1432/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 01.03.2011
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung

 

Psychische Störungen sind einer der größten Kostenverursacher unseres Gesundheitswesens.

20 bis 25 Prozent der österreichischen Bevölkerung weisen behandlungsbedürftige psychische Störungen auf. 2 bis 5 Prozent davon würden sofort eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen. Viele können sich eine Psychotherapie aber nicht leisten. Der Versorgungsgrad stagniert deshalb bei etwa 0,5 Prozent, bei Kindern sogar nur 0,3 Prozent.

Im Vergleich dazu erreicht Deutschland 2,6 Prozent psychotherapeutische Versorgung, die von den Kassen vollfinanziert wird.

 

Die psychotherapeutische Behandlung ist genauso wie die ärztliche Behandlung eine Pflichtleistung der Krankenkassen, die laut ASVG im Krankheitsfall allen Versicherten auf Kassenkosten zusteht. Die psychotherapeutische Behandlung ist als Sachleistung im Rahmen eines Gesamtvertrages zu erbringen, der zwischen den Trägern der Krankenversicherung und der beruflichen Interessenvertretung der PsychotherapeutInnen (ÖBVP) abzuschließen ist. (§ 133 Abs. 2 sowie § 349 Abs.2 ASVG)

 

Wenn/solange trotz allseitigen Bemühens kein Gesamtvertrag abgeschlossen ist, ist eine ausreichende Versorgung durch Verträge sicherzustellen, die wichtige in einem österreichischen Gesamtvertrag übliche Rechtsgüter (freier und gleicher Zugang zur State-of-the-art-Krankenbehandlung, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Therapiewahlfreiheit, Behandlungsautonomie etc.) garantieren (§ 338 (1) ASVG)

 

Derzeit ist der Zugang zur kassenfinanzierten Psychotherapie nur sehr selektiv möglich. Psychotherapeutische Behandlung ist nach wie vor an die finanzielle Leistungsfähigkeit, den sozialen Status, die Durchsetzungsfähigkeit und die Eigeninitiative der PatientInnen gebunden. Personen, die besonders gefährdet oder belastet sind, haben immer noch die geringsten Chancen auf den Zugang zum psychotherapeutischen Versorgungssystem!

 

Die Zuschüsse pro Sitzungseinheit wurden seit 1992 weder erhöht noch wertangepasst und liegen bei 21,80 Euro. Eine Behandlungsstunde kostet durchschnittlich aber etwa 80,- bis 90,- Euro.


Vollfinanzierte Kassenplätze sind kontingentiert, wodurch Versorgungsengpässe entstehen. Kontingente sind z.B. in Wien und in Niederösterreich oft schon im Frühjahr oder Mitte des Jahres erschöpft.

Lange Wartezeiten für kassenfinanzierte Psychotherapie führen zur Chronifizierung von psychischen Störungen und verteuern das Gesundheitssystem.

 

Empirische Befunde stellen der Psychotherapie ein sehr gutes Zeugnis aus.

Im Vergleich zur medikamentösen Alternativbehandlung führt vor allem die bessere Dauerhaftigkeit der Psychotherapiewirkung zu einem günstigeren Kosten-Effektivitäts-Grad. Eine alleinige Psychopharmaka-Behandlung ist einer Psychotherapie oder einer Kombination langfristig deutlich unterlegen, bis zu 80 % erleiden Rückfälle nach Absetzen der Medikation.

 

Die Krankenkassen gaben im Jahr 2007 rund 43 Millionen Euro für Psychotherapie aus, das sind maximal 0,2 Prozent der öffentlichen Gesundheitsleistungen.

Im Vergleich dazu haben die Krankenversicherungsträger im Jahr 2007 rund 206 Millionen Euro für Psychopharmaka ausgegeben.

 

Die volkswirtschaftlichen Kosten der Nicht-Behandlung sind hoch: Seit den 90er Jahren hat sich die Zahl der Krankenstände wegen psychischer Probleme verdoppelt. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile bei den österreichischen Männer die zweithäufigste und bei Frauen die häufigste Ursache für Invaliditätspension (WIFO-Report). Laut WIFO betragen die geschätzten Kosten dafür 2,8 Mrd. Euro.

 

Der Zustand der Mangelversorgung und hohen finanziellen Belastung von psychisch kranken Menschen stellt eine Diskriminierung gegenüber anderen PatientInnengruppen dar, die durch nichts zu rechtfertigen ist.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit Verhandlungen für einen Gesamtvertrag für Psychotherapie aufgenommen werden.

Bis zum Zustandekommen des Gesamtvertrages ist der Kostenzuschuss für Psychotherapie anzuheben, um den Versorgungsgrad der Bevölkerung zu erhöhen.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.