1660/A XXIV. GP

Eingebracht am 21.09.2011
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Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim,
Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Die Notariatsordnung, RGBl. Nr. 75/1871, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010, wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 3 lautet:

„(3) Unbeschadet des Art. 51 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union besorgen Notarinnen und Notare, die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen öffentlich-rechtliche Tätigkeiten ausüben, öffentliche Aufgaben.“

2. § 6 Abs. 1 Z 1 lautet:

         „1. die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft,“

3. In § 6 Abs. 3 Z 2 entfällt das Wort „österreichischen“.

4. In § 6 Abs. 3 Z 4 wird die Wendung „oder den §§ 14a und 14b AVRAG“ durch die Wendung „, den §§ 14a und 14b AVRAG oder einer gleichartigen Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft“ ersetzt.

5. In § 6a Abs. 4 erster Satz wird die Wortfolge „österreichischen Staatsangehörigen“ durch die Wortfolge „Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft“ ersetzt.

6. § 19 Abs. 1 lit. c lautet:

„c) durch den Verlust der Staatsangehörigkeit zu einem der in § 6 Abs. 1 Z 1 genannten Staaten;“

7. Nach § 19 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Die mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit verbundenen Rechtsfolgen treten nicht ein, wenn der Notar Staatsangehöriger eines der in § 6 Abs. 1 Z 1 genannten Staaten bleibt.“

8. In § 117a Abs. 2 erster Satz wird die Wortfolge „österreichischer Staatsbürger“ durch die Wortfolge “Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft“ ersetzt.

9. In § 118a Abs. 1 lit. c wird die Wortfolge „österreichische Staatsbürgerschaft“ durch die Wortfolge „Staatsangehörigkeit zu einem der in § 117a Abs. 2 erster Satz genannten Staaten“ ersetzt.


10. Nach § 118a Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Die mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit verbundenen Rechtsfolgen treten nicht ein, wenn der Notariatskandidat Staatsangehöriger eines der in § 117a Abs. 2 erster Satz genannten Staaten bleibt.“

 

Begründung

Mit Urteil vom 24.5.2011, Rs C-53/08, hat der EuGH erkannt, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 43 EG verstoßen hat, dass sie für den Zugang zum Beruf des Notars eine Staatsangehörigkeitsvoraussetzung aufgestellt hat. Dieser Entscheidung soll mit den vorgeschlagenen Änderungen Rechnung getragen werden.

Der Zugang zum Beruf des Notars soll demgemäß künftig nicht mehr nur österreichischen Staatsbürgern, sondern ganz generell Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft offenstehen. Entsprechende Anpassungen sind ferner im Zusammenhang mit den Erfordernissen für die Eintragung als Notariatskandidat (§ 117a NO), den Regelungen betreffend das Erlöschen des Amts des Notars (§ 19 NO) bzw. die Streichung eines Notariatskandidaten aus dem Verzeichnis der Notariatskandidaten (§ 118a NO), der Möglichkeit der Prüfung der Gleichwertigkeit eines an einer Universität zurückgelegten und mit einem rechtswissenschaftlichen akademischen Grad abgeschlossenen anderen rechtswissenschaftlichen Studiums mit einem Studium des österreichischen Rechts (§ 6a Abs. 4 NO) sowie den Regelungen über die Anrechnung bestimmter Zeiten auf die Dauer der praktischen Verwendung (§ 6 Abs. 1 Z 5 NO), die nicht zwingend als Notariatskandidat zu verbringen ist, erforderlich. Bei Letzteren sieht das Gesetz schon bisher die Möglichkeit der Anrechnung von Wehrdienst- und Zivildienstzeiten bis zu einem Höchstausmaß von insgesamt einem Jahr vor. Dies soll unverändert beibehalten werden; in § 6 Abs. 3 Z 2 NO zu entfallen hätte aber insofern die Einschränkung der Anrechnung auf die Fälle der Absolvierung eines entsprechenden österreichischen Diensts. Auf die nicht verpflichtend als Notariatskandidat zu verbringende Praxiszeit anzurechnen sind ferner bereits jetzt (unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Z 4 NO) Zeiten aufgrund einer beschäftigungslosen Zeit nach dem Mutterschutzgesetz 1979, dem Väter-Karenzgesetz oder den §§ 14a und 14b AVRAG, dies insgesamt im Höchstausmaß von einem Jahr. Auch an dieser Anrechungsbestimmung soll sich grundsätzlich nichts ändern, sie wäre aber um jene Fälle zu erweitern, in denen entsprechende beschäftigungslose Zeiten ihre Grundlage in einer mit dem Mutterschutzgesetz 1979, dem Väter-Karenzgesetz oder den §§ 14a und 14b AVRAG vergleichbaren ausländischen Regelung haben.

Im Gefolge der Entscheidung in der Rs C-53/08 bedarf schließlich auch § 1 Abs. 3 NO einer Änderung. Hier ist zu berücksichtigen, dass auch der EuGH die von den Mitgliedstaaten definierte Teilhabe der Notarinnen und Notare an der Besorgung öffentlicher Aufgaben an sich nicht in Frage gestellt hat. Dies entspricht dem souveränen Recht der Mitgliedstaaten, grundlegende Staatsaufgaben wie die Rechtspflege, ihre Institutionen und deren Tätigkeiten autonom zu regeln. Zwar ist der EuGH damit im Zusammenhang zum Ergebnis gelangt, dass die Ausübung der den Notaren insoweit übertragenen Aufgaben keine Ausnahme von der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 45 Abs. 1 EG zu begründen vermag. Gleichzeitig hat der Gerichtshof aber auch betont, dass die von Notarinnen und Notaren errichteten öffentlichen Urkunden mit „unbestreitbar bedeutsamen Rechtswirkungen“ (RN 98 des Urteils in der Rs C-53/08) ausgestattet sind, dass eine von einem Notar errichtete öffentliche Urkunde „die Vollstreckung der in ihr enthaltenen Verpflichtung ermöglicht, ohne dass zuvor ein Gericht tätig werden muss“ (RN 102 des Urteils) und dass vom Notar bestimmte Aufgaben unter der Aufsicht des Gerichts wahrgenommen werden (RN 108 des Urteils). Angesichts dessen kann (auch weiterhin) gesagt werden, dass die Notarinnen und Notare, die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen öffentlich-rechtliche Tätigkeiten ausüben, unbeschadet des Art. 51 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union öffentliche Aufgaben besorgen.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag dem Justizausschuss zuzuweisen.