1014/A XXIV. GP

Eingebracht am 24.02.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANTRAG

gem. § 75 Abs. 1 GOG - NR

 

 

der Abgeordneten Gerald Grosz, Dr. Spadiut

und Kollegen

betreffend Ministeranklage gemäß Art. 143 i.V.m. Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG

 

Aufgrund des seit 14. August 2009 bekannt gewordenen lebensmittelbedingten Krankheitsausbruches Ausbruches mit Listeria monozytogenes SG 1/20a in einem Käse der Steirischen Erzeugerfirma Prolactal,ist es offenkundig geworden, dass der zuständigen Bundesminister für Gesundheit erhebliche Gesetzesverletzungen zu verantworten hat.

 

Noch nie in der demokratischen Geschichte der zweiten Republik war der tragische und offensichtliche Zusammenhang zwischen politischer Unfähigkeit und menschlichem Schicksal so sicht- und spürbar wie beim Krisenmanagement von SPÖ- Gesundheitsminister Alois Stöger diplomé im Zuge der Vorgangsweise rund um mit Listerien verseuchten Käse in Österreich.

 

Das Vertuschen, Täuschen und Tarnen seitens des Gesundheitsministers seit dem 14. August 2009 findet mit dem bekannt werde eines weiteren Todesfalles am 24. Februar 2010 eine tragische Fortsetzung. Auch ein weiterer Krankheitsfall wurde an diesem Tag bestätigt.  

 

Dieser Skandal, der mit heutiger Gewissheit den Tod von sieben Menschen und die sichere Erkrankung von vielen weiteren Personen zur Folge hat, offenbart skandalöse Zustände in der österreichischen Lebensmittelkontrolle, Lebensmittelkennzeichnung und einzigartige Schwächen im Krisenmanagement des Gesundheitsministers.

 

Juni und Juli 2009

Drei Menschen erkranken in Österreich an Listeriose, und Proben werden an das österreichische Referenzlabor in der AGES-MED geschickt.

 

Ø      Die Untersuchung dieser Listerienstämme findet damit im internationalen Referenzlabor des Gesundheitsministers in der AGES statt.

 

 

14. August 2009

Das Ergebnis des Referenzlabors des Ministers in der AGES ist eindeutig. Es handelt sich bei den drei Proben um ein und denselben Listerienstamm, Listera monocytogenes SG 1/20a, der als höchst krankheitserregend eingestuft wird und damit lebensgefährlich ist.


16. August 2009

Für den Bereich der AGES-MED ist es klar: Erkranken drei Patienten unabhängig voneinander an ein und demselben Keim und müssen in einem Krankenhaus behandelt werden, handelt es sich um einen Ausbruch oder eine sogenannte Meldung „Verdacht auf…“. Die Geschäftsstelle der Bundeskommission für Zoonosen im Gesundheitsministerium ist gemäß Zoonosen-Gesetz jetzt über den Ausbruch zu informieren. Dies unterbleibt vorschriftswidrig. Auch der Bundesminister für Gesundheit wird angeblich nicht informiert.

 

 

Ende August 2009

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen im Gesundheitsministerium sollte bereits laufen. Da es sich um einen bundesländerübergreifenden Ausbruch handelt, hätte der Gesundheitsminister zu diesem Zeitpunkt die Verpflichtung gehabt, in seiner Funktion als Minister für Lebensmitteluntersuchung aktiv zu werden:

 

1. Er hätte alle Bundesländer im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung auffordern müssen, sofort Schwerpunktkontrollen für Lebensmittel, in denen oft Listerien vorkommen, durchzuführen!

2. Er hätte sicherstellen müssen, dass diese Proben im Bereich Lebensmitteluntersuchung der AGES vorrangig untersucht werden!

3. Er hätte über seine Aufsichtsorgane im Haus, den Eigentümervertreter der AGES, und seine Aufsichtsräte sicherstellen müssen, dass die internen Kommunikationsstrukturen in der AGES zum Wohle der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten reibungslos verlaufen!

 

Ø      Stattdessen: Der Minister weiß angeblich nichts, tut aber jedenfalls nichts!

 

 

September 2009

Lediglich im Bereich der AGES-MED nimmt der Prozess der Ausbruchsabklärung über das Kompetenzzentrum für Infektionsepidemiologie ohne spezielle Anordnungen weiter seinen Lauf.

 

 

Oktober 2009

Der erste Todesfall, wie es sich erst viel später herausstellt. Der Grund dafür ist,  dass im zuständigen Referenzlabor aufgrund der falschen Risikoeinschätzung keine „Alarmstufe Rot“ herrscht und Listerienproben weiterhin nur einige von vielen sind und daher auch nicht vorrangig untersucht werden.

 

Ø      Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium meint weiters: 29. Oktober 2009: 1. Besprechung im Rahmen der Arbeitsgruppe. Festgestellt wurde, dass aufgrund der vorliegenden Informationen der Verdacht auf einen bundesländerübergreifenden Ausbruch gegeben sein könnte. Erhebungen im Lebensmittel- und Humanbereich werden veranlasst. Vorbereitungen der erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung des Ausbruches.

 

Das vollkommene Versagen bei der Risikobewertung und dem Risikomanagement trotz Information der Bundeskommission für Zoonosen wird daraus ersichtlich, dass selbst am 29.Oktober zwar interne Beratungen erfolgten und lediglich Erhebungen im bestehenden Proben- und Datenmaterial beginnen, jedoch keine Probenziehung über die mittelbare Bundesverwaltung im Bereich Lebensmitteluntersuchung veranlasst wurde. Auch der zuständige Bereichsleiter im Ministerium Ulrich Herzog erklärt im Jänner dazu, er wäre selbst erst am 22. Jänner 2010 über diese Angelegenheit informiert worden.


Da auch die Bestätigung des ersten Todesfalles mit dem Listerienstamm Listera monocytogenes SG 1 /20a im Referenzlabor des Gesundheitsministers im Oktober erfolgt ist, hätte  spätestens zu diesem Zeitpunkt eine ordentliche Information der Bevölkerung durch das Gesundheitsministerium erfolgen müssen und aus fachlicher Sicht auch jederzeit erfolgen können, aber nichts ist geschehen!

 

 

November 2009

Bei den darauf folgenden weiteren 9 Kranken, bei denen der Keim ebenfalls isoliert wurde kam es im November zum nächsten Todesfall.

 

Ø      Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium meint dazu nur mehr kryptisch: 12. 11.2009: Beauftragung der AGES mit der Ausbruchsabklärung durch die Bundesländer.

 

 

Entgegen der Definition des Tätigkeitsbereiches der BKZoon, die insbesondere die organisatorische Abwicklung der interdisziplinären Zusammenarbeit im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen regeln soll, wird auch hier erneut lediglich intern der MED Bereich der AGES über die Bundesländer angewiesen auf medizinischer Ebene eine Ausbruchsabklärung zu versuchen. Der Lebensmittelbereich liefert nach wie vor nur Daten aus der normalen Probenziehung und aus bereits bekannten Proben zum Vergleich. Bis zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens im Jänner 2010 ist im Bereich der AGES Lebensmitteluntersuchung keine einzige Probe untersucht worden, die im Zusammenhang mit einer versuchten Ausbruchsabklärung im Lebensmittel-Bereich extra dafür gezogen wurde!

 

 

Ende November 2009

Statt der Lebensmittelkontrollorgane in den Bundesländern werden Ärzte zu Detektiven. Wie von den AGES Experten in den Medien betont, wurden zwar nicht die zuständigen Lebensmittelbehörden aktiv, dafür machten sich Ärzte der AGES bei Patienten und Verwandten von Patienten auf die Suche nach Kassabons und Verzehrsgewohnheiten. Parallel dazu werden die Geschehnisse zwischen Medizinern aus Deutschland und Medizinern aus Österreich bereits fachlich diskutiert.

 

Die Ausbruchsabklärung in nur einem von drei relevanten Gesundheitsbereichen (Medizin, Lebensmittel und Veterinär) zu belassen bedeutet zu diesem Zeitpunkt eine Verharmlosung der Situation, die ihresgleichen sucht!

 

Ø      Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium weiß dazu zu berichten: 19.11.2009: Erster zusammenfassender Bericht der AGES (Wien, Steiermark, Salzburg, Niederösterreich und Kärnten). Im Rahmen des bundesländerübergreifenden Ausbruchs wurden bis zu diesem Zeitpunkt 9 gesicherte und zwei wahrscheinliche Ausbruchsfälle identifiziert. Bis dato wurden keine Todesfälle festgestellt. Eine Hypothese bezüglich lnfektionsquelle liegt noch nicht vor. Weitere Vorgangsweise: Erhebung verzehrter Lebensmittel, Ess- und Einkaufsgewohnheiten durch Fall Interviews und Auswertung der Einkaufsbelege.

 

Ø      Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 23.11.2009: Erste Bestätigung eines Listeriose- Todesfalles.


Ø      Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 25.11.2009: Zweiter Wochenbericht der AGES. Bisher 9 gesicherter und ein wahrscheinlicher Ausbruchsfall. Eine Hypothese bezüglich lnfektionsquelle liegt noch nicht vor. Erster Abgleich von Patientenisolaten mit ca. 600 Lebensmittelisolaten: Drei verschiedene verdächtige Lebensmittelproben. Weiterführende Abklärungen sind im Gang.

 

 

Dezember 2009

Laut Fachartikel der medizinischen Fachexperten, die den Listeriose-Ausbruch dokumentiert  haben, publiziert am 4. Februar 2010, in der europäischen Datenbank „Eurosurveillance“,  sind in diesem Monat die nächsten Todesfälle zu beklagen.

 

Ø      Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium erklärt: 22.12.2009: Die ersten Kassenbons von 2 Patienten sind eingetroffen. Abwarten der Ergebnisse aus Kassenbon- Auswertung.

 

Ø      Der Minister weiß angeblich noch immer von nichts.

 

 

13. Jänner 2010

Es ist anzunehmen, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt informell auch Landwirtschaftsminister Berlakowich bescheid wusste, denn das Informationspapier des Ministeriums führt aus:

 

Ø      Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 13.01.2010: Erste Probenziehung durch die Lebensmittelaufsicht der Steiermark im verdächtigen Betrieb.

 

 

15. Jänner 2010

Die Vertuschung geht weiter: Der Fall hätte - ginge es nach Minister Stöger - nie die Öffentlichkeit erreicht.

 

Ø      Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium sagt klar und deutlich: 15.1.2010: Telefonische Mitteilung der AGES: Quelle mit großer Wahrscheinlichkeit identifiziert; Gespräche mit Sanitätsbehörde Steiermark laufen; schriftlicher Bericht für Mitte kommender Woche angekündigt

 

Ø      Der Minister weiß von nichts.

 

Allerspätestens jetzt hätte zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten eine öffentliche Warnung des Ministeriums vor den Produkten, eine offizielle Rückholaktion des Ministeriums, eine Räumung der Regale und eine Warnung an das „Rapid Alert System for Food and Feed“ an die Europäische Kommission erfolgen müssen.

Der Gesundheitsminister hat zu diesem Zeitpunkt auch risikobasiert offiziell alle erforderlichen Informationen in der Hand um Maßnahmen zu setzen. Aber er tut nichts!

Für jeden Patienten, der sich ab diesem Tag infiziert hat, ist der Minister damit jedenfalls persönlich zur Verantwortung zu ziehen!

 

 

19. Jänner 2010

Ab diesem Zeitpunkt wollen Interessenvertreter in den beiden Ministerien Gesundheit und Landwirtschaft offensichtlich ganze Arbeit vollbringen. „Wirtschafts- und fälschlicherweise landwirtschaftsschonend“ soll der Fall offensichtlich still und leise abgehandelt werden.


Ø      Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium meldet dazu: 19.1.2010: Vertrieb der Ware von Herstellerbetrieb eingestellt.

 

Ø      Der Minister weiß angeblich immer noch nichts.

 

 

20. Jänner 2010

Zu dem Datum 20. Jänner 2010 wehrt sich Deutschland gegen diese Vorgangsweise der österreichischen Behörden und kritisiert Österreich in den Medien scharf mit den Worten: „Nach einer Recherche der Verbraucherrechtsorganisation „Foodwatch“ lag der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES zumindest am 20. Januar 2010 ein Bericht vor, der diesen Zusammenhang zweifelsfrei darstellt“.

 

Ø      Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium gibt dem Recht: 20.1.2010: Bericht der AGES zum bundesländerübergreifenden, lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch liegt vor

 

Ø      Der Minister weiß angeblich immer noch nichts.

 

21. Jänner 2010

Fünfeinhalb Monate nach der so genannten Meldung „Verdacht auf…“ bekommt eine österreichische Lebensmittelaufsichtsbehörde den ersten Auftrag Erhebungen durchzuführen: 

 

Ø      Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 21. 1. 2010: Beauftragung der Steiermärkischen Lebensmittelaufsichtsbehörde zu weiteren Erhebungen (Vertriebsschienen, Mengen, Zeitpunkte).

 

Ø      Der Minister weiß angeblich immer noch nichts.

 

 

22. Jänner 2010

Die Deutsche Organisation „Foodwatch“ überführt Österreich des Verbreitens von Halbwahrheiten und lässt über die Medien ausrichten: „Am Freitag, den 22. Januar, stellt die AGES eine Warnmeldung ins Schnellwarnsystem der EU, mit der vor den listerienbelasteten Produkten gewarnt wird. Dass diese Produkte eindeutig Ursache für die Todesfälle in Österreich waren, geht daraus nach Angaben der deutschen Behörden nicht hervor. Zudem wurde die Keimbelastung der Lebensmittel in der AGES-Meldung offenbar fälschlicherweise als extrem niedrig angegeben.

 

Ø      Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 22. 1.2010: Meldung über RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) an die Europäische Kommission.

 

Ø      Der Minister weiß von nichts.

 

 

23. Jänner 2010

Erst der Zwischenhändler Lidl macht am 23. Jänner mit einer Rückrufaktion auf die Sache aufmerksam und verweist gegenüber der APA darauf, dass der Käse aus dem Handel genommen wurde. Nicht einmal als der gesamte Ausbruch bereits als restlos aufgeklärt betrachtet werden kann, hat das Ministerium vor, die Öffentlichkeit zu informieren, denn es erfolgte keine Information seitens des Ministeriums in irgendeinem Medium.

Das Ministerium versucht die weitere Informationspolitik generell auf die Firmen LIDL und Prolactal abzuschieben, die Wahrheit über die Toten ist noch immer kein Thema!


Die deutsche Organisation „Foodwatch“ lässt Österreich dazu ausrichten: Am Samstag, den 23. Januar veröffentlichte Lidl eine Erklärung, in der Käufern der Produkte "Reinhardshof, Harzer Käse, 200g" und "Reinhardshof, Bauernkäse mit Edelschimmel, 200g" empfohlen wird, diese "aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes" nicht zu verzehren.

 

Ø      Der letzte Punkt im Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium besagt: 23. 1.2010: Rücknahme vom Markt, Information der Öffentlichkeit durch Herstellerbetrieb

 

Das offizielle Gesundheitsministerium behauptet am 15. Februar, erst genau ab diesem Tag informiert worden zu sein. Ulrich Herzog, Bereichsleiter Verbrauchergesundheit im Gesundheitsministerium, erklärt gegenüber der APA, er wisse erst seit dem 23. Jänner von Listerien in Käse und hätte „nichts machen können“.

 

4. Februar 2010

Alle in der EU wissen es, nur nicht die österreichische Bevölkerung: Bereits am 4. Februar 2010 erscheint ein Fachartikel der medizinischen Fachexperten, die den Listeriose-Ausbruch dokumentiert haben, auf der Website des europäischen Fachjournals  "Eurosurveillance", der bereits den gesamten Werdegang der Analyse aller Fakten zum Listerienskandal enthält - allerdings ohne namentliche Benennung von Hersteller und Käsesorte.

 

 

15. Februar 2010

Das BZÖ deckt den Skandal auf: Die Tatsache, dass an dem Käse der steirischen Firma bis Ende 2009 sechs Menschen verstorben waren, war erst am Montag, den 15. Februar, der Öffentlichkeit und da nur auf Druck von Reportern aufgrund der Aufforderung des BZÖ, der Minister möge hier aktiv werden, bekannt geworden.

 

 

15. Februar 2010

APA: Den Vorwurf seitens des BZÖ, dass es vom Gesundheitsministerium keine Warnung gegeben habe, weist der zuständige Bereichsleiter für Verbrauchergesundheit Mag. Herzog zurück: "Wovor hätten wir vor dem 23. Jänner warnen sollen, wenn die Ursache nicht bekannt ist?" Außerdem habe die Firma selbst gewarnt, somit sei dies nicht mehr Aufgabe des Ministeriums.

 

Mit dieser Aussage erteilt das Ministerium sich selbst eine Absage an die eigene Kompetenz die es seit dem Bekannt werden des Skandals so verzweifelt vorgibt zu besitzen.

 

 

16. Februar 2010

Als ich informiert worden bin, haben wir auch die Öffentlichkeit informiert", erklärte Stöger vor dem Ministerrat am 16.2.2010 gegenüber der APA. Wann und wie diese Information erfolgte, vermochte der Minister auf Nachfrage von Reportern aber nicht zu konkretisieren.

 

 

Folgende Beilagen:

Medizinische Fachartikel Eurosurveillance

Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium

 


 

 


 


 


 


 
Die Zoonose-Richtlinie, die Zoonosen-Verordnung, das Zoonosen-Gesetz und die Geschäftsordnung der Bundeskommission zur Überwachung von Zoonosen (BKZoon) bilden die rechtliche Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und dem Gesundheitsministerium.

 

Eindeutiges Ziel der Überwachung der Zoonose Situation in Österreich durch die BKZoon ist die Datenerfassung und Abklärung lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche und deren Zusammenführung im CC INFE (= Kompetenzzentrum für Infektionsepidemiologie) der AGES. Die Geschäftsstelle der BKZoon wurde dabei im Gesundheitsministerium eingerichtet.

 

Der Tätigkeitsbereich der BKZoon beinhaltet dabei insbesondere die organisatorische Abwicklung der interdisziplinären Zusammenarbeit im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen. Dazu kann diese, durch Beschluss, zur zielgerichteten Bearbeitung einzelner Sachgebiete Arbeitsgruppen unter Vorsitz eines Mitgliedes der BKZoon einsetzen.

 

Der Arbeitsgruppe der bundesländerübergreifenden lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen bei Meldung eines „Verdacht auf…“ kommt dabei eine besondere Rolle zu, da hier immer im „Bereich B, Verbrauchergesundheit“ des Gesundheitsministeriums

 

 

Die verpflichtende Kommunikation, die dabei erfolgen muss, definiert das Gesundheitsministerium nach eigenen Angaben folgendermaßen:


 

 

Der Artikel des europäischen Journals für Infektionskrankheiten „Eurosurveillance“ vom 4. Februar 2010 berichtet, dass das bi-nationale österreichisch-deutsche Referenzlabor für Listerien in Wien am 14. August 2009 das Auftreten eines neuen menschlichen Isolates von Listeria Monozytogenes festgestellt hat. Es handelt sich dabei um die ersten Erkrankungsfälle der Monate Juni und Juli im Jahr 2009.

 

 

Im Zusammenhang mit einem lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch, hervorgerufen durch Listeria monozytogenes SG 1/20a in einem Käse der Steirischen Erzeugerfirma Prolactal, war der Minister nicht in der Lage, das gesetzlich erforderliche Risikomanagement im Sinne der österreichischen Bevölkerung umzusetzen.

 

Bereits seit dem 14. August 2009 sind den - gemäß Zoonose-Gesetz zuständigen - Einrichtungen im Gesundheitsministerium die entsprechenden Daten der AGES vorgelegen, wonach drei Personen im Juni und Juli an ein und demselben Bakterienstamm erkrankt waren. 

 

Ab diesem Zeitpunkt bis zum Bekanntwerden des Skandals am 23. Jänner, in Form der Rückrufaktion eines Zwischenhändlers, hat zwischen den zuständigen Personen im Verantwortungsbereich des Gesundheitsministeriums keine effektive Risikobewertung und kein ausreichendes Risikomanagement stattgefunden. Die im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung anzusprechenden Lebensmittelbehörden wurden seitens des Gesundheitsministers trotz der Gefährlichkeit der Listeriose weder informiert noch angewiesen, diesen Verdachtsfällen auf den Grund zu gehen.

 

Das dokumentieren eindrucksvoll:


 

Spätestens am 15. Jänner  dieses  Jahres war aufgrund der telefonischen Vorinformation der  Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und den Todesfällen dann "für jeden Blinden" im fachzuständigen Gesundheitsministerium zu erkennen. Anstatt die österreichische Bevölkerung zu warnen und die betroffenen Lebensmittel auf Ministerweisung aus den Regalen räumen zu lassen hat es der zuständige Gesundheitsminister Alois Stöger jedoch vorgezogen, der Firma das Krisenmanagement zu überlassen.

 

Am 16. Februar erklärt Minister Stöger vor dem Ministerrat, dass er selbst erst gerade von dem Listerienskandal erfahren habe, dass jedoch von Seiten des Ministeriums gewarnt und alles in die Wege geleitet wurde, jedoch nichts ist geschehen. Bis zum heutigen Tag erfolgte weder eine öffentliche Information noch eine Warnung der Bevölkerung noch ist auf der Homepage des Ministeriums eine solche auch nur abrufbar. Vielmehr brüstet sich das Gesundheitsministerium dort nur, dass die Aufklärung der Quelle binnen dreier Monate gelungen sein soll, ohne die gefährlichen Produkte auch nur zu nennen. Lichte der hier bereits genannten Fakten und Ereignisse zwei Möglichkeiten in Betracht:

 

Zum ersten die katastrophale Erkenntnis, der Gesundheitsminister habe tatsächlich keine Ahnung von den Vorgängen in seinem Ressort, was bedeutet, dass der Minister selbst in einem Krisenfall mit sieben Toten nicht in der Lage ist, den Vollzug der eigenen Gesetze oder die Einrichtung tragfähiger Kommunikationsstrukturen im eigenen Haus sicherzustellen.

Zum zweiten die vollkommene politische Unfähigkeit und koalitionäre Schwäche des SPÖ-Gesundheitsministers, für den es offensichtlich eine unüberbrückbare Schwerarbeit darstellt, sich im eigenen Bereich der Lebensmitteluntersuchung gegenüber der Wirtschaft und der Landwirtschaft  durchzusetzen.

 

Ein faktisch nicht vorhandenes Krisenmanagement des zuständigen Gesundheitsministers Alois Stöger diplomé hat hier nicht nur menschliche Tragödien ausgelöst, sondern auch dem Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die österreichische Lebensmittelsicherheit schweren Schaden zugefügt. 
 
Der Minister hat nicht nur im Krisenmanagement versagt sondern auch gezeigt, dass ihm die Überwachung und das strategische Management entlang der Lebensmittelkette gänzlich fremd sind. 
 
Die Listeriose ist eine durch Bakterien der Gattung Listeria verursachte Infektionskrankheit und  kommt beim Menschen vor allem bei Schwangeren und deren ungeborenen Kindern, sowie bei Neugeborenen, bei alten Menschen und bei Menschen mit einer abgeschwächten Immunabwehr (AIDS-Patienten, immungeschwächte Menschen) vor. Die Zahl der Listeriosen beim Menschen als Folge von Lebensmittelinfektionen – mit teils tödlichem Ausgang – ist in den letzten Jahren in Europa angestiegen. 
 
Das klinische Bild der Listeriose ist sehr variabel und hängt vor allem vom befallenen Organsystem ab. Daher ist die Erkrankung klinisch nicht sicher festzustellen, weshalb eine adäquate Behandlung mit wirksamen Antibiotika häufig zu spät erfolgt. Bei Lebensmittelinfektionen treten beim Menschen im Regelfall zunächst Durchfall und Bauchschmerzen auf. Am häufigsten entwickeln sich im weiteren Verlauf bei Mensch und Tier infolge einer Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute zentralnervöse Störungen wie Lähmungen, Zittern, Körperfehlstellungen und Benommenheit. Bei Schwangeren und trächtigen Tieren kann es zu Fehlgeburten, Absterben des Fötus oder schweren Neugeboreneninfektionen (Septikämien) kommen. Schließlich kann sich eine Listeriose auch als lokale Wundinfektion sowie als Entzündung der Binde- und Hornhaut manifestieren.
 
Das größte Problem der Therapie ist, dass kaum rechtzeitig eine sichere Diagnose gestellt werden kann. Listeria monocytogenes ist zwar empfindlich gegenüber vielen Antibiotika wie Ampicillin, Amoxicillin, Erythromycin, Gentamicin und Sulfonamiden, aufgrund der unklaren Symptomatik beginnt die Behandlung aber häufig zu spät. Ein weiteres Problem der Therapie ist, dass der Erreger fakultativ intrazellulär vorkommt, wo er für einige Antibiotika nicht angreifbar ist. Darüber hinaus sind die Patienten in der Regel immungeschwächt, so dass körpereigene Abwehrmechanismen die medikamentelle Therapie nur unzureichend unterstützen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Gemäß Art. 143 i.V.m. Art. 142 Abs. 2 lit B-VG erhebt der Nationalrat Anklage gegen

 

Bundesminister Alois Stöger diplomé

wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs.1 StGB, schwerer Körperverletzung gemäß § 84 Abs. 1 und 2 StGB, Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen gemäß § 85 StGB bzw. Körperverletzung mit tödlichem Ausgang gemäß § 86 StGB

 

weil  er  durch die Nichteinhaltung des gesetzlich erforderlichen Risikomanagements im Zusammenhang mit einem lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch, hervorgerufen durch Listeria monozytogenes SG 1/20a in einem Käse der Steirischen Erzeugerfirma Prolactal, gemäß Zoonose-Gesetz in seinem eigenen Haus und seinen nachgeordneten Einrichtungen, Körperverletzung mit tödlichem Ausgang in zumindest sieben Fällen sowie bei ca. 15 Personen Körperverletzung, schwere Körperverletzung oder Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen zu verantworten hat

 

und beantragt seine Verurteilung durch den Verfassungsgerichtshof.

 

Mit der Vertretung der Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof wird gemäß § 72 Abs.

2 VfGG der Abgeordnete zum Nationalrat Gerald Grosz beauftragt."

 

 

Es wird ersucht, diesen Antrag dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, am 24. Februar 2010