1710/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 20.10.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Haubner

Kollegin und Kollegen

betreffend BZÖ-Kinderschutzpaket im Rahmen der BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt!

 

 

Und wieder, d.h. jetzt durch das Bekanntwerden der schweren Misshandlungs- und Missbrauchsfälle im ehemaligen Kinderheim Wilhelminenberg der Stadt Wien, wird schmerzlich deutlich, wie sträflich der Bereich des Kinderschutzes vernachlässigt wurde und wird. Und wieder wiederholen sich in bekanntem Maße die Beileidsbekundungen und Bekenntnisse, dass der Kinderschutz das Wichtigste sei. Wieder wohl nur solange, bis die Medienöffentlichkeit abnimmt.


Folgende Tatsachen bleiben beispielhaft festzuhalten:

Noch immer gibt es keine ausreichende „Bundes-Rahmenregelung“, die klare Handlungsanordnungen für Fälle von Kindeswohlgefährdung vorschreibt. Vielmehr liegt seit dem Jahr 2008 ein Gesetzesentwurf zu einem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz vor, der jedoch noch immer nicht umgesetzt worden ist. An diesem Beispiel wird deutlich, wie die Prioritäten der Bundesregierung gelagert sind. Milliarden fließen nach Griechenland, aber wenige Millionen zur Verbesserungen des Kinderschutzes fehlen.

 

Noch immer ist die Verjährung von Straftaten gegen Leib und Leben oder gegen sexuelle Integrität und Selbstbestimmung bei minderjährigen Opfern möglich. Zuletzt am 30.11.2011 wurde ein entsprechender BZÖ-Entschließungsantrag von Schwarz, Rot und Grün abgelehnt. Massen von Gegenargumenten waren zu hören. Jetzt, wo die Situation wieder „eskaliert“ ist, fordern die Grünen die Abschaffung der Verjährung und die SPÖ ist gesprächsbereit. Die Ernsthaftigkeit der Richtungswechsel dürfte mit Blick auf die Vergangenheit fraglich sein. 

 

Zudem ist noch immer bei Raub mit Todesfolge gem. § 143 StGB oder bei Vergewaltigung mit Todesfolge gem. § 201 Abs. 2 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe möglich, nicht dagegen bei Quälen von Kindern bis zum Tod gem. § 92 Abs. 3 StGB (höchstens zehn Jahre). Auch dieses Delikt muss mit lebenslanger Freiheitsstrafe belegt werden können. Entsprechende BZÖ Initiativen wurden abgelehnt.

 

Auch gibt es derzeit noch immer „normalen“ und „schweren“ sexuellen Missbrauch von Unmündigen. Wir sagen, sexueller Missbrauch von Unmündigen ist immer schwer! Die Vorschriften sind daher bei grundsätzlicher Beibehaltung der höhern Strafandrohungen zusammenzufügen, wobei bei Todesfolge ausnahmslos lebenslängliche Freiheitsstrafe vorzusehen ist.

 

Zudem befindet sich die Regierung seit Oktober 2010 im Umsetzungsverzug. So wurde noch immer trotz der Regierungszustimmung zum BZÖ-Entschließungsantrag vom Oktober 2010 kein Straftatbestand gegen „Cyber Groominig“, d.h. der Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über das Internet, umgesetzt.

 


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat Gesetzesentwürfe vorzulegen, durch die folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

 

1.

Besserer Schutz durch ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie Mittelerhöhung

Bundesweit ist durch einen einheitlichen gesetzlichen Rahmen vorzugeben, wie Behörden bei Kindeswohlgefährdung einzuschreiten haben und wie die Zusammenarbeit mit anderen Behörden zu erfolgen hat. Die finanziellen Mittel und die personelle Ausstattung sind aufzustocken.

 

2.

BZÖ-Eltern-Jugend-Pass zur Prävention

Familienbeihilfe soll nur für den Zeitraum eines Jahres gewährt werden und an eine jährliche Untersuchung beim (Schul-)Arzt gekoppelt sein. Werden bei einem Kind Auffälligkeiten festgestellt, die auf Misshandlung oder Missbrauch schließen lassen, so sind vom (Schul-)Arzt Therapien einzuleiten, verpflichtenden Kontrolltermine vorzuschreiben und die Jugendwohlfahrtsbehörden einzuschalten. Kinder, die sechs Monate nach dem vorgesehenen jährlichen Termin noch nicht beim (Schul-)Arzt waren, werden automatisch den Jugendwohlfahrtsbehörden gemeldet.

 

3.

Generelle Anzeigepflicht bei Verdacht auf Missbrauch und Misshandlung

Wegschauen darf nicht mehr toleriert werden! Daher soll bei Verdacht auf Misshandlung und Missbrauch jedermann ausnahmslos zur Anzeige verpflichtet sein.

 

4.

Lebenslang auch bei Quälen mit Todesfolge

Derzeit ist bei Raub mit Todesfolge gem. § 143 StGB oder bei Vergewaltigung mit Todesfolge gem.    § 201 Abs. 2 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe möglich, nicht dagegen bei Quälen von Kindern bis zum Tod gem. § 92 Abs. 3 StGB (höchstens zehn Jahre). Auch dieses Delikt muss mit lebenslanger Freiheitsstrafe belegt werden können!

 

5.

Keine Verjährung von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, Leib und Leben oder gegen die Freiheit

Nach dem bestehenden Regelungssystem können Sexualverbrechen an Kindern sogar verjähren! Die seelischen Qualen der missbrauchten oder misshandelten Personen verjähren allerdings niemals. Deshalb darf dieser „Mord an der Seele“ nie verjähren!

 

6.

Verdoppelung der Strafrahmen bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Kindern und bei Quälen von Kindern

Kindern fehlt in ihrer entscheidenden Prägungsphase die Fähigkeit, Gefahren zu erkennen und auf diese Gefahren zu reagieren. Deshalb sind sie auch länger und stärker traumatisiert. Wer dies missachtet, offenbart seine eigene Rücksichts- und Gnadenlosigkeit. Gegen diese Täter muss auch die Justiz gnadenlos vorgehen können.

 

7.

Härtere Strafen für sexuellen Missbrauch von Unmündigen

Derzeit gibt es „normalen“ und „schweren“ sexuellen Missbrauch von Unmündigen. Wir sagen, sexueller Missbrauch von Unmündigen ist immer schwer! Die Vorschriften sind daher bei grundsätzlicher Beibehaltung der höhern Strafandrohungen zusammenzufügen, wobei bei Todesfolge ausnahmslos lebenslängliche Freiheitsstrafe vorzusehen ist.

 


8.

Konsequenter Strafvollzug

Es darf keine bedingte Strafnachsicht sowie keine bedingte Entlassung bei Freiheitsstrafen wegen schwerer Gewalt- und Sexualdelikte gegen minderjährige Personen geben.

 

9.

Verstärkte lebenslange Kontrollmaßnahmen nach dem Strafvollzug

Bei Sexualstraftaten gegen minderjährige Personen sind verpflichtend lebenslange Kontrollmaßnahmen nach der Haftentlassung auf Basis des Modells einer lebenslangen Führungsaufsicht vorzusehen; Tilgungen der Verurteilungen darf es nicht mehr geben. Zudem ist ein generelles Verbot gegenüber Sexualstraftätern einzuführen, sich an Örtlichkeiten aufzuhalten, an denen vermehrt Kinder anzutreffen sind. In besonders schweren Fällen muss auch eine elektronische Überwachung des Aufenthaltes des aus der Haft entlassenen Sexualstraftäters möglich sein.

 

10.

Tatbestand gegen „Cyber-Grooming“, d.h. der Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über

das Internet

Dem am 14.10.2010 im Parlament von allen Parteien einstimmig verabschiedeten BZÖ-Antrag entsprechend, ist endlich im Strafgesetzbuch der Tatbestand „Cyber-Grooming“ - die Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über das Internet - zu schaffen. Statt schnellstmöglich zu handeln, hat die Regierung bereits mehrere Monate verstreichen lassen!“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.