1054/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 23.03.2010
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dr. Strutz, Jury, Linder

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Anhebung der Strafrahmen bei Sexualdelikten

 

 

Täglich erschüttern neue Meldungen über Gewalt gegen und sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aufs Neue. Spitzenreiter bei diesem Negativrekord sind derzeit Meldungen über Missbrauchsfälle durch geistliche Würdenträger der römisch katholischen Kirche und hier vermehrt in deren Bildungseinrichtungen. Trotz der großen Zahl an öffentlich bekannten und gerichtlich verfolgten Fällen liegt jedoch die tragische Dunkelziffer weit höher und somit bleiben viele Opfer mit Gewalt und sexuellen Übergriffen an Leib und Seele allein gelassen – die Täter unangetastet.

Im Hinblick auf die offenkundig latente Gefahr für Kinder und Jugendliche, Opfer von Gewalt und/oder sexuellem Missbrauch zu werden, ist es als spätes Gebot der Stunde anzusehen, unverzüglich als Präventivmaßnahme aber auch zur Durchführung einer konsequenten Bestrafung der Täter eine entsprechende Anhebung der Strafunter- und Strafobergrenzen für strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung durchzusetzen. Beispielsweise ist die Strafuntergrenze des Vergewaltigungsdeliktes (§ 201 Abs.1 StGB) von 6 Monaten wie auch dieselbe Strafuntergrenze bei sexuellem Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person (§ 205 Abs. 1 StGB) als „Skandal“ festzumachen und als Armutszeugnis für das österreichische Rechtssystem zu deuten. Beim Delikt des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen, kann der „Kinderschänder“ beim „für den Täter günstigsten“ Strafurteil mit einer Freiheitsstrafe von nur 1 Jahr  rechnen, bei sexuellem Missbrauch von Unmündigen setzt diese Untergrenze erneut bei 6 Monaten an. Ein Änderungsbedarf ist offensichtlich.

Bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung beginnen nach geltendem Recht gemäß § 58 Abs. 3 StGB die Verjährungsfristen ab dem vollendeten 28. Lebensjahr zu laufen, wenn das Opfer zum Zeitpunkt der Tatbegehung minderjährig war. Eine nicht restlich befriedigende Regelung, wenn man die öffentlich diskutierte Problematik von zumeist verjährten Straftaten gegen ehemals Minderjährige vor Augen hat. Nachdem die Strafbarkeit des Täters durch die Verjährung erlischt und es keinen erkennbaren und „logischen“ Zeitpunkt für eine Anzeige eines sexuellen Übergriffes gibt, hat der Gesetzgeber unter Rücksichtnahme auf die Selbstbestimmung des Opfers und dessen zu setzende Schritte zur Verfolgung des Täters die Verjährungsfristen für Delikte nach dem 10. Abschnitt des Strafgesetzbuches abzuschaffen.

Die Einführung einer Anzeigepflicht bei begründetem Verdacht von sexuellem Missbrauch ist nicht nur im Sinne des möglichen Opfers sondern auch zur Verhinderung weiterer möglicher Übergriffe auf andere Kinder und Jugendliche im Umfeld der begründet verdächtigen Person geboten.

Desweiteren ist durch die Schärfung des geltenden Tätigkeitsverbotes in ein absolutes Berufsverbot im Bereich der Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung Minderjähriger für Personen, welche aufgrund einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer minderjährigen Person verurteilt wurden, die Sicherheit vor weiteren Übergriffen und Misshandlungen im Sinne der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Aktuell sieht der gegenständliche § 220b StGB eine für die Opfer weder begründbare noch zumutbare Unterscheidung in leichte und schwere Folgen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung des Opfers. Welche Person, wenn nicht das Opfer selbst, hat die Folgen eines solchen Übergriffs zu bewerten und damit zu leben. Der geltende § 220b StGB führt derzeit zu Tätigkeitsverboten von einem bis fünf Jahren, beziehungsweise auch zu Verboten auf unbestimmte Zeit. Nach Meinung der Antragsteller muss Personen, welche aufgrund der gegenständlichen strafbaren Handlungen verurteilt wurden, generell der weitere berufliche Umgang mit Minderjährigen untersagt werden, um jedwedes, von der verurteilten Person ausgehende Risiko für Kinder und Jugendliche auszuschließen.

Als weiteren, einschneidenden und notwendigen Schritt im Sinne des Schutzes der Gesellschaft vor triebgesteuerten Sexualstraftätern ist die Einführung der rechtlichen Voraussetzungen zur Durchführung chemischer Kastrationen durch Arzneistoffe in Österreich zu schaffen. Hierdurch soll der Gerichtsbarkeit ein weiteres effektives Straf- und Präventivinstrument in der Verurteilung von Straftätern aufgrund schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, sowie von Vergewaltigungs-Wiederholungstätern in die Hand gegeben werden. Beispielsweise findet sich eine ähnliche Bestimmung im deutschen Rechtssystem, welche es ermöglicht, dass auf Antrag und nach Prüfung durch eine Gutachterstelle ein Mann straffrei kastriert werden kann, wenn er unter einem abnormen Geschlechtstrieb leidet und entweder straffällig war oder dies zu werden droht.

Nach § 152 Abs. 2 des Strafvollzugsgesetzes ist derzeit selbst bei Delikten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung eine vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft möglich. "Vor jeder Entscheidung über die bedingte Entlassung eines wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung Verurteilten ist eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter einzuholen. Das Gericht hat dem Bundesminister für Inneres zur Vorbeugung und Verhinderung von mit Strafe bedrohter Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung mittels Analyse eine Ausfertigung oder Ablichtung dieser Äußerung zu übersenden.“ Auf Grundlage dieser Äußerung ist vom entsprechenden Gericht eine Entscheidung über das vorzeitige Freilassen des Sexualstraftäters zu fällen, welche jedoch leider nur zu oft in der Realität durch einen Rückfall des Straftäters in eine Wiederholungstat als nicht wieder gut zu machende Fehlentscheidung stehen bleibt. Jeder einzelne Rückfall eines Sexualstraftäters ist zu verhindern!

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachfolgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

"Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, im Hinblick auf die Sicherstellung der gerichtlichen Verfolgung und Verurteilung von Sexualstraftätern folgende Forderungen umzusetzen:

·        Anheben der Strafrahmen für Delikte nach dem 10. Abschnitt des StGB „Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung“,

·        Abschaffung von Verjährungsfristen für Delikte nach dem 10. Abschnitt des StGB „Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung“,

·        Einführung der Anzeigepflicht bei Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch und Gewalt,

·        Einführung eines absoluten Berufsverbotes für aufgrund einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer minderjährigen Person verurteilte Subjekte im Hinblick auf eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Tätigkeit in einem Verein oder einer anderen Einrichtung, welche dieser ausgeübt oder auszuüben beabsichtigt und welche die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließt,

·        Einführung der „chemischen Kastration“ als richterlich auszusprechende Möglichkeit einer ergänzenden Strafmaßnahme für rechtskräftig nach § 206 StGB (schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen) verurteilte Personen und für Wiederholungstäter, welche bereits einmal nach § 201 StGB (Vergewaltigung) verurteilt wurden,

·        Verbot der vorzeitigen Haftentlassung und bedingten Bestrafung von Sexualstraftätern"

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wir die Zuweisung an den Justizausschuss angeregt.