1160/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 20.05.2010
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Windholz, Ing. Lugar,

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Einführung wirkungsvoller Maßnahmen zur Bekämpfung der Produktpiraterie

 

Allgemeines:

 

Rechte des geistigen Eigentums stellen in der heutigen Wirtschaftswelt ein enormes Geschäftskapital, welches vermehrt Fälscher und Produktpiraten anzieht, die oft über reichliche Finanzmittel verfügen und mittlerweile wie gut organisierte und fachkompetente Unternehmer in industriellem Maßstab arbeiten.

Die Produktpiraterie fügt der Wirtschaft bereits massive Schäden zu und wird angesichts des immer breiter werden  Angebots an Fälschungen zu einem noch größerem Problem als heute. Neben den Luxusgütern die schon seit jeher gefälscht wurden, sind heute auch Massenkonsumgüter wie Lebensmittel und vor allem auch Medikamente als Zielscheibe der Produktpiraten betroffen. Durch nachgeahmte Medikamente sind Risiken für die Gesundheit und Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu erwarten.

 

Vollzugsorgan betreffend die Vollziehung der geistigen Eigentumsrechte im Verkehr mit Drittländern sind die Zollverwaltungen. Aufgrund der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 haben Sie bei der Ein- Aus- oder Durchfuhr von Waren tätig zu werden und diese Waren zurückzubehalten, wenn ein Piraterieverdacht besteht.

 

Zum Produktpirateriebericht 2009:

 

Die Zahl der vom Zoll im Jahr 2009 aufgegriffenen Sendungen mit Plagiaten hat mit 2.516 einen neuen historischen Höchststand erreicht.  Mit 416.263 gefälschten Artikeln wurde allerdings ein Rückgang gegenüber dem vorangegangenen Jahr um rund 200.000 Stück verzeichnet. Im Bericht wird dies dadurch erklärt, dass das Internet immer mehr als Verkaufsplattform für Fälschungen genutzt wird und dass die Sendungen immer kleinere Mengen an Pirateriewaren enthalten. Der Wert der beschlagnahmten Waren betrug 2009 mehr als 16 Mill. € (gemessen am Originalpreis) und lag damit deutlich unter dem Wert des Jahres 2008 von 83 Mill. €. Der Bericht sieht darin den seit längerem absehbaren Trend bestätigt, wonach die Fälscher ihre Aktivitäten heute weniger im Bereich der Luxusartikel ansiedeln, sondern immer stärker billigere Massenkonsumgüter im Visier haben. Bei den Ursprungsländern der Plagiate liegt China sowohl was die Anzahl der Fälle (64,08 %) als auch was die Anzahl der gefälschten Produkte (74,88 %) betrifft mit Abstand an erster Stelle. Insgesamt stammen mehr als 80 % der in Österreich beschlagnahmten Fälle aus dem asiatischen Raum.

 

Die größte Gruppe unter den Produktplagiaten stellen die gefälschten Medikamente dar – der Bericht spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem Boom bei Medikamentenfälschungen. So wurden im Jahr 2009 593 Sendungen mit insgesamt 27.095 Stück von den heimischen Zollbehörden beschlagnahmt. Dieser Rückgang gegenüber 2008 (783 Fälle mit 40.078 Fälschungen) ist für den Bericht ein Indiz, dass die Maßnahmen der Zollbehörden Wirkung zeigen, zumal die Fälscher bei der Verteilung der Medikamente auf die verstärkten Kontrollen reagieren und neue Wege suchen, die "Hürde" Zoll zu vermeiden. So würden Medikamentenplagiate nun in Großmengen an Verteilerzentren in EU-Staaten geschmuggelt und dann auf dem Postweg an die Endverbraucher gesandt. Die Hitliste der beschlagnahmten Arzneimittel wurde auch 2009 von Lifestylepräparaten, hauptsächlich Potenzmitteln, Diätpillen und Haarwuchsmitteln angeführt, nahezu 95 % der Medikamentenfälschungen stammten aus Indien.

 

Missstände:

 

Wie der Produktbericht anschaulich in Tabelle 19 darstellt mussten im Jahr 2009 von insgesamt 416.263 aufgegriffenen gefälschten Artikel 249.154 mangels Verfolgungshandlungen durch den Rechtsinhaber überlassen werden. Das sind rund 60 % der aufgegriffenen gefälschten Artikel, welche wieder in den Handel kommen. Dadurch werden die Konsumenten getäuscht und darüber hinaus auch in unmittelbare Lebensgefahr gebracht, zumal der Anteil der gefälschten Artikel im Bereich Medikamente boomt. Dieser Bereich der Aufgriffe im Medikamentenbereich ist jedoch nur ein kleiner Auszug dessen, was sich auf dem Schwarzmarkt befindet, auf welchen der Zoll keinen Zugriff hat. Auch dieser potentiellen Gefahr für Leib und Leben der Bürger ist mit entschiedenen Maßnahmen zu entgegnen. Der Grund für die hohe Anzahl der Überlassungen ist darin zu suchen, dass es sich bei den in Frage kommenden Delikten ausschließlich um Privatanklagedelikte handelt, die nur auf Antrag des Rechtsinhabers verfolgt werden.

Darüber hinaus ist dem Produktpirateriebericht 2009 – wie auch den Berichten der Jahre zuvor- zu entnehmen, dass es im Jahr 2009 keine Finanzvergehen nach § 7 PPG 2004 zu verzeichnen gab. Die Tatsache, dass es noch nie ein Finanzvergehen nach diesem Paragraphen gegeben hat, ist ein anschaulicher Beweis dafür, dass das Produktpirateriegesetz 2004 zahnloses und totes Recht darstellt.

 

Um der Produktpiraterie wirkungsvoll zu entgegnen fordern daher die Antragsteller eine Neuformulierung des finanzstrafrechtlichen Tatbestandes (anstelle des § 7 PPG 2004) sowie die Eingliederung dieses Tatbestandes in das Finanzstrafgesetz, welcher es erlaubt jede Handlung in Zusammenhang mit Produktpiraterie finanzstrafrechtlich zu verfolgen, angelehnt an die Bestimmungen betreffend Geldwäsche im Finanzstrafrecht. Des Weiteren wird eine Evaluierung des Produktpirateriegesetzes 2004 gefordert. In diesem Zusammenhang soll eine Umstellung der bisherigen Privatanklagedelikte in Offizialdelikte erfolgen um die Verfolgung jeder strafbaren Handlung zu optimieren. Darüber hinaus soll im Rahmen dieser Evaluierung auch Fälschungen vom Produktpirateriegesetz umfasst werden, welche innerhalb der EU hergestellt werden, auf die der Zoll derzeit noch keinen Zugriff hat. Zur effektiven Bekämpfung der Produktpiraterie durch die Zollbehörde soll zusätzlich im Bereich der bereits bestehenden Betrugsbekämpfungseinheiten eine eigene Sondereinheit (Produktpirateriebekämpfungseinheit) etabliert werden. Dieser Einheit ist eine spezifische Sonderschulung betreffend Fälschungserkennung angedeihen zu lassen, da die Erkennung von Plagiaten immer diffiziler wird. Nur auf diese Weise wird gewährleistet, dass die organisierte Kriminalität, welche sich hinter der Produktpiraterie verbirgt, offensiv bekämpft werden kann. Von der Evaluierung nicht umfasst sein soll die Toleranzgrenze im Bereich des Reiseverkehrs, solange damit keine gefälschten Medikamente in Zusammenhang stehen.

 

Letztlich und mit höchster Priorität ist auch gegen die lebensbedrohenden Medikamentenfälschungen vorzugehen, indem jede Fälschung die aufgegriffen wird eigens strafbar gemacht wird und diesbezüglich ein eigener Vergehenstatbestand im Strafgesetzbuch eingeführt wird.

 

 

 

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden 
 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
 
Der Nationalrat wolle beschließen:
 

„Das Bundesministerium für Finanzen wird ersucht, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, in welchem die nachfolgenden Forderungen bzw. Punkte berücksichtigt werden, welche wirkungsvolle Maßnahmen zur Bekämpfung der Produktpiraterie darstellen:

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss beantragt.

 

Wien, 20.05.2010