1889/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 28.03.2012
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einer international vergleichbaren und konkurrenzfähigen Finanzierung des FWF

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

des Abgeordneten Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

betreffend einer international vergleichbaren und konkurrenzfähigen Finanzierung des FWF

 

                                           

 

BEGRÜNDUNG

 

Universitätspolitik wird in Österreich medial derzeit hauptsächlich über Debatten innerhalb der Regierung um Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen geführt. Es gelingt dadurch, viele andere Bereiche, wie etwa die Finanzierung von Wissenschaft und Forschung oder die Unterstützung von NachwuchswissenschafterInnen, zumindest in der Öffentlichkeit völlig untergehen zu lassen. Ein kurzer medialer Aufschrei der "Branche", als es um die Zusagen einer Milliarde ans Elite-Institut (IST Austria)[1] ging, aber viel mehr über die Situation der Grundlagenforschung im Land ist nicht zu vernehmen.

 

Eines sei klar gestellt: Wir unterstützen die Planungssicherheit, die dem IST Austria gegeben wurde. Nicht nachvollziehbar ist aber, dass Universitäten und andere Institutionen (speziell auch außeruniversitäre) mit massiven Kürzungen konfrontiert werden, es hier „finanzielle Sicherheit“ für jeweils maximal 3 Jahre (Leistungsvereinbarung) gibt. Unter solchen Bedingungen können manche Arbeitsverhältnisse nur prekär sein, und Spitzenleistungen sind schwer zu erreichen.


Wir bemühen uns seit Jahren, auf die Lage der Grundlagenforschung und somit des FWF bzw. aller davon abhängigen Personen und Institutionen aufmerksam zu machen. Einer unserer Anträge
[2] dazu, eingebracht im April 2009, wird seit Jahren vertagt bzw. wurde in den Unterausschuss gebettet. Auch zahlreiche vom Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) mit Grants ausgezeichneten PreisträgerInnen haben in einem offenen Brief[3] die Verdoppelung der von den Universitäten eingeworbenen Drittmittel für Grundlagenforschung den beiden MinisterInnen Töchterle und Fekter eingefordert. Konkret solle auch Ihrer Ansicht nach der FWF entsprechend finanziell ausgestattet werden, da er "ein exzellentes Instrument zur Verteilung der Forschungsmittel" nach den höchsten Standards darstelle.

 

Die sowohl im Regierungsprogramm als auch im Universitätsbericht 2008 formulierten Ziele, wie Förderung von Spitzenforschung und Ausbau der Humanressourcen in der Forschung, sind nicht nur aufgrund des Sparpakets in weite Ferne gerückt.

 

2009 wurde vom BMWF eine Mittelzusage für fünf Jahre ausgesprochen, die das Budget des FWF im Wesentlichen bis 2013 fixiert. Mit dieser Sicherheit kam das Nullwachstum, das für 2012 ein reales Minus bedeutet. Schätzungen[4] des FWF sehen folgendermaßen aus: Das Minus ist dicker als geglaubt, macht (inklusive einer geschätzten Inflationsrate von 2-3%) etwa 8 % aus.

 

Mit anderen Worten: Neue Programme und forschungspolitisch (zumindest am Papier) gewünschte Initiativen, allen voran die flächendeckende Einführung der Overheads und der Exzellenzcluster, müssen in der Schublade bleiben. Für Einzelprojekte wird vom FWF versucht, die 30 % Bewilligungsquote zu halten, der enorme Druck auf die WerberInnen wird sich weiter erhöhen. Ein trauriges Ergebnis angesichts dessen, dass die Regierung sich dezidiert zu 2 % des BIP für den tertiären Sektor bekannt hat, Wissenschaft, Forschung und Bildung als „prioritäre Bereiche“ benannte, die FTI-Strategie „steigende Dotation der Grundlagenforschung bei steigendem Anteil jener Mittele, die im Wettbewerb vergeben werden“, fordert und die ExpertInnen, die BM Töchterle für die Außensicht auf die österreichische Uni- und Forschungslandschaft beauftragte, in Ihrem Bericht für den Hochschulplan sowohl die Notwendigkeit der Exzellenzcluster als auch die deutliche Unterdotierung des FWF kritisiert haben.

 

Seit Jahren wird von Seiten der Regierung von Exzellenz, Leistung und Wettbewerb gesprochen. Resultierend daraus beauftragte das Wissenschaftsressort den FWF mit der Entwicklung eines Konzeptpapiers „Exzellenzinitiative Wissenschaft“. Aus derzeitiger Sicht kann das vom FWF konzipierte, vom Rat für F&E empfohlene und vom BMWF bereits 2007 angekündigte Programm „Exzellenzcluster“ allerdings nach wie vor nicht gestartet werden. Für einen Start der Exzellenzcluster wären etwa 45 Mio. Euro erforderlich, wenn auch nur die Hälfte der in der FTI Strategie abgestrebten 10 Cluster eingerichtet würde. Innerhalb von 5 Jahren summierten sich die Kosten des Programmes dann auf mehr als 200 Mio. Euro.

Derzeitiger Stand bei Overheads: Auf Einzelprojekte und PEEK werden seit 2011 für Neubewilligungen 20% Overhead gewährleistet, auf alle anderen Programme (Frauen, internationale, Mobilität, Schwerpunkte und Preise) allerdings nicht. Diese stellt eine massive Verzerrung dar. Die flächendeckende Einführung würde im Vollbetrieb geschätzte 40 Mio. Euro kosten, gerechnet für ein Bewilligungsvolumen von 200 Mio. Euro[5].

 

Es darf auch nicht vergessen werden: Der größte Teil der Fördermittel des FWF (rund 80 %) fließt in die Förderung von wissenschaftlichem Personal, vor allem an DissertantInnen und PostDocs und ist daher im wesentlichen Nachwuchsförderung  (Stand 2010: 3405, davon 1197 Postdocs und 1683 Predocs). Die Unterdotierung des FWF wird insbesondere an Universitäten massivwahrgenommen. Frustrierte AntragsstellerInnen, verunsicherte ProjektleiterInnen und mangelnde Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs sind das traurige Resultat.

 

Damit nicht genug, denn es zeigt sich, dass führende Nationen Ihre Förderorganisationen im Durchschnitt mit einem mehr als doppelt so hohen Budget wie der FWF ausstatten. Die schlechte Situation Österreichs im Bereich der Forschungsförderung wird noch dramatischer wenn man sich bewusst macht, dass allein in Deutschland (Bund und Länder) zumindest fünf potente Förderorganisationen der Wissenschaft zur Verfügung stehen, wovon Österreich meilenweit entfernt ist (in der Tabelle ist nur eine davon genannt):

 

 

Land - Förderorganisation

Ausgaben pro EinwohnerIn in Euro

AUT - FWF

23,7

CH - SNF

79,8

FIN - AKA

63,7

NL - NWO

43,1

UK - RCUK

50,4

DEU - DFG

29,9

 

 

Aufgrund dieser Daten und Fakten wird deutlich, dass die Budgets im Bereich der kompetitiven Drittmittelvergabe im Bereich der Grundlagenforschung in Österreich um ein Vielfaches gesteigert werden müssen, um international konkurrenzfähig zu werden.

 

 

 

 

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, die FTI Strategie der Bundesregierung 2011 umzusetzen (wörtliche Auszüge):

·        „Wir wollen die Investitionen in die Grundlagenforschung bis 2020 auf das Niveau führender Forschungsnationen steigern;“

·        „Steigende Dotation der Grundlagenforschung bei steigendem Anteil jener Mittel, die im Wettbewerb vergeben werden;“

·        „Das Modell der Universitätsfinanzierung soll reformiert werden. Die Finanzierung der Forschung soll stärker kompetitiv und projektbezogen erfolgen;“

·        „Ausbau der Drittmittelforschung der Hochschulforschung über  Projekte des Wissenschaftsfonds FWF mit pauschalierter Abdeckung der Overheads in der Höhe von 20%;“

·        „Implementierung einer österreichischen Exzellenzinitiative mit  bis zu zehn Exzellenzclustern bis zum Jahr 2020;“

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Wissenschaftsausschuss  vorgeschlagen.

 



[1] APA 0416 5 II 0359 XI/WI Mi, 22.Feb 2012. IST Austria: 1,4 Mrd. Euro von Bund und Land für 2017 bis 2026. Utl.: Langfristige Finanzierungszusage für Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg.

 

[2] http://www.parlinkom.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/A/A_00467/fname_150795.pdf

 

[3] http://medienportal.univie.ac.at/uniview/detail/artikel/erc-preistraegerinnen-fordern-drittmittel-verdoppelung/

[4] FWF Info 79, Seiten 12-13. „Der Wurstvorrat“. Ein Ausblick von FWF-Geschäftsführerin Dorothea Sturn.

[5] Alle geschätzten Zahlen stammen aus dem Jahr 2010.