1982/A(E) XXIV. GP
Eingebracht am 13.06.2012
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde
betreffend Schließung der Schutzlücken im 2. Gewaltschutzgesetz zum Schutz und zur Sicherheit von Gewaltopfern, insbesondere von Kindern und Jugendlichen
BEGRÜNDUNG
Mit 1. Juni 2009 trat das zweite
Gewaltschutzgesetz in Kraft. Es sollte Defizite und Schutzlücken
schließen, der Schutzbedarf von Opfern von strafrechtlich relevanten
Handlungen im Zivilverfahren stärken und weitergefasste Bestimmungen für
den Schutz der Opfer festlegen. Das österreichische Gewaltschutzgesetz
dient vielen anderen Ländern als „Best Practice“, gerade weil
die Interventionsstellen und Gewaltschutzzentren hier einen gesetzlich
verankerten Status als Kooperationspartnerinnen gerade von Exekutive und Justiz
im Kampf gegen Gewalt in der Familie einnehmen.
Jede 4. – 5. Frau erleidet zumindest einmal in ihrem Erwachsenenleben
körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch einen Beziehungspartner.
Häusliche Gewalt bedeutet jedoch oft nicht, dass eine Einzeltat begangen
wird, die strafrechtlich verfolgt werden könnte. Es bedeutet in der Regel,
dass ein komplexes System von Unterdrückung und/oder Misshandlung die
Gewaltbeziehung beherrscht, dazu gehören unter anderem Kontrolle,
Isolation, Demütigung, Machtansprüche und Einschüchterungen, das
Benutzen der Kinder, das Schaffen finanzieller Abhängigkeiten und
ökonomische Gewaltanwendungen, Drohungen, Nötigungen und Zwang,
körperliche und sexuelle Gewalthandlungen.
Die zeitliche Ausweitung des Betretungsverbotes, umgesetzt durch das 2.
Gewaltschutzgesetz, ist eine wichtige Maßnahme zum Schutz der Opfer. Das
Gewaltschutzgesetz ist in ständiger Anwendung durch die Expertinnen und
Experten und ExekutivbeamtInnen und somit auch im ständigen Prozess. Eine
aus der Erfahrung resultierende, aktuell wieder diskutierte, notwendige weitere
Maßnahme ist die Ausweitung des Betretungsverbotes in ein
zusätzliches Kontaktverbot für direkt betroffene Opfer und auch
für die im Haushalt lebenden minderjährigen Kinder und Jugendliche.
In ungefähr der Hälfte aller Familien in denen die Polizei ein
Betretungsverbot aussprechen muss, leben minderjährige Kinder. Die selbsterlebte,
aber auch die miterlebte, psychische und physische Gewalt ist traumatisierend. Eine
große Erschwernis für Kinder um zur notwendigen Ruhe nach der
Wegweisung zu kommen ist die Tatsache, dass die weggewiesenen
Familienmitglieder sie oft unter Druck setzen, ihnen Schuldgefühle machen
und sie als Nachrichtenvermittler benutzen. Verletzungen, Entführungen,
auch Tötungsdelikte, können nach der Aussprache eines
Betretungsverbotes nicht ausgeschlossen werden. Sehr gefährliche
Täter, die den Gebrauch von Waffen ankündigen und drohen enge
Familienmitglieder umzubringen , wenn sie verlassen werden sollten, sind als schwerwiegend
zu bewerten, wie der tragische und sprachlos machende Tot des 8jährigen
Jungen, durch die Hand des eigenen Vaters, in Niederösterreich zeigt.
Expertinnen und Experten der Opferschutzeinrichtungen weisen seit Jahren auf
die Sicherheitslücke hin, dass das Betretungsverbot nicht automatisch in
ein Kontaktverbot mündet. Kinder vor Gewalt zu schützen ist Aufgabe
des Gewaltschutzgesetzes. Sie sind explizit als Gewaltopfer zu
berücksichtigen. In der jetzigen gesetzlichen Ausrichtung wird die
Situation der Kinder und deren Erleben von indirekter und direkter Gewalt zu
wenig beachtet. Das Gewaltschutzgesetz ist für den Schutz und für die
Sicherheit von Frauen und Kindern zu novellieren.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, das 2. Gewaltschutzgesetz zu verbessern und Schutzlücken zu schließen, wie die Umsetzung des automatischen Kontaktverbotes bei Wegweisung/Betretungsverbot für alle im Haushalt lebende Gewaltopfer, auch Kinder, die die Gewalt indirekt miterleben müssen. Für diese Novellierung sollen unter anderem die Expertinnen und Experten von Opferschutzeinrichtungen, Gewaltschutzzentren/Interventionsstellen und von den Männerberatungen eingebunden werden.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.