1486/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 30.03.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde

 

betreffend gesetzliche Regelung von Zuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

 

Die arbeitsmedizinische Wissenschaft verfügt mittlerweile über die gesicherte Erkenntnis, dass Nacharbeit langfristig schwere gesundheitliche Schäden auslösen kann und die durchschnittliche Lebenserwartung von NachtarbeiterInnen dementsprechend kürzer ist. Die negativen Effekte von Nachtarbeit auf das Schlafverhalten und den allgemeinen Gesundheitszustand sind zahlreich: Nachtarbeiter schlafen weniger, sind weniger leistungsfähig und haben eine höhere Unfallwahrscheinlichkeit. Zu den wichtigsten Gesundheitsproblemen zählen (chronische) Schlafschwierigkeiten, Magenstörungen, gestörter Fettstoffwechsel sowie ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen, Darmkrebs und Diabetes[1].

 

Sonn- und Feiertagsarbeit beeinträchtigen die Teilnahme der betroffenen Personengruppe am sozialen Leben.

 

Aus den oben genannten Gründen sollte die Leistung von Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit durch Zuschläge zum Grundlohn abgegolten werden, zumal die betroffenen Personen dafür – anders als die KollegInnen, welche diese Tätigkeiten untertags an Werktagen verrichten – Abstriche bei Gesundheit und sozialem Leben in Kauf nehmen müssen.

 

Im Arbeitszeitgesetz sind zwar Überstundenzuschläge geregelt, innerhalb der Normalarbeitszeit bestehen jedoch auf gesetzlicher Ebenen keine Bestimmungen bezüglich Zuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit (mit Ausnahme der vagen Bestimmungen zur Abgeltung von Arbeit an Feiertagen im § 9 Arbeitsruhegesetz). Ob und inwieweit eine derartige, nachweislich den Biorhythmus bzw. das soziale Leben beeinträchtigende Arbeit, höher entlohnt wird als wenn an Werktagen untertags gearbeitet würde, bleibt den Sozialpartnern im Rahmen der Kollektivverträge überlassen.


 

Sonntagsarbeit wird gemäß Kollektivvertrag (so einer vorhanden ist) meist mit einem Zuschlag von 100 % zum Grundlohn abgegolten. Nachtarbeit liegt vor, wenn die Arbeitszeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr früh liegt. In der Regel beträgt der Nachtarbeitszuschlag 25% des Grundlohns, in manchen Fällen kann er auch 40% erreichen. Im Gastgewerbe (z.B. in Wien) wird dagegen eine Pauschale von derzeit € 20,- ausbezahlt. Gem. § 9 Arbeitsruhegesetz steht einem/einer ArbeitnehmerIn an Feiertagen das Entgelt für die an diesem Tag grundsätzlich zu leistende Arbeit ohne Arbeitsleistung zu (Feiertagsentgelt); die am Feiertag geleisteten Stunden werden mit dem Normalstundensatz abgegolten (Feiertagsarbeitsentgelt).

 

Abgesehen davon, dass die kollektivvertragliche Deckungsrate in Österreich nur 86,6 %[2] der ArbeitnehmerInnen mit Tarifrecht beträgt und daher für bereits rd. 13 % der ArbeitnehmerInnen Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit grundsätzlich nicht vorgesehen sind wird immer offensichtlicher, dass die Sozialpartnerverhandlungen Verschlechterungen und sogar Streichungen von derartigen Zuschlägen bringen. Die Folge ist, dass ArbeitnehmerInnen, die unter gesundheitsschädigen Umständen arbeiten müssen, um die Abgeltung dafür umfallen.

 

Am Beispiel der Österreichischen Post AG wird deutlich, dass KV-Verhandlungen zu Verschlechterungen in diesem Bereich führen. Für MitarbeiterInnen, welche seit 01. August 2009 neu in dieses Unternehmen eintraten, gilt nunmehr der so genannte „Kollektivvertrag neu“. Dieser regelt lediglich pauschal das Entgelt für geleistete Arbeitsstunden, unabhängig davon, ob die Normalarbeitszeit tagsüber, in der Nacht, oder an Sonn- und Feiertagen stattfindet. MitarbeiterInnen, welche vor obigem Stichtag bereits bei der Post tätig waren, werden weiterhin nach dem alten Kollektivvertag entlohnt und erhalten Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit. Durch den Wegfall der Zuschläge erhalten MitarbeiterInnen nach KV neu für Nachtarbeit nur etwas mehr als die Hälfte dessen, was ihr/e KollegIn unter dem alten KV inkl. der Zuschläge erhalten, ausbezahlt.

 

Um angesichts dieser Entwicklungen weitere Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen, welche ihre Gesundheit und ihr soziales Leben für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit vernachlässigen müssen, zu verhindern, sollte hier eine allgemein gültige, gesetzliche Regelung unter Angabe von Mindestzuschlagshöhen geschaffen werden[3].

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 


 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich, jedoch längstens bis 31. Mai 2011, eine allgemein gültige gesetzliche Regelung über Mindestzuschläge zur Abgeltung von Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit vorzulegen.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.

 



[1]           siehe dazu auch: Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. (DGAUM), Leitlinien Nacht- und Schichtarbeit (http://www-dgaum.med.uni-rostock.de/leitlinien/nacht_schicht.htm), Stand 08.02.2011; sowie Metaanalyse diverser Studien auf orf science (http://sciencev1.orf.at/science/news/78426), Stand 08.02.2011.

[2]              Bereinigte Deckungsrate mit geringfügig Beschäftigten, ohne öffentlichen Sektor; siehe: Bauer, Stefan (2010): Die kollektivvertragliche Deckungsrate in Österreich: Analyse, Darstellung und Diskussion der kollektivvertraglichen Deckungsrate sowie der verbunden Problembereiche.

[3]           In Deutschland sind Zuschläge für Nachtarbeit gesetzlich geregelt: Nach § 6 Abs. 5 ArbZG hat ein Arbeitgeber nachts tätigen Arbeitnehmern bei Fehlen einer tariflichen Regelung für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden entweder eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall waren sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig, dass ein Zuschlag von 25 % auf die Arbeitsvergütung angemessen ist.