abs. 1,
§ 38 Abs. 3, § 44 und 58c Abs. 2“ durch „gemäß § 23 Abs. 1, § 25 Abs. 3, § 28 Abs. 5,  § 30 Abs. 1, § 38 Abs. 3 und § 44“ ersetzt.

 

7. § 58c entfällt. 

 

8. In § 66 Z 1 c) entfällt die Wendung „58c Abs. 3.

 

9. § 66 Z 1 e) entfällt.

 

 

 

Begründung:

 

Zu Z 1: Aufgrund des Entfalls des § 58c ist § 6 Z 5 nicht mehr notwendig.

 

Zu Z 2, 3, 4, 6, 8 und 9: Anpassungsbedarf aufgrund des Entfalls von § 58c.

 

Zu Z 5: Österreichische Staatsbürger, die zwischen 1938 und 1945 vor dem NS Regime flüchten mussten, haben mitunter auch zum eigenen Schutz nach ihrer Flucht die Staatsbürgerschaft anderer Länder angenommen.

 

Im Regelfall war es von den NS-Flüchtlingen nicht intendiert, ihre bisherige Staatsbürgerschaft zu verlieren. In der österreichischen Nachkriegsgesetzgebung wurde die Annahme einer anderen Staatsbürgerschaft als Verlusttatbestand gewertet und haben die Betroffenen die österreichische Staatsbürgerschaft verloren. Völlig übersehen wurde im Rahmen dieser Gesetzeslage, dass die Annahme anderer Staatsbürgerschaften in einer Zwangslage erfolgt ist und nicht auf Freiwilligkeit beruht hat. Die Betroffenen wurden damit nicht nur Opfer des Nationalsozialismus, sondern auch mit einer de jure Ausbürgerung durch die zweite Republik bestraft.

 

Zahlreiche Gesetzesnovellen haben Erleichterungen für die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft gebracht. Am Grundproblem der historisch ungerechtfertigten Aberkennung der Staatsbürgerschaft hat die Gesetzgebung aber nichts geändert. Auch die Historikerkommission hat in ihrer Veröffentlichung Band 7 Kolonovits/Berger/Wendelin, Staatsbürgerschaft und Vertreibung, Hsg. Jabloner et al Kritik an der österreichischen Gesetzgebung hinsichtlich der Staatsbürgerschaft bei NS Vertriebenen geübt. Die Erkenntnisse der Historikerkommission wurden bis dato nicht vollständig umgesetzt.

 

Ein Mangel der nunmehr geltenden Rechtslage liegt darin, dass die Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht selten zum Verlust der zuletzt innegehabten Staatsbürgerschaft geführt hat. Nicht selten hat dieser Verlust auch finanzielle oder sozialrechtliche Konsequenzen nach sich gezogen.

 

Absatz 1 versucht zweierlei Rechnung zu tragen. Historisches Unrecht wird getilgt, in dem NS Verfolgte hinsichtlich der Staatsbürgerschaft so gestellt werden, als hätten sie die österreichische Staatsbürgerschaft nie verloren. Es gilt die Vermutung der zwangsweisen Entziehung der Staatsbürgerschaft und der damit verbundenen Annahme einer anderen Staatsbürgerschaft in einer Zwangslage. Durch die Feststellung des Bestands der Staatsbürgerschaft wird eine durchgehend bestehende Staatsbürgerschaft dokumentiert. Die erfolgte Ausbürgerung wird somit im nachhinein beseitigt und die Betroffenen in vollem Ausmaß hinsichtlich der österreichischen Staatsbürgerschaft restituiert. Die durchgehend bestehende österreichische Staatsbürgerschaft beseitigt aber auch das Risiko eines Staatsbürgerschaftverlusts gegenüber der geltenden Gesetzeslage. In Folge kann durch das Wegfallen der Notwendigkeit der expliziten Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft kein allfälliger Verlusttatbestand hinsichtlich einer anderen Staatsbürgerschaft eintreten.

 

Durch Absatz 2 soll sichergestellt sein, dass auch Hinterbliebene österreichischer NS-Flüchtlinge einen Anspruch auf die Feststellung der bestehenden österreichischen Staatsbürgerschaft haben. Durch den Verweis ist sichergestellt, dass auch die Nachkommen von NS Verfolgten eine bestehende Staatsbürgerschaft der Vorfahren über den Wege der

Abstammung für sich geltend machen können.

 

Durch Absatz 3 soll die Rechtsgrundlage für eine bescheidmäßige Feststellung des aufrechten Bestands der Staatsbürgerschaft geschaffen werden.

 

Durch Absatz 4 soll sichergestellt werden, dass die Antragsstellung auf bescheidmäßige Feststellung auch an den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland möglich ist, da der Großteil der Betroffenen im Ausland lebt und dieser Umstand keine Hürde darstellen soll.

 

Mit Umsetzung dieses Antrags ist den Feststellungen der Historikerkommission bezogen auf die Restituierung der Staatsbürgerschaft von NS Vertriebenen entsprochen.

 

Zu Z 7: Die Regelung wird durch § 42a ersetzt. 

 

 

In formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf eine 1. Lesung die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.