970/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 29.01.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Ing. Lugar

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend „Lehren aus der Krise“ bzw. Krisenprävention

 

Die nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise massenhaft erfolgten Versprechen und Veränderungsbekenntnisse sowohl auf internationaler als auf nationaler Ebene haben bisher nur wenig Früchte getragen. Vielmehr ist es nach der auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erfolgten Rettung der Banken bzw. der Sicherung des Finanzstandortes Österreichs ruhig geworden. Statt Verantwortungsübernahmen erfolgen weitestgehend Relativierungen der Verantwortungen und der bestehenden Gefahren. Warnungen neuer Spekulationsblasen werden scheinbar einfach ignoriert. Stattdessen wandelt man bereits auf den alten Pfaden, die in die Finanz- und Wirtschaftskrise geführt haben. So werden beispielsweise Bonuszahlungen gewährt, die vor der Bevölkerung insbesondere in Hinblick auf die ständig anwachsende Staatsverschuldung und die bedrohlich steigenden Arbeitslosenzahlen nicht zu rechtfertigen sind. Gleichzeitig werden ständig neue Skandale öffentlich, in den reiche Investoren aufgrund dubioser Geschäfte erhebliche Gewinne lukrieren konnten. Tiefgreifende Konsequenzen sind aber nicht erkennbar. Alles in allem erscheint es uns daher dringend erforderlich, endlich entscheidende Konsequenzen und Lehren aus der Krise zu ziehen.

 

Zunächst befürworten wir grundsätzlich die Einführung eine „Banken(straf)steuer“, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass durch geeignete Instrumentarien ausgeschlossen werden kann, dass eine solche Zwangsabgabe auf die Österreicherinnen und Österreicher abgewälzt wird. Zeitlich soll eine solche solange von Bestand sein, bis eine europa- bzw. weltweite Transaktionssteuer samt „Abwälzungsverbot“ verwirklicht wird.

 

Im Weiteren fordern wir eine gesetzliche Obergrenze für Managervergütungen, um insbesondere den explodierenden Bonuszahlungen entgegenzutreten. Gleichzeitig müssen die Bemessungssysteme der Vergütungen dahingehend geändert werden, dass primär sichere, langfristige Geschäftpolitiken entsprechend gewürdigt werden, nicht aber kurzfristige Gewinnoptimierungen.

 

Ebenfalls fordern wir darüber hinaus ein Eigenhandelsverbot für Banken und damit eine Reduzierung des Geschäftsfeldes auf die ursprünglichen „Kernaufgaben“. Dies scheint als entscheidender Schritt, um dem riskanten Gewinnstreben und damit einer Hauptursache der andauernden Krise entgegenzutreten.

 

Zugleich verlangen wir Verbote von Kreditderivaten bzw. von Weiterverkäufen sowie Rückkäufen von Krediten und Kreditrisiken, um die damit verbundenen Umgehungen der Eigenkapitalerfordernisse und die unüberblickbaren Maximierungen von Ausfallrisiken unmöglich zu machen.

 

Das BZÖ fordert darüber hinaus ein spezielles Banken-Insolvenzrecht, um geführte Konkurse zu ermöglichen. Dadurch soll zukünftig eine Alternative zu teuren Staatsrettungen geschaffen werden. Für ein solches Konzept spricht insbesondere auch der mögliche Folgeeffekt, dass die Masse der systemrelvanten Banken verringert werden könnte.

 

Aus Kontrollgesichtpunkten erscheinen im Besonderen weitergehende gesetzliche Mindestanforderungen bezüglich des Risikomanagements bzw. bezüglich von Risikobewertungssystemen von Banken unumgänglich. Darüber hinaus ist das gesamte Kontroll-Gesamt-System zu evaluieren und mögliche Fehlerquellen zu untersuchen, wobei im speziellen die genauen Aufgaben- und Kompetenzbereiche  von FMA und Notenbank zu überprüfen sind. Zu beleuchten sind dabei vor allem die Aufgabenbereiche unter dem Gesichtspunkt der derzeitigen personellen und kapitalmäßigen Ausstattung. Weiters ist dabei auch auf den Jahresbericht „Global Corruption Report 2009: Corruption and the private Sector“ des internationalen Antikorruptionsnetzwerkes „Transparency International“ Bedacht zu nehmen. So wurde beispielsweise an der FMA wegen mangelnder Unabhängigkeit von der Politik und damit verbundenen Effizienzschwächen Kritik geübt. Auch wurde die enge Verpflechtung von Politik und Bankensystem in Österreich angeprangert. Sodann wurden Bedenken wegen „auf politischen Überlegungen beruhenden“ Postenbestellungen bei der FMA geäußert, die die Unabhängigkeit und Effizienz dieser Kontrollbehörde“ minderten. Diesbezüglich schrieb das Korruptionsnetzwerk: „Die Fälle von MEL und BAWAG demonstrieren die Probleme und ineffizienten Seiten des österreichischen Bankenkontrollsystems ebenso wie die Beziehungen zwischen dem Bankensektor und der Politik.“ Insofern sind Besetzungsgrundsätze zu implementieren, die allein parteipolitisch geprägten Entscheidungen entgegenstehen bzw. das Erfordernis objektiver Prüfungstätigkeit in den Vordergrund stellen.

 

Nicht zuletzt sind die bestehenden Rotationsreglungen von Wirtschaftsprüfern von Banken entschieden zu verschärfen, um eine Stärkung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und Unbefangenheit der Prüfer herbeizuführen. Im konkreten ist eine externe Rotation zu fordern, wobei eine Rotationsfrist von vier Jahren angemessen erscheint. Zudem sollten die Prüfaufträge von einem unabhängigen Richter vergeben werden.

 

Außerdem sind Studien darüber durchzuführen, wie die bestehenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die die Verantwortungen von Geschäftsführen, Vorstands- und Aufsichtsratmitgliedern, etc. regeln, in der Praxis gehandhabt werden. Ein Schwerpunkt etwaiger Studien sollte dabei darauf basieren, ob die bestehenden Haftungsregelungen konstruktiv ausreichend erscheinen, um angemessen reagieren zu können. Zudem sind beispielsweise die aktuellen Besetzungsregelungen  von Aufsichtsratsposten - und Vorstandsposten zu überprüfen und nach möglichen Verbesserungsansätzen (z.B. Verbotsregeln für strafrechtlich einschlägig vorbelastete Bewerber) zu untersuchen.

 

Das BZÖ fordert auch eine genaue statistische Erfassung von Straftaten, die dem Bereich der Wirtschaftskriminalität zuzuordnen sind. Dies muss gleichermaßen für die polizeilichen, staatsanwaltlichen und gerichtlichen Statistiken gelten, um einen ausreichenden Überblick über die Erledigung derartiger Fallkonstellationen zu erlangen.

 

Nicht zuletzt sind die Mittel für Spezialstaatsanwaltschaften für den Bereich der Wirtschaftskriminalität zu erhöhen, um den typischerweise rechtlich und tatsächlich sehr komplexen Fallkonstellationen besser Rechnung tragen zu können. Zu begründen ist dieser Mehraufwand mit den überdurchschnittlich hohen Schäden, die im Bereich der Wirtschaftskriminalität verursacht werden.

 

Letztlich verlangt das BZÖ die Einführung gesetzlicher Grenzen bezüglich der Übernahme von Haftungen durch Länder, um insbesondere vergleichbar riesige Haftungen wie vom Land Kärnten zu vermeiden.

 

 

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden


Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, innerhalb der nächsten vier Monate die notwendigen Maßnahmen zu setzen bzw. dem Nationalrat Gesetzesvorschläge vorzulegen, durch die die folgend aufgelisteten Punkte umgesetzt werden:

 

- „Banken(straf)steuer samt Abwälzungsverbot“ bis zur Einführung einer Transaktionssteuer;

 

- Gesetzliche Obergrenzen für Managervergütungen und Bemessungssysteme, die primär sichere, langfristige Geschäftpolitiken fördern;

 

- Eigenhandelsverbot für Banken;

 

- Verbote von Kreditderivaten bzw. von Weiterverkäufen sowie Rückkäufen von Krediten und Kreditrisiken;

 

- spezielles Banken-Insolvenzrecht;

 

- weitergehende gesetzliche Mindestanforderungen bezüglich des Risikomanagements bzw. bezüglich von Risikobewertungssystemen von Banken;

 

- Evaluierung des gesamten Finanzkontrollsystems insbesondere hinsichtlich der Aufgaben- und Kompetenzbereiche von FMA und Notenbank unter Betracht der personellen und kapitalmäßigen Ausstattung sowie möglicher Verpflechtungen von Politik und Bankensystem und darauf gestützte Optimierungen des Systems;

 

- externe Rotation von Wirtschaftsprüfern von Banken mit einer Rotationsfrist von drei Jahren; Auftragsvergabe durch Richter;

 

- Studien betreffend der Handhabung der gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die die Verantwortungen von Geschäftsführen, Vorstands- und Aufsichtsratmitgliedern, etc. regeln und darauf gestützte Optimierungen;

 

- genaue statistische Erfassung der Erledigungen von Straftaten, die dem Bereich der Wirtschaftskriminalität zuzuordnen sind;

 

- Erhöhung der Mittel für die Spezialstaatsanwaltschaften im Bereich der Wirtschaftskriminalität und

 

- gesetzliche Grenzen bezüglich der Übernahme von Haftungen durch Länder.“

 

 
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss beantragt.

 

Wien, 29.01.2010