1722/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 15.11.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Hannes Weninger

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend die Fortführung der österreichischen Anti-Atompolitik mit dem Ziel eines raschest möglichen Ausstieg aus der Kernenergie

 

In Bekräftigung des Regierungsprogramms hat der Ministerrat am 22. März 2011 einen umfassenden „Gemeinsamen Aktionsplan der österreichischen Bundesregierung“ für ein „Internationales Umdenken von der Kernenergie hin zu erneuerbarer Energie und Energieeffizienz“ beschlossen. Mit seiner Entschließung vom 22. März 2011 (147/E XXIV GP) „betreffend den raschest möglichen Ausstieg aus der Atomenergie“ unterstützt der Nationalrat diesen Aktionsplan.

 

In Umsetzung dieses Aktionsplanes erfolgten bereits wichtige Schritte, wie beispielsweise:

 

Es wurde die von Österreich geforderte und von der Europäischen Kommission aufgenommene umfassende und transparente Risiko- und Sicherheitsbewertung („Stresstest“) bereits drei Tage nach Annahme der Entschließung 147/E XXIV GP vom Europäischen Rat in seiner Sitzung am 24. und 25. März 2011 für alle Kernkraftwerke in der EU sowie in den Nachbarländern und weltweit beschlossen; In Entsprechung dessen hat die Europäische hochrangige Gruppe für nukleare Sicherheit und Abfallentsorgung (ENSREG), gemeinsam mit der Europäischen Kommission unverzüglich die Arbeit aufgenommen. Erstmals wurden sämtliche Kernkraftwerksbetreiber innerhalb der EU aufgefordert, nach einheitlichen europäischen Kriterien die Sicherheitsreserven der Standorte und Anlagen zu überprüfen. Mittlerweile haben alle betroffenen EU-Mitgliedstaaten fristgerecht ihre nationalen Fortschrittsberichte vorgelegt. Auch die Schweiz und die Ukraine haben Berichte erstellt. Die bis Ende des Jahres vorzulegenden endgültigen nationalen Berichte sind dann Anfang 2012  intensiv und umfassend im Rahmen eines Peer Review Verfahrens zu prüfen. Der Europäische Rat wird vorher erste Erkenntnisse auf Grundlage eines Berichts der Europäischen Kommission beurteilen. Dies muss im Bedarfsfall auch vor Ort erfolgen. Dabei müssen auch Vertreter von EU-Mitgliedsstaaten, die keine Kernkraftwerke betreiben, mitwirken können. Auch müssen Nicht-Regierungsorganisationen die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommen.


 

Der Umweltminister setzte die in der Entschließung 147/E XXIV GP angestrebte engere Kooperation mit anderen atomkritischen Staaten innerhalb und außerhalb der Europäischen Union unverzüglich um und lud am 25. April 2011 in Wien zu einem informellen Treffen von Staaten die auf Kernenergie verzichten. Die Ergebnisse dieses Treffens wurden in einer Ministerdeklaration festgehalten und dem EU-Umweltministerrat am 21. Juni 2011 von Österreich präsentiert. Griechenland hat sich entschlossen, ein Folgetreffen zur österreichischen Initiative zu veranstalten.

 

Es wurde in Umsetzung der Entschließung 147/E XXIV GP gemeinsam mit den Bundesländern auf der Tagung der Landesumweltreferenten am 9. und 10. Juni 2011 in Innsbruck vereinbart, die Kräfte gegen die Atomenergie zu bündeln und verstärkt zusammen zu arbeiten sowie alljährlich Bund-Länder-Koordinationsgespräche auf politischer Ebene abzuhalten. Für das erste derartige Koordinationsgespräch werden die zuständigen Dienststellen der Länder rechtliche Möglichkeiten prüfen. Die Koordination zwischen den Ländern und den Bundesstellen muss erhalten und ausgebaut werden, um gemeinsam die österreichischen Forderungen gegen die Atomenergie zu vertreten.

 

Österreich forderte in Erklärungen anlässlich der vom IAEO Generaldirektor einberufenen Konferenz zur Nuklearen Sicherheit von 20. bis 24. Juni 2011 ernsthafte Anstrengungen zur Verbesserung der Sicherheit. Konsequenterweise brachte Österreich daher gleich zwei formelle Vorschläge zu umfassender und verpflichtender Kontrolle von Kernkraftwerken weltweit sowie zu erhöhter Transparenz und verbesserten Beteiligungsmöglichkeiten ein. Der von der IAEO im September angenommene Aktionsplan zur Nuklearen Sicherheit, der auch dem Generalsekretär der Vereinten Nationen in New York übermittelt wurde, ist ein erster Schritt zur internationalen Umsetzung der Österreichischen Forderungen, dem dringend weitere folgen müssen. Es muss auf internationaler Ebene eine vollständige Anwendung höchster Sicherheitsstandards überprüfbar gemacht werden. Sämtliche internationale Gremien sind hierfür zu nutzen.

 

Der in der Entschließung 147/E XXIV GP geforderte Einsatz für optimale Mitsprache und intensiven Informationsaustausch hat auf EU Ebene bereits zu voller Einbindung Österreichischer Experten in die Peer Reviews der Stresstests geführt. Der bilaterale Informationsaustausch mit jenen Staaten die über kein bilaterales Nuklear­informationsabkommen mit Österreich verfügen muss jedoch verbessert werden. Auch sind weitere bilaterale Nuklearinformationsabkommen anzustreben.

 

Österreich fordert bei der Europäischen Kommission stets größtmögliche Transparenz ein. Auch der Euratom Vertrag gibt Rechtsmittel zu frühzeitiger Information über geplante Kernkraftwerke in der EU in die Hand. Diese müssen von der Kommission besser im Sinne der Informationsweitergabe genutzt werden. Österreich sollte dadurch mehr Möglichkeiten erhalten, seinen berechtigten Forderungen zum Schutz der eigenen Umwelt sowie der Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung Ausdruck verleihen, und so Einfluss auf geplante KKW in Europa nehmen zu können.

 

Die Frage der Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hochradioaktiver Abfälle ist eine zentrale Frage bei der Nutzung der Kernenergie. Österreich hat auch auf europäischer Ebene wiederholt deutlich gemacht, dass die ungelöste Entsorgungsproblematik der energetischen Nutzung der Kernenergie entgegensteht. Unbeschadet dessen drängt Österreich auf eine sichere, umwelt- und sozialverträgliche Lagerung.


 

Die Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates vom 19. Juli 2011 über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, die am 22. August 2011 in Kraft getreten ist, ist ein erster, notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Die Richtlinie definiert Mindeststandards für die Sicherheit und Nachhaltigkeit im Bereich des Atommülls in verbindlicher Form und behandelt erstmals überhaupt in ihrer Gesamtheit eine Bewirtschaftung von Atommüll. Das bringt weitere Kontrolle und Sicherheit.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, sich zur Durchsetzung des Gemeinsamen Österreichischen Aktionsplans Internationales Umdenken von der Kernenergie hin zu erneuerbarer Energie und Energieeffizienz für folgende Punkte einzusetzen:

 

 

 

·        Sicherstellung von Nuklearanlagenüberprüfungen im Rahmen der Stresstests unter Einbindung auch österreichischer Experten;

 

·        Sicherstellung einer transparenten Möglichkeit auch für Nicht- Regierungsorganisationen zur Stellungnahme bei den Stresstests;

 

 

·        Veröffentlichung der Stresstestergebnisse auf europäischer Ebene;

 

 

·        Sofortige Abschaltung aller Reaktoren die aufgrund ihres Alters, ihrer Bauart, ihrer Lage oder ihres Zustandes als besonders gefährlich im Sinne eines von ihnen ausgehenden Risikos für Bevölkerung und Umwelt eingestuft wurden;

 

·        Einsatz für weitere Treffen von Ministern aus Staaten, die Kernenergie nicht nutzen, und Übermittlung der Ergebnisse solcher Treffen an  Rat der EU und die Europäische Kommission;

 

·        Einsatz für  die Steigerung der Anzahl von Staaten, die an solchen Treffen – auch als Beobachter – teilnehmen;


 

·        Bündelung der Kräfte von Bund und Ländern gegen die Atomenergie und regelmäßige Bund-Länder Koordinationsgespräche auf politischer Ebene;

 

·        Umsetzung der im IAEO Aktionsplan für Nukleare Sicherheit enthaltenen Elementen unter anderem durch Abhaltung von Seminaren mit internationaler Beteiligung zu Nuklearinformationspolitik;

 

·        Eintreten für die vollständige Anwendung höchster Sicherheitsstandards auf internationaler Ebene;

 

·        Einsatz für verpflichtende Überprüfungen der Nuklearen Sicherheit auf internationaler Ebene;

 

·        Weiterhin politischen Druck auf Länder auszuüben, die planen ein Kernkraftwerk zu bauen, auszubauen oder zu erneuern und Österreich nur mangelhaft darüber informieren;

 

·        Verbesserung der Informationsrechte auch durch weitere Abschlüsse von Nuklearinformationsabkommen;

 

·        Nutzung aller EU Rechtsmittel zur möglichst frühzeitigen Information über Nuklearprojekte;

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.