1323/A XXIV. GP
Eingebracht am 21.10.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Antrag und Verlangen
Verlangen auf Durchführung einer Gebarungsüberprüfung
§ 99 Abs 2 iVm § 26 GOG-NR
des Abgeordneten Mag. Stefan
und weiterer Abgeordnete
auf Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof gem. § 99 Abs. 2 GOG-NR
Die unterfertigten Abgeordneten verlangen
gemäß § 99 Abs. 2 GOG-NR die Durch-
führung einer
gesonderten Gebarungsüberprüfung hinsichtlich
des Beschaffungsvor-
ganges „Elektronische Aufsicht" samt der diesbezüglichen
Entscheidungen des Bun-
desministeriums für Justiz und der Bundesbeschaffung GmbH
unter besonderer Be-
rücksichtigung
des Umstandes, dass es zum Zeitpunkt der Ausschreibung dafür kei-
ne gesetzliche Grundlage gegeben hat.
Begründung
Der
Anfragebeantwortung 5797/AB XXIV. GP zur Anfrage 5845/J des Abgeordneten
zum Nationalrat Mag.
Harald Stefan war zu entnehmen:
Das
Vergabeverfahren für die zur
elektronischen Überwachung des Hausarrests er-
forderliche technische Ausstattung wurde im Hinblick auf die Komplexität des Verga-
begegenstandes in Form eines zweistufigen Verhandlungsverfahrens von der damit
beauftragten
Bundesbeschaffungs-GmbH (BBG) abgewickelt.
Die Teilnahmebedingungen sowie sämtliche
Ausschreibungsunterlagen dieses Ver-
handlungsverfahrens wurden am 3. Mai 2010 gemäß den
vergaberechtlichen Rege-
lungen im BBG-Online Portal veröffentlicht und waren
allgemein zugänglich. Es wur-
den folgende
acht Teilnahmeanträge gelegt:
1 G4S Security Systems GmbH
2 Serco Geografix Limited
3 PKE Electronics AG
4 Elmo-Tech Ltd.
5 SCHRACK SECONET AG
6 Siemens AG Österreich, Siemens IT Solutions and Services
7 Securitas Sicherheitsdienstleistungen GmbH
8 euromicron austria GmbH
Aus diesem Teilnehmerkreis wurden von einer Bewertungskommission entsprechend
den vorgegebenen Eignungskriterien (einschlägige Referenzen und eingesetzte
Qualitätssicherungssysteme) mit Elmo-Tech Ltd, G4S Security Systems GmbH und
euromicron austria GmbH die drei am besten geeigneten Bieter ausgewählt und am
18. Juni 2010 zur ersten Angebotslegung bis 5. Juli 2010 eingeladen.
Am 8., 9. und 12. Juli 2010 fanden Verhandlungen mit den drei Teilnehmern statt,
die daraufhin in einer zweiten Angebotsrunde zur Legung weiterer Angebote bis
27. Juli 2010 eingeladen wurden.
Daran schloss sich eine weitere Verhandlungsrunde am 30. Juli 2010 an und die
Teilnehmer wurden zur Abgabe weiterer Angebote bis 6. August 2010 eingeladen.
Alle drei zur Teilnahme eingeladenen Anbieter sind dieser Einladung fristgerecht
nachgekommen.
Parallel zum Vergabeverfahren wurden die von den drei Teilnehmern angebotenen
Systeme durch die Vollzugsverwaltung intensiven Testungen unterzogen. Neben der
Funktionalität und der praktischen Handhabung galt
diese Überprüfung auch der
Frage, ob die in der Ausschreibung
definierten Muss-Kriterien erfüllt werden.
Nach Öffnung der Angebote wurden diese unter
Heranziehung der Berichte über die
Ergebnisse der Praxistests durch eine Bewertungskommission insbesondere
im
Hinblick auf die formale Erfüllung der
Ausschreibungsbedingungen und Mindestan-
forderungen (Muss-Kriterien) geprüft und bewertet.
Auf dieser
Grundlage empfahl die gesetzliche Vergabekommission, bestehend aus
zwei Mitarbeitern der BBG (Kommissionsvorsitzender und stv.
Vorsitzender), einem
Bediensteten des Bundesministeriums für Justiz
(der Leiter der Fachabteilung
„Strafvollzug"), dem Leiter der Sicherheitsabteilung
in der Vollzugsdirektion, einem
Experten aus dem Vorprojekt sowie einem EDV-Techniker, zwei der Angebote we-
gen objektiver Nichterfüllung der von
vornherein festgelegten (technischen) Muss-
Kriterien auszuscheiden und dem verbleibenden Anbieter den Zuschlag zu
erteilen.
Die
Ausscheidungsgründe betrafen unter anderem
Reichweitenprobleme bei der
Kommunikation zwischen Basisstation und
elektronischer Fußfessel, zu kurze
Akku-
laufzeit der
Fußfessel, Mängel bei der Manipulationsabwehr und Mängel bei der
Festlegung des Aufsichtsprofils.
Daraufhin hat die Republik Österreich, vertreten durch das
Bundesministerium für
Justiz, die BBG beauftragt bekanntzugeben,
dass nach Prüfung der Angebote
zwei
der drei eingelangten Angebote auszuscheiden seien, weil sie die
Anforderungen in
einzelnen Punkten nicht erfüllen, und dem dritten
Anbieter- die Elmo-Tech Ltd. -
der Zuschlag erteilt werden soll. Damit wurde die Stillhaltefrist nach
dem Bundesver-
gabegesetz
ausgelöst, für den Fall deren Verstreichens die
Zuschlagserteilung
rechtswirksam wird.
Die letztlich
entstehenden Kosten für die elektronische Überwachung
durch die an-
gebotenen Systeme werden maßgeblich durch die
Anzahl der in der elektronischen
Überwachung befindlichen Personen bestimmt werden, sodass
abschließende An-
gaben dazu noch nicht erfolgen können.
Die sich aus
mehreren fixen Positionen (umfassend die Projekteinmalkosten für die
Inbetriebnahme inkl. aller spezifischen Anpassungen, allfällige zusätzliche
monatli-
chen Sonderkosten) und aus nach der Anzahl abgerufener Überwachungssysteme
variablen Komponenten zusammensetzenden Kosten (umfassend das nach dem
Durchschnittsstand der laufend elektronisch überwachten
Personen gestaffelte Ent-
gelt für die Bereitstellung des benötigten
Equipments auf Mietbasis, die Bereitstel-
lung des 2nd Level Supports, des 3rd Level Supports und der
Providerkosten für die
Bereitstellung der benötigten SIM-Karten
und Übernahme der Kommunikationskos-
ten für den Daten- und Sprachverkehr) würden sich für die von
den drei Anbietern
angebotenen Lösungen umgerechnet
auf eine Menge von laufend dreihundert in Be-
trieb befindlichen Überwachungssystemen
(Fußfesseln) und eine Vertragsdauer von
drei Jahren auf folgende Nettobeträge pro Tag
und überwachte Person belaufen:
G4S Security Systems GmbH 2,80 Euro
Elmo-Tech Ltd. 4,85 Euro
euromicron austria GmbH 3,91 Euro
Anzumerken ist dazu, dass die
Preisgestaltung der Anbieter aufgrund des Verlaufs
des Vergabeverfahrens und des Ausscheidens
zweier Anbieter wegen Nichterfüllung
von Ausschreibungsbedingungen ohne Einfluss auf die Vergabeentscheidung blei-
ben musste. Für den Fall, dass mehr als ein Anbieter bis
zuletzt im Vergabeverfahren
verblieben wäre, wäre der
sogenannte Angebotspreis lediglich mit 50% in die Ange-
botsbewertung
eingegangen; die weiteren Kriterien waren die Qualität (Güte der Lö-
sung), die Höhe der zugesagten Pönale und die
Möglichkeit einer Erweiterbarkeit auf
GPS-Funktionalität.
In
qualitativer Hinsicht hätte der einzige bis
zuletzt im Vergabeverfahren verbliebene
Bieter, der auf Referenzprojekte unter anderem in Deutschland,
Frankreich und der
Schweiz verweisen konnte, sowohl unter den Anwenderfreundlichkeits- als
auch un-
ter dem Sicherheitsaspekt die besten Bewertungen erzielt.
Die Zeitung Heute berichtete am 19.08.2010 folgendes:
„Fußfessel-Kauf: Teurer Hersteller mit Mängeln
Wie „Heute" berichtete, entschied sich das Justizministerium für die teuerste
Variante der Fußfesseln und wählte einen US-Konzern für das Projekt aus. Die
beiden Mitbieter aus England und Deutschland schieden unter anderem mit der
Begründung aus, ihre Fußfesseln würden technische Mängel aufweisen.
Im Testbericht vom 13. August 2010 wird auf Mängel des Geräts hingewiesen
Doch: Auch das Siegermodell hat Probleme mit der Technik. „Heute"
wurde ein ver-
traulicher Testbericht aus den USA zugespielt, der dem zukünftigen
Ausstatter von
Fußfesseln in Österreich kein gutes
Zeugnis ausstellt:
Bei 35 Testkriterien fällt die US-Fußfessel in 12
Punkten durch. Zwei Millionen Euro
kostet das Justizministerium diese Variante; die Briten, die
hierzulande bereits ein
erfolgreiches
Pilotprojekt durchgeführt haben, verlangten 1,5 Millionen. FPÖ und
Grüne fordern
nun von der Justizministerin die sofortige Offenlegung des gesamten
Bieterverfahrens."