2016/A XXIV. GP

Eingebracht am 27.06.2012
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ANTRAG

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch BGBl. Nr. 60/1974 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2011, geändert wird

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch BGBl. Nr. 60/1974 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2011, geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Strafgesetzbuch BGBl. Nr.60/1974, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2011, wird wie folgt geändert:

 

 

Der bisherige Text des § 295 StGB erhält die Absatzbezeichnung „(1)“.
Folgender Absatz 2 wird angefügt:

 

„(2) Ein Beamter, der ein Beweismittel vernichtet, beschädigt oder unterdrückt, um dieses der Verwendung in einem der Strafprozessordnung unterliegenden Verfahren zu entziehen, ist, wenn er mit dem Vorsatz handelt, zu verhindern, dass das Beweismittel im Verfahren gebraucht werde und die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.“

 

 

Begründung:

 

 

Der im Mai 2011 am Landesgericht in Wiener Neustadt zu Ende gegangene TierschützerInnenprozess hat eine bedenkliche Entwicklung im Bereich der polizeilichen Ermittlungstätigkeit offengelegt. Während einerseits die bei den Ermittlungen beteiligten Beamten der sogenannten SOKO-„Bekleidung“ sehr weit gingen, um aus den umfassenden Ermittlungsergebnissen einzelne Sachverhaltselemente herauszunehmen, um daraus den Verdacht einer kriminellen Organisation nach §278a StGB zu konstruieren, wurde andererseits versucht, sehr wesentliche entlastende Ermittlungsergebnisse dem entscheidenden Strafgericht vorzuenthalten. Schlussendlich war es dem außerordentlichen Einsatz der Angeklagten zu verdanken, dass etwa die entlastenden Beweisergebnisse einer Verdeckten Ermittlung trotzdem noch Prozessgegenstand werden konnten und der Strafantrag wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen konnte.

 

Als die freigesprochenen Tierschützer daraufhin versuchten, ihrerseits mit den Mitteln des Strafrechts gegen die dem Gebot der Objektivität unterliegenden Polizeibeamten vorzugehen, wurden die Ermittlungen rasch eingestellt. Somit ist es Polizeibeamten faktisch selbst überlassen, zu beurteilen, welche Ermittlungsergebnisse ein konkreter Beweiswert zukommt und somit als Beweismittel Relevanz besitzen.

 

Frau Univ.-Prof Petra Velten Strafrechtsexpertin der Uni Linz meint hiezu, dass „die Polizei alles, was auch nur irgendwie be- oder entlastend sein könnte, an die Staatsanwaltschaft weitergeben werden muss und nicht nur handfeste Alibibeweise“.

 

Neben einer klaren gesetzlichen Regelung, welche Beweisergebnisse der polizeilichen Ermittlungen im Falle eines Strafprozesses an die Staatsanwaltschaften zu übermitteln sind, bedarf es auch einer Nachschärfung im Strafrecht. Hier soll dem § 295 StGB (Unterdrückung eines Beweismittels) ein Absatz 2 hinzugefügt werden und somit ein Sondertatbestand für Beamte geschaffen werde.

 

Um der besonderen Schutzbedürftigkeit von Beschuldigten im Strafprozess besser gerecht werden zu können, ist es notwendig die Regelungen der Unterdrückung eines Beweismittels auf diese faktisch enorm weitreichenden Befugnisse der polizeilichen Strafverfolgungsbehörden anzupassen. Sollten Polizeibeamte Ermittlungsergebnisse nur selektiv an die Strafgerichte weitergeben, um dadurch zu verhindern, dass bestimmte Beweismittel im Verfahren gebraucht werden, so soll dies aufgrund der Missachtung des Objektivitätsgrundsatzes und zur Wahrung der Beschuldigtenrechte zukünftig strafbar sein. Im Gegensatz zum Amtsmissbrauch soll für die Erfüllung der inneren Tatseite die Erfüllung des Eventualvorsatzes genügen, das heißt, der Beamte muss es für möglich halten, dass das Beweismittel im Verfahren gebraucht werde, und sich mit der Verhinderung des Gebrauchs abfinden.

 

Dieses Verhalten ist bislang nicht pönalisiert. § 295 StGB verlangt nämlich, dass ein Beweismittel zur Verwendung in einem gerichtlichen Verfahren bestimmt ist. Demnach muss die Verwendung des Beweismittels im Verfahren bereits in Aussicht genommen worden sein. Dies ist aber bei einer anfänglichen Unterdrückung von polizeilichen Ermittlungsergebnissen die oftmals heimlich ermittelt wurden, faktisch nicht möglich, da die Beschuldigten über die Existenz des Beweismittels zumeist gar keine Informationen haben.

 

Über die Frage, ob einem Erkenntnis, einer Unterlage oder einem Ermittlungsergebnis überhaupt einem Beweiswert zugekommen wäre, ist letztlich bei der Prüfung der objektiven Strafbarkeitsvoraussetzungsgründe vom entscheidenden Strafgericht zu entscheiden. Somit kann schlussendlich sichergestellt werden, dass die Polizei nicht eigenhändig und von der richterlichen Kontrolle unabhängig über den Beweiswert von Ermittlungsergebnisse entscheidet.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.