1300/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 20.10.2010
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Korun, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Inneres

 

Begründung

 

Bei der Leitung des Bundesministeriums für Inneres handelt es sich um eine höchstsensible Aufgabe, da durch die Kontrolle wesentlicher Teile des staatlichen Gewaltmonopols effiziente Verbrechensbekämpfung und die Wahrung der Grundrechte ebenso gewährleistet werden müssen wie der humanitäre Schutz verfolgter Menschen. Daher erfordert das Amt der Innenministerin neben Fachkompetenz auch ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein für Rechtsstaatlichkeit, differenziertem Denken, Achtung für Verfassung und Grundrechte, Problemlösungskompetenz aber auch Mitgefühl und Einfühlungsvermögen.

 

Der Umgang von Innenministerin Fekter mit den obengenannten Politikbereichen hat in den letzten Jahren immer wieder bewiesen, dass es ihr sowohl an fachlicher Kompetenz auf diesen Gebieten mangelt (so wurden wiederholt höchstgerichtliche Urteile ignoriert, verfassungswidrige Regierungsvorlagen erarbeitet und unsachliche/undifferenzierte Behauptungen aufgestellt), als auch jeglicher Wille zu einer differenzierten und angemessenen Sprache im Umgang mit diesen Themen fehlt.

 

Die jüngsten Geschehnisse rund um die Abschiebung integrierter Familien, wie den Zogajs, Karricas und Komanis, zeigt jedoch in schockierendem  Ausmaß die Unfähigkeit bzw. den Unwillen der Innenministerin, für eine menschenwürdige, rechtskonforme Behandlung von AusländerInnen zu sorgen. Im Gegenteil, durch immer härtere Vorgaben, wie das Füllen von Charterabschiebefliegern, setzt die Innenministerin ihre eigenen – weisungsgebundenen - BeamtInnen massiv unter Druck und verursacht damit menschenrechtswidriges Vorgehen bei Abschiebungen.


Unverhältnismäßiges Polizeivorgehen bei Abschiebungen

 

Die Abschiebung des Vaters August Komani und der achtjährigen Töchter Dorentina und Daniela erfolgte auf unangemessene, demütigende Weise: Am 6. Oktober 2010 standen uniformierte Polizeikräfte, darunter auch bewaffnete Wega-Beamte, mit einem Rammbock vor dem Haus in dem die Familie untergebracht war. Trotz Versicherung der Rechtsberaterin, dass die Familie bereit sei mitzukommen, ging um 6.50h ein ganzer Polizeitrupp samt bewaffneten Wega-Beamten in die Wohnung, in der die Familie lebte und nahmen die Zwillinge und ihren Vater mit. Den Kindern wurde nicht einmal erlaubt, ihre Teddybären einzupacken. Vater und Töchter wurden trotz der Kenntnis der Polizei davon, dass Frau Komani aufgrund eines psychischen Zusammenbruchs in eine Anstalt überstellt worden war, in dem Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände in Schubhaft gesteckt. Der verzweifelte Vater und die Kinder wurden psychisch nicht betreut. Am nächsten Tag wurden Vater und Töchter - noch bevor über die aufschiebende Wirkung des Asylfolgeantrags der Mutter entschieden worden war - kurzerhand abgeschoben. Mehrfache Appelle an die Innenministerin, dass eine solche Abschiebung unverhältnismäßig sei und die Familie auf unbestimmte Dauer auseinanderreiße, wurden von ihr ignoriert. Viel zu spät, nämlich erst nach einer herben Wahlniederlage und anhaltenden Protesten der Bevölkerung, sowie Kritik von MenschenrechtsexpertInnen an der vollkommen unverhältnismäßigen Vorgangsweise des Innenministeriums bei dieser Abschiebung (Schubhaft für Kinder, Auseinanderreißen der Familie, Traumatisierung der Kinder) reagierte die Ministerin.

 

Dies ist exemplarisch für die Vorgehensweise der Innenministerin, die  Abschiebungen auf Biegen und Brechen und oftmals mit unnötiger Härte durchführen lässt.  Die Abberufung des Chefs der Fremdenpolizei, Dr. Stortecky, aufgrund des Debakels diente dazu, ihre eigene Hardliner-Politik, die Fekter seit Jahren rhetorisch, aber auch faktisch in Bleiberechtsfällen verfolgt, angesichts der massiv gewordenen Kritik an der Menschenrechtswidrigkeit dieser Vorgehensweise zu schönen. Auch signalisiert es deutlich, dass die Innenministerin sich ihrer persönlichen Verantwortung für ihre Abschiebepolitik entzieht und sich an vollziehenden BeamtInnen, die ihr gegenüber weisungsgebunden sind, in der Öffentlichkeit abputzt.

 

Fekter bringt jedes Jahr Kinder und Jugendliche in Schubhaft

 

Die zwei achtjährigen Komani-Zwillinge sind unter Fekter nicht die ersten Kinder, die in Schubhaftzellen gesteckt werden. Noch 2009 hatte Fekter öffentlich behauptet, es gäbe keine Kinder in Schubhaft.  "Kinder unter 14 Jahren werden nicht in Schubhaft genommen", antwortete sie auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen, bis der Schubhaftfall des afghanischen Vaters Herrn R. mit seinen drei minderjährigen Kindern im Alter von vier, sieben und zehn (!) Jahren sie Lügen strafte. Konfrontiert mit dem Fall dieser Familie antwortete Fekter im Parlament: „Die Kinder sind nicht in Schubhaft, sie begleiten nur ihren Vater dorthin“!

 

Jährlich sitzen mindestens 180 Kinder und Jugendliche in österreichischen Gefängnissen in Schubhaft. Dass dies ein Verstoß gegen die Rechte des Kindes nach der UN-Kinderrechtskonvention darstellt hat Fekter bis zuletzt nicht davon abgehalten Schubhaft von Kindern als „Aufenthalt mit ihren Eltern“ zu behübschen. Das nun verlegenheitshalber konzipierte 6-Punkte Programm zur Kinderschubhaft kommt Jahre zu spät und ist ein Eingeständnis ihrer bisher rechtswidrigen Vorgehensweise.


Fekter weigert sich, Verantwortung für selbstgemachtes Chaos zu übernehmen

 

Am 18. Oktober 2010 ließ die Innenministerin verlauten, dass im Bleiberechtsverfahren der Familie Komani den Behörden tatsächlich ein gravierender Verfahrensfehler unterlaufen sei: Die Ablehnung des Bleiberechtsantrages von Frau Komani sei gar nicht zulässig gewesen. Dabei hat die Sicherheitsdirektion Oberösterreich, welche Fekter direkt unterstellt ist, selbst erst die Ablehnung verursacht: Sie erklärte die Ausweisung für zulässig, woraufhin die BH Steyr sich gezwungen sah, den Antrag abzulehnen. Fekters Schutzbehauptung, die Stellungnahme der Sicherheitsdirektion sei hierbei ohnehin nicht bindend gewesen und daher offiziell die Bezirkshauptmannschaft Steyr schuld an dem Abschiebungsdebakel soll die Folgen ihrer bisherigen Hardlinerpolitik auf untergebene Behörden abwälzen. Denn seit Jahren ist es gängige Behördenpraxis, dass die Stellungnahmen der Sicherheitsdirektion die Niederlassungsbehörde bindend sind.

 

Es existieren Bescheide des Innenministeriums, die zudem die Unrichtigkeit der Behauptung Fekters beweisen und eindeutig die Entscheidungshoheit der Sicherheitsdirektionen feststellen:„Zusammengefasst ist daher festzustellen, dass ihre Ausweisung […] zulässig ist, sodass sich die Sicherheitsdirektion im vorliegenden Fall ausdrücklich gegen die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung ausspricht. An diese Entscheidung sind die Niederlassungsbehörden gebunden“. (Bescheid des BMI, Sektion III/4 aus 2010)

 

Fekter wusste als Innenministerin daher sehr wohl von dieser Praxis, die zu zahlreichen Ablehnungen von Bleiberechtsanträgen führte. Erst nachdem der Abschiebeskandal um die Familie Komani die Öffentlichkeit erreichte,  bezeichnete sie diese Praxis plötzlich als rechtswidrig. Sie hat somit die „rechtswidrige“ Vorgehensweise ihrer Sicherheitsdirektionen bisher unwidersprochen hingenommen, ohne dagegen vorzugehen. Das bedeutet, dass tausende negative Bleiberechtsentscheidungen, die aufgrund negativer Sicherheitsdirektions-Stellungnahmen erfolgten, nun neu aufgerollt werden müssen, da sie aufgrund einer – von Fekter unterstützten – rechtswidrigen Entscheidungsfindung erfolgten. In Fekters Ministerium herrscht offensichtlich das blanke Chaos. Fremdenrechte werden je nach Bedarfslage der Ministerin beliebig ausgelegt und dabei von ihr in Kauf genommen, dass tausende bestens integrierte Menschen abgeschoben werden. 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesministerin für Inneres wird im Sinne des Art 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.