918/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 11.12.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Evaluierung der im Bundesstraßengesetz vorgesehenen hochrangigen Straßenbauprojekte

 

 

Das Bundesstraßengesetz (BStG) enthält in seinem Anhang (Verzeichnis 1 und 2) zahlreiche Straßenbauprojekte. Insgesamt handelt es sich um ein Straßen-Neubauprogramm im Umfang von gut 15 Milliarden Euro bis 2020, ohne die üblichen Kostensteigerungen und ohne die Finanzierungskosten, insgesamt ist also von sicher 25 Milliarden Euro auszugehen.

 

Dieser Anhang zum BStG weist folgende Charakteristika auf:

·    Er enthält viele überdimensionierte Projekte, die bei Verkehrsstärken von wenigen tausend Kfz pro Tag einen hochrangigen Ausbau mit entsprechend aufwendiger, gestreckter und ortsferner Ausführung vorsehen.

·    Es finden sich viele primär im lokalen und regionalen Interesse gelegene Projekte, so etwa Ortsumfahrungen, die somit bundesseitig finanziert werden müssen, obwohl zweifelhaft ist, ob sie kompetenzrechtlich im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Z 9 Bundes-Verfassungsgesetz dem Bund zuzuzählen sind.

·    Viele Projekte sind Uraltprojekte, die vor 20 oder 30 Jahren konzipiert wurden und nie auf Basis aktueller Erfordernisse und Perspektiven – etwa der Ölpreisentwicklung und des Klimaschutzes – auf ihre Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit durchleuchtet wurden.

·    Viele Projekte im BStG und vor allem auch das Bauprogramm insgesamt wurden noch nie einer Strategischen Umweltprüfung unterworfen. Auch bei in den letzten Jahren hinzugekommenen Projekten, bei denen bereits eine „Strategische Prüfung Verkehr“ stattfand, ist die Legitimität ihrer Aufnahme ins Gesetz massiv in Frage gestellt, weil die Umsetzung der SUP-Richtlinie der EU in Österreich nicht europarechtskonform erfolgte und ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist.

·    Da eine kriterienbasierte, transparente und nachvollziehbare und somit fachlich ernstzunehmende Gesamtverkehrsplanung in Österreich fehlt, ist auch nie eine Prüfung dieses Straßenbauprogramms des Bundes auf seine Klimaverträglichkeit erfolgt.

 

Zugleich ist die krasse Kyoto-Zielverfehlung im Sektor Verkehr überwiegend auf den Straßenverkehr zurückzuführen, dem mit diesem Bauprogramm bisher „freie Bahn“ gegeben wurde. Diese Blamage kurz vor dem Klimagipfel in Kopenhagen hat nachdrücklich daran erinnert, dass neue Wege in der Infrastrukturpolitik nötig sind.

 

Schon derzeit werden bei der Neuaufnahme oder Vorziehung von Projekten mit Ländern und Gemeinden Mitfinanzierungsvereinbarungen getroffen. Dies sollte ausgebaut werden. Denn wenn in vielen Bereichen gespart wird, dürfen auch bei der ASFINAG bei deutlich weniger Einnahmen nicht unverändert großzügige Bauprogramme im lokalen und regionalen Interesse auf Kosten des Bundes durchgezogen werden und die Klima- und Ölpreis-Fragen ebenso wie die Grenzen der Haushalte auf Bundes-Ebene ignoriert werden.

 

Auch der Rechnungshof hat bereits wiederholt, sehr konkret etwa im Bericht 2008/05 unter „Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit im Straßenbau in Österreich“ ein Umdenken gefordert: Denn „für die geprüften Projekte waren die Nutzen-Kosten-Untersuchungen teilweise nicht dokumentiert, zum Teil nur in Ansätzen vorhanden. Trotz teilweise erheblicher nachträglicher Änderungen der Projektkosten wurden die Projekte nicht einer neuerlichen Beurteilung hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Priorität unterzogen.“ Das Fazit des Rechnungshofes: „Der Straßenneubau im siedlungsnahen Bereich nähert sich damit den Grenzen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit.“

 

Das Straßenbauprogramm des Bundes ist in diesem Sinn dringend zu evaluieren, wobei nicht mehr zeitgemäße Straßenbauprojekte gänzlich zu streichen und für solche im primär oder prominenten lokalen und/oder regionalen Interesse zumindest Kofinanzierungen der lokalen und regionalen Ebene verpflichtend zu verankern sind.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die Krise als Chance für neue Prioritäten und mehr Kostenwahrheit in der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik zu nutzen.

 

In diesem Sinn ist insbesondere das im Anhang des Bundesstraßengesetzes abgebildete hochrangige Straßenbauprogramm des Bundes im Hinblick auf Klimaverträglichkeit, Sinnhaftigkeit, Finanzierbarkeit, strategische Umweltverträglichkeit und Konformität mit dem Bundes-Verfassungsgesetz zu evaluieren.

 

Dabei sind für alle weiteren hochrangigen Straßenneubauprojekte zumindest maßgebliche Kostenbeteiligungen der nutznießenden bzw. initiierenden Länder und/oder Gemeinden vorzusehen.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuss vorgeschlagen.