1991/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 13.06.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Alev Korun, Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren im Bundesdienst zur Herstellung von Chancengleichheit

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Obwohl die Diskriminierung aufgrund des Alters, der „ethnischen“ Herkunft, des Geschlechts oder anderer Diskriminierungsgründe gesetzlich verboten ist, gibt es immer wieder Fälle von Diskriminierung. Anonymisierte Bewerbungsverfahren stellen eine effiziente Möglichkeit dar, Diskriminierung im Bewerbungsprozess – vor allem in der ersten wichtigen Auswahlrunde – hintanzuhalten: Wenn sich die Angaben in den Bewerbungsunterlagen ausschließlich auf die Qualifikation der BewerberInnen beschränken, dann verhindert dies eine, unter Umständen auch unbewusst ablaufende, Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, des Familienstands, einem „Migrationshintergrund“ oder des Alters.

 

Im englischsprachigen Raum (USA, Großbritannien und Kanada) ist es bereits seit langem gängige Praxis bei Bewerbungsverfahren auf persönliche Angaben zu verzichten. In den letzten Jahren gab es in einigen europäischen Ländern Pilotversuche zu anonymisierten Bewerbungen, die durchwegs positiv bewertet wurden. In Belgien wurde 2005 gesetzlich festgelegt, dass in Bewerbungen für die öffentliche Verwaltung weder der Name, noch das Alter oder das Geschlecht stehen darf. Fotos sind ebenfalls verboten. Wenn sich Bedienstete in der Öffentlichen Verwaltung um eine andere Stelle bewerben, dann wird ihr Lebenslauf anonymisiert.

Im Deutschland gab es ein Modellprojekt der Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes, an dem sowohl private Unternehmen als auch drei Dienststellen der Öffentlichen Verwaltung (das Bundesfamilienministerium sowie die Bundesagentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen und in Celle)  teilgenommen haben. Die Einschätzung der Personalverantwortlichen zeigte, dass sich die anonymisierten Bewerbungsverfahren in nahezu allen Beschäftigungsbereichen umsetzen lassen und die Stellen erfolgreich besetzt werden konnten. Durch die anonymisierten Bewerbungsverfahren konnte eine gleiche Einladungswahrscheinlichkeit zum Bewerbungsgespräch für alle Bewerbenden erreicht werden, unabhängig davon, ob sie zu einer potentiell von Diskriminierung betroffenen Gruppe gehörten oder nicht.

 

Eine Förderung von unterrepräsentierten Gruppen ist auch bei anonymisierten Bewerbungsverfahren weiterhin möglich. Denn nach der Erstauswahl aufgrund gleichwertiger Qualifikation ist es im zweiten Schritt weiterhin möglich, gesellschaftlich benachteiligte Gruppen bei der Einstellung zu bevorzugen. Da es wünschenswert wäre, Auswahlverfahren noch stärker als bislang unter den Gesichtspunkten der Transparenz und Objektivität auf Basis klarer und nachvollziehbarer Bewertungskriterien durchzuführen, sollte der Öffentliche Dienst mit einem positiven Beispiel voran gehen und an der Umsetzung eines anonymisierten Bewerbungsprozesses arbeiten.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Novelle des Ausschreibungsgesetzes 1989 vorzulegen, die die Einführung eines anonymisierten Bewerbungsverfahrens für die schriftlichen Bewerbungen im öffentlichen Dienst vorsieht.

In diesem Verfahren soll in einer ersten Bewerbungsrunde eine Vorauswahl getroffen werden, wobei persönliche Daten wie Namen, Alter, Geschlecht, Geburtsort, Familienstand, Aussehen und - sofern dies nicht eine gesetzliche Ausschreibungsvoraussetzung ist - die Nationalität anonymisiert werden.

An einer zweiten Bewerbungsrunde sollen all jene BewerberInnen teilnehmen, welche die in der Ausschreibung geforderten Qualifikationen aufweisen.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss  vorgeschlagen.