1639/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 08.07.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Hinzuziehung von Arbeits- und OrganisationspsychologInnen analog der Bestimmungen bezüglich ArbeitsmedizinerInnen

 

Dem Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektorate (III-178 d.B.) zufolge soll der ArbeitnehmerInnenschutz in Zukunft weiterentwickelt und verbessert werden. Unter allen Schritten, die hierzu gesetzt würden, nehme die Verwirklichung der österreichischen Arbeitsschutzstrategie 2007-2012 einen ganz besonderen Stellenwert ein, schreibt Sozialminister Rudolf Hundstorfer im Vorwort des Berichts. Nachdem die Anzahl der Invaliditätspensionen in Folge psychischer und psychosomatischer Erkrankungen bereits seit Jahren stark ansteigt, soll nun gemäß Minister Hundstorfer die Evaluierung psychosozialer Gefährdungen und Belastungen am Arbeitsplatz vorangetrieben werden.

 

Zwar sinkt die Gesamtsumme der Krankenstände laufend, doch die Ausfälle wegen psychischer Störungen nehmen kontinuierlich zu: von österreichweit 1,5 Millionen Krankenstandstagen im Jahr 2003 auf fast 2,2 Millionen im Jahr 2008. Durchschnittlich fehlt ein/e psychisch Erkrankte/r 33 Tage, während ein "normaler Krankenstand" statistisch gesehen lediglich 11 Tage dauert.

 

Am Arbeitsplatz müssten potenzielle Probleme im Frühstadium erkannt und bekämpft werden. Bei den Burnout-Untersuchungen eruierte man Veränderungen am Arbeitsplatz im Sinne einer Veränderung der Schwerpunkte in der Unternehmensführung und mehr Arbeit von weniger Personen.

 

Die häufigsten Gründe für berufliches Burn-out liegen in mangelnden organisatorischen Strukturen, überhöhter Arbeitsbelastung, Unterforderung, sowie mangelnder Führungskompetenz im Unternehmen. Einerseits wälzen immer mehr Führungskräfte immer mehr Verantwortung an ihre MitarbeiterInnen ab, andererseits nimmt das Konkurrenzverhalten zwischen KollegInnen sowie Abteilungen immer stärker zu. Verschlimmert wird die Situation durch zunehmend prekäre Arbeitsverhältnisse wie beispielsweise fehlende fixe Dienstverträge und Arbeitszeitregelungen.

 

Im eigenen Interesse sollte es für Betriebe und Unternehmen selbstverständlich sein, von vornherein Maßnahmen zu setzen und nicht erst dann zu reagieren, wenn Burn-out-Fälle[1], Depressionen u.Ä. bereits vorliegen und es zum Ausfall von Arbeitskräften kommt. Prävention von berufsbedingten psychischen/psychosomatischen Erkrankungen ist eindeutig eine Führungsaufgabe: Durch regelmäßige Mitarbeitergespräche, durch Verhaltensveränderungen von MitarbeiterInnen und durch das Wahrnehmen erster entsprechender Hinweise wie beispielsweise stetig steigende Mehrarbeitsstunden können drohende psychische Erkrankungen (Burn-out, etc.) festgestellt werden.

 

Durch zeitgerechte und richtige Präventionsmaßnahmen kann zudem auch die bedenkliche Entwicklung, dass immer mehr Menschen leistungssteigernde Substanzen einnehmen, um am Arbeitsplatz bestehen zu können, gestoppt werden. Denn würde dieser Trend sich fortsetzen, würde das die Abwärtsspirale in die Invaliditätspension nur noch beschleunigen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, im Rahmen einer Novellierung des Arbeitnehmerschutzgesetzes (AschG), neben der bereits bestehenden Verpflichtung zur Hinzuziehung eines Arbeitsmediziners/einer Arbeitsmedizinerin auch eine Verpflichtung zur Hinzuziehung eines Arbeits- und Organisationspsychologen/einer Arbeits- und Organisationspsychologin in den Betrieben festschreibt.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.

 



[1]           Nach der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen (ICD) wird Burn-out als „Ausgebranntsein“ und „Zustand der totalen Erschöpfung“ mit dem Diagnoseschlüssel Z73.0 erfasst („Probleme in Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“) Vielfach ist Burn-out eine Rahmen- bzw. Zusatzdiagnose; weite Teile der Depression werden heute als „Burn-out“ behandelt. Das Ansteigen der Anforderungen in allen Berufssparten und die Schnelllebigkeit unserer Zeit erhöhen das Auftreten depressiver Erkrankungen und des Burn-out.