1037/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 24.03.2010
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde

 

betreffend neue Kohlekraftwerke in Österreich verhindern

 

 

„Klimakiller Kohle“

Kohle ist jener Energieträger, bei dem für die gewonnene Energie am meisten Kohlendioxid (CO2) freigesetzt wird. Mit CO2-Emissionen von 750 bzw. 950 Gramm pro Kilowattstunde stoßen auch die neuesten Braun- und Steinkohlekraftwerke zwei bis dreimal soviel schädliche Klimagase aus wie moderne Gaskraftwerke. Darüber hinaus sind Kohlekraftwerke höchst ineffizient. Mit elektrischen Wirkungsgraden von 43 Prozent bis 46 Prozent lassen sie mehr als die Hälfte der erzeugten Energie ungenutzt verpuffen. Nicht zuletzt sprechen auch die ökologischen und sozialen Folgen des Bergbaus gegen die Kohle.

 

Angesichts einer durchschnittlichen Laufzeit von über 40 Jahren würden die derzeit weltweit in Planung oder Bau befindlichen Kohlekraftwerke einen hohen Sockel an klimaschädlichen CO2-Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts festschreiben. Die in der EU vereinbarten Klimaziele bis 2020 oder die vom Weltklimarat als erforderlich angesehene Senkung der Klimagasemissionen um 80 bis 95 Prozent bis 2050 sind so nicht erreichbar.

 

Darüber hinaus behindert der Neubau grundlastorientierter und unflexibler Kohlekraftwerke den zukunftsfähigen Umbau der Energieversorgung und die Stärkung der Energieeffizienz. Aus energie- und klimapolitischen Gründen muss die Stromversorgung künftig insbesondere auf dem Ausbau erneuerbarer Energien und ergänzender flexibler Mittel- und Spitzenlastkraftwerke basieren. Der Neubau von Kohlekraftwerken festigt dagegen die überkommene ineffiziente und klimaschädliche Energieinfrastruktur.

 

Wiederinbetriebnahme des Kohlekraftwerks Voitsberg wäre verantwortungslos

In Voitsberg plant die Firma A-Tec Industries, das 2006 aufgrund seiner Unwirtschaftlichkeit stillgelegte Braunkohlekraftwerk zu einem Steinkohlekraftwerk umzubauen und wieder in Betrieb zu nehmen. Der Widerstand gegen die Pläne ist groß. Die Bewohner von Voitsberg und Umgebung seit Jahren unter einer schlechten Luftqualität leiden. Voitsberg zählt zu den Bezirken mit der höchsten Feinstaubbelastung in Österreich und ist somit Feinstaubsanierungsgebiet. Durch die Schließung des Braunkohlekraftwerks ist der Feinstaubausstoß im Bezirk während der letzten Jahre zwar spürbar zurückgegangen, doch Spielräume bei der Luftqualität sind keineswegs vorhanden. Heuer wurde der 25. Tag von 25 erlaubten Feinstaub-Tagesmittelwert-Überschreitungen in Voitsberg bereits erreicht. Eine Wiederinbetriebnahme des Kohlekraftwerks würde daher gegen die IPPC-Richtlinie und gegen die Luftqualitätsrichtlinie verstoßen.

 

Auch aus klimapolitischer Sicht wäre die Wiederinbetriebnahme von Voitsberg verantwortungslos. Österreich kann sich angesichts seiner aktuellen Klimabilanz kein weiteres Kohlekraftwerk leisten. Das geplante Steinkohlekraftwerk Voitsberg würde die heimische Klimabilanz mit knapp zweieinhalb Millionen Tonnen CO2 mehr massiv weiter belasten. Die Bundesregierung steht wegen ihrer Klimapolitik auch innerhalb der Europäischen Union bereits heftig in der Kritik. Ganze hundert Millionen Tonnen CO2 liegt Österreich innerhalb der fünfjährigen Kioto-Phase von 2008 bis 2012 über seinem ursprünglichen Klimaziel.


In einem Beschluss vom 22.9.2009 bekennt sich der Landtag Steiermark zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Energieversorgung und spricht sich gegen das geplante Steinkohlekraftwerk in Voitsberg aus.[1]

 

Falsche Weichenstellung in der Energiestrategie

Etwa 12 % des Gesamtenergiebedarfs in Österreich wird derzeit durch Kohle gedeckt.[2] Die kürzlich präsentierte „Energiestrategie Österreich“ der Bundesregierung sieht einen Anstieg der Kohle am Endenergieverbrauch von derzeit 24,3 PJ (2008) auf 27,3 PJ bis 2020 vor. [3]

 

Der offenbar in der Energiestrategie vorgesehene Neubau von Kohlekraftwerken stellt die Klimaziele der Bundesregierung national wie international als völlig unglaubwürdig dar.

 

Sowohl für den Klimaschutz als auch für Sicherheit der Versorgung ist eine schnelle Abkehr von den Ideen der Vergangenheit notwendig. Zukunftsfähige Energieversorgung muss auf die sparsame Nutzung sauberer erneuerbarer Energien setzen. Kohle und Atom haben in einer nachhaltigen und risikoarmen Energieversorgung keinen Platz. Aufgabe der Bundesregierung ist es, in einer Energiestrategie für Österreich Szenarien zum schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energien vorzustellen. Das genaue Gegenteil ist leider geschehen.

 

Neue Kohlekraftwerke in Österreich verhindern

Einem zusätzlichen Kohlekraftwerk in Österreich muss eine Absage erteilt werden.  Die Bundesregierung muss sich stattdessen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für einen raschen Ausstieg aus der Kohlekraft in Österreich einzusetzen.

 

Durch die Festsetzung eines Mindestwirkungsgrads für Kohle- und Gaskraftwerke in Österreich wird ein neuer Standard für die Errichtung fossil befeuerter Kraftwerke geschaffen. Damit wird sichergestellt, dass nur noch besonders effiziente Kraftwerkstechnologien genehmigungsfähig sind und dass die Energieeffizienz des Kraftwerkbestands sukzessive verbessert wird. Dies führt zum einen zu einer Senkung des Verbrauchs energetischer Rohstoffe. Zum anderen werden die CO2-Emissionen verringert und Kapazitäten für die nach 2020 erforderliche weitere Absenkung der Klimagasfreisetzung geschaffen.

 

Ein Mindestwirkungsgrad von 58 Prozent für die Stromerzeugung stellt sicher, dass nur noch moderne Gas- und Dampf-Kraftwerke mit einem CO2-Ausstoß von etwa 365 Gramm je Kilowattstunde Strom gebaut werden können. Braun- und Steinkohlekraftwerke mit einem doppelten bis dreimal so hohen CO2-Ausstoß und einem maximalen Wirkungsgrad von 43 Prozent bzw. 46 Prozent wären hingegen nicht mehr genehmigungsfähig. Auf europäischer Ebene sollte außerdem bei der Überarbeitung der Emissionshandelsrichtlinie klargestellt werden, dass der Emissionshandel weitergehende nationale Klimaschutzregeln im Kraftwerksbereich nicht ausschließt. Dadurch wird der Weg zu einer direkten Regulierung des CO2-Ausstoßes von Kraftwerken im Interesse des Klimaschutzes geöffnet.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert,

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.



[1] Beschluss Nr. 1648 aus der 53. Sitzung der XV. Gesetzgebungsperiode des Landtages der Steiermark
vom 22.09.2009

[2] Umweltbundesamt: 8. Umweltkontrollbericht (2007)

[3] BMLFUW / BMWFJ: Energiestrategie Österreich (2010), S.11.