1966/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 13.06.2012
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Elmar Podgorschek

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Forschungsprojekte zu Komplementärwährungen

 

 

Am 25. Feber 2009 wurde die Petition „Neues Geld“ eingebracht, die aber im Jänner 2010 – nach Einholung einer Stellungnahme vom BMF, aber ohne weitere Behandlung im zuständigen Fachausschuss – lediglich zur Kenntnis genommen.

 

In der Stellungnahme des BMF zu dieser Petition heißt es u.a.:

„…

Die gegenwärtige Finanzkrise macht auch „unorthodoxe Maßnahmen" erforderlich (insbesondere in der Geldpolitik), weshalb die Offenheit bezüglich einer Diskussion über neue Wege der Wirtschafts- und Geldpolitik vorhanden ist.

In der Petition erwähnte Gedanke bezüglich einer breit angelegten Diskussion mit der Beteiligung vieler verschiedener Gruppen über eine Neuorganisation des internationalen Finanzsystems ist wünschenswert und demokratische Systeme geben dazu ausreichende Möglichkeiten.“

 

Geld spielt eine Schlüsselrolle in allen Lebensbereichen - von der Wirtschaft bis hinein in persönliche Beziehungen. Gerade die aktuelle Finanzmarktkrise zeigt, dass politischer Handlungsbedarf besteht. Dieser sollte sich aber nicht auf das Finanzieren der Verluste privater Verursacher aus Steuergeld beschränken und damit nur bei der Symptombekämpfung bleiben, sondern bei der Ursache ansetzen.

Das Geld, das jetzt über die internationalen Finanzmärkte die Welt regiert, ist ein Relikt aus einem feudalen Zeitalter - die Macht ist bei wenigen Menschen konzentriert, was dem Grundgedanken einer demokratischen Verfassung widerspricht. Das systembedingte exponentielle Wachstum des Geldvermögens durch Zinseszins steht im Gegensatz zur Natur - die Erde ist begrenzt und wir alle tragen Verantwortung dafür, dass auch die nächsten Generationen noch auf ihr leben können.

Unser heutiges Geld gilt als Rechtsanspruch auf Leistung, dessen Wert auf Vertrauen gründet. Die Regeln des bestehenden Geldsystems dienen aber nicht allen Menschen gleich und stärken einseitig das Konkurrenzdenken, das in bestimmten wirtschaftlichen Bereichen wie dem technischen Fortschritt auch seine Berechtigung hat, in anderen Lebensbereichen jedoch hinderlich ist.

Geld kann auch so gestaltet werden, dass es die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt einer Gesellschaft unterstützt. Neue Geldformen zielen darauf ab, wertstabil, demokratisch gelenkt und gemeinschaftsbildend zu sein, sie unterstützen eine nachhaltige, ressourcenschonende und naturnahe Wirtschaftsweise mit dem Ziel, gerecht verteilten Wohlstand für alle zu ermöglichen.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Geld auch nach anderen Regeln als denen des heutigen Finanzsystems funktionieren kann. Als demokratisch gewählte Volksvertreter können Sie zum Gemeinwohl hier Änderungen veranlassen und den Ordnungsrahmen für die Geldwirtschaft des Staates gestalten, indem nicht nur ein Geldsystem als rechtlich zugelassenes Zahlungsmittel Gültigkeit hat, sondern unterschiedliche Zahlungs- und Verrechnungssysteme ebenfalls gesetzlich anerkannt und durch die öffentliche Hand gefördert werden.

In Österreich, aber auch in anderen Ländern, bestehen und entstehen Initiativen, welche aufzeigen, dass ergänzende Währungssysteme wichtige Aufgaben in der Förderung des Sozialkapitals und der Nahversorgung übernehmen.

 

Neue Geldsysteme werden ergänzend zum Euro bereits erprobt: Tauschsysteme, Barterringe, Regiogeld und Zeitbanken benützen eigene Verrechnungs- und Zahlungssysteme und verzichten auf Zins. Zukunftsweisende Modelle verbinden regionale Zahlungsmittel mit der autarken Energieversorgung aus erneuerbaren Rohstoffen.

Im Sinne einer ganzheitlichen Entwicklung können Regionalisierungsprozesse die einzelnen Regionen der Welt neu beleben und stärken und so den aktuellen, neoliberalen Globalisierungsprozess ausgleichen. Eine gesunde und starke Volkswirtschaft kann nur auf Basis gesunder und starker Regionen begründet sein.

Die Zukunft unserer Wirtschaft sollte nicht auf Gedeih und Verderb dem globalen Spielcasino der Spekulanten an den Börsen ausgeliefert sein. Die Politik kann durch eine Demokratisierung des Geldsystems, die Zulassung und Unterstützung neuer Zahlungs- und Verrechnungssysteme wesentlich zur Stabilität der Wirtschaft und damit zum Gemeinwohl beitragen.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere die zuständige Bundesministerin für Finanzen werden aufgefordert,

1.    Möglichkeiten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Komplementärwährungen zu prüfen;

2.    Forschungsprojekte zu Komplementärwährungen und die Etablierung von wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekten beispielsweise durch die Einrichtung eines eigenen Universitätslehrstuhles für diese Themenbereiche zu unterstützen.“

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Finanzausschuss ersucht.