2032/A XXIV. GP

Eingebracht am 04.07.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (Gesetzesbeschwerde, Entfall des Art. 144 B-VG)

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundes-Verfassungsgesetz – B‑VG, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 51/2012, wird wie folgt geändert:

1. In Art. 12 Abs. 1 Z 1 wird der Beistrich nach dem Wort „Volkspflegestätten“ durch einen Strichpunkt ersetzt.

2. In Art. 14a Abs. 1 wird die Wortfolge „Angelegenheiten des Hochschulwesens“ durch die Wortfolge „Angelegenheiten des Universitäts- und Hochschulwesens“ ersetzt.

3. In Art. 16 Abs. 5 wird die Wortfolge „völkerrechtlicher Verträge“ durch die Wortfolge „von Staatsverträgen“ ersetzt.

4. In Art. 49 Abs. 2 Z 1 wird das Wort „authentischen“ durch das Wort „authentische“ ersetzt.

5. In Art. 52 Abs. 4 wird die Wortfolge „Bundesgesetz, betreffend die Geschäftsordnung des Nationalrates,“ durch die Wortfolge „Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates“ ersetzt.

6. Art. 59b Abs. 1 Z 2 lautet:

         „2. zwei vom Vorsitzenden des Bundesrates mit Zustimmung seiner Stellvertreter namhaft gemachte Vertreter,“

7. In Art. 81a Abs. 1 wird die Wortfolge „das Hochschul- und Kunstakademiewesen“ durch die Wortfolge „das Universitäts- und Hochschulwesen“ ersetzt.

8. In Art. 119a Abs. 9 entfällt die Wortfolge „und Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (Art. 144)“.

9. Art. 133 Abs. 5 entfällt; die bisherigen Abs. 6 bis 9 erhalten die Absatzbezeichnung „(5)“ bis „(8)“.

10. Art. 139 Abs. 1 lautet:

„(1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen

           1. auf Antrag eines Gerichtes;

           2. von Amts wegen, wenn er die Verordnung in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte;

             


           3. auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist;

           4. auf Antrag einer Person, die durch die letztinstanzliche Entscheidung eines Gerichtes wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, Partei der Rechtssache war, unter Darlegung der gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken die Stellung eines Antrages gemäß Z 1 angeregt hat und soweit das Gericht ihrer Anregung nicht entsprochen hat;

           5. einer Bundesbehörde auch auf Antrag einer Landesregierung oder der Volksanwaltschaft;

           6. einer Landesbehörde auch auf Antrag der Bundesregierung oder, wenn landesverfassungsgesetzlich die Volksanwaltschaft auch für den Bereich der Verwaltung des betreffenden Landes für zuständig erklärt wurde, der Volksanwaltschaft oder einer Einrichtung gemäß Art. 148i Abs. 2;

           7. einer Aufsichtsbehörde nach Art. 119a Abs. 6 auch auf Antrag der Gemeinde, deren Verordnung aufgehoben wurde.

Auf Anträge gemäß Z 3 und 4 ist Art. 89 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden.“

11. In Art. 139 werden folgende Abs. 1a und 1b eingefügt:

„(1a) In den Fällen des Abs. 1 Z 4 ist der Verfassungsgerichtshof an die Rechtsanschauung des letztinstanzlichen Gerichtes gebunden.

(1b) Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrags gemäß Abs. 1 bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.“

12. In Art. 139 Abs. 3 letzter Satz wird nach dem Ausdruck „Abs. 1 Z 3“ der Ausdruck „und 4“ eingefügt.

13. In Art. 139 Abs. 4 entfällt das Wort „unmittelbar“.

14. Art. 139 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Für Rechtssachen, die zur Stellung eines Antrages gemäß Abs. 1 Z 4 Anlass gegeben haben, ist durch Bundesgesetz zu bestimmen, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem die Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben wird, einen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens bildet. Dies gilt sinngemäß für den Fall eines Ausspruches gemäß Abs. 4.“

15. Art. 140 Abs. 1 lautet:

„(1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Verfassungswidrigkeit

           1. von Gesetzen

                a) auf Antrag des Obersten Gerichtshofes, eines in zweiter Instanz zuständigen ordentlichen Gerichtes, eines Verwaltungsgerichtes oder des Verwaltungsgerichtshofes;

               b) von Amts wegen, wenn er das Gesetz in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte;

                c) auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist;

               d) auf Antrag einer Person, die durch die letztinstanzliche Entscheidung eines Gerichtes wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, Partei der Rechtssache war, unter Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken die Stellung eines Antrages gemäß lit. a angeregt hat und soweit das Gericht ihrer Anregung nicht entsprochen hat;

           2. von Bundesgesetzen auch auf Antrag einer Landesregierung, eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates oder eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates;

           3. von Landesgesetzen auch auf Antrag der Bundesregierung oder, wenn dies landesverfassungsgesetzlich vorgesehen ist, auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Landtages.

Auf Anträge gemäß Z 1 lit. c und d ist Art. 89 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden.“

16. In Art. 140 werden folgende Abs. 1a und 1b eingefügt:

„(1a) In den Fällen des Abs. 1 Z 1 lit. d ist der Verfassungsgerichtshof an die Rechtsanschauung des letztinstanzlichen Gerichtes gebunden.

(1b) Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrags gemäß Abs. 1 bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.“


17. In Art. 140 Abs. 3 letzter Satz wird nach dem Ausdruck „Abs. 1 Z 1 lit. c“ der Ausdruck „und d“ eingefügt.

18. In Art. 140 Abs. 4 entfällt das Wort „unmittelbar“.

19. Art. 140 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Für Rechtssachen, die zur Stellung eines Antrages gemäß Abs. 1 Z 1 lit. d Anlass gegeben haben, ist durch Bundesgesetz zu bestimmen, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem das Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, einen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens bildet. Dies gilt sinngemäß für den Fall eines Ausspruches gemäß Abs. 4.“

20. Art. 144 entfällt.

21. In Art. 147 Abs. 6 wird die Wortfolge „der Richter“ durch die Wortfolge „das Mitglied oder das Ersatzmitglied“ ersetzt.

22. In Art. 148f entfällt die Wortfolge „in nichtöffentlicher Verhandlung“.

23. Das Fußnotenzeichen „*)“ in Art. 151 Abs. 11 Z 2 und die Fußnote zu dieser Bestimmung entfallen.

24. In Art. 151 Abs. 51 Z 4 entfällt das Zitat „Abs. 2 letzter Satz und“.

25. In Art. 151 Abs. 51 Z 6 entfällt das Zitat „Art. 9 Abs. 2,“.

26. Art. 151 wird folgender Abs. 52 angefügt:

„(52) In der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. xxx/20xx treten in bzw. außer Kraft:

           1. Abs. 51 Z 4 und 6 mit 6. Juni 2012;

           2. Art. 49 Abs. 2 Z 1 mit 1. Juli 2012;

           3. Art. 12 Abs. 1 Z 1, Art. 14a Abs. 1, Art. 16 Abs. 5, Art. 52 Abs. 4, Art. 59b Abs. 1 Z 2, Art. 81a Abs. 1, Art. 147 Abs. 6, Art. 148f sowie das Fußnotenzeichen „*)“ in Abs. 11 Z 2 und die Fußnote zu dieser Bestimmung mit Ablauf des Monats der Kundmachung dieses Bundesverfassungsgesetzes;

           4. Art. 119a Abs. 9, Art. 133 Abs. 5 bis 8, Art. 139 Abs. 1, 1a, 1b, 3 letzter Satz, 4 und 7, Art. 140 Abs. 1, 1a, 1b, 3 letzter Satz, 4 und 8 und Art. 144 mit 1. Jänner 2014.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuss



Erläuterungen:

 

Der Nationalrat hat am 15.5.2012 einstimmig folgende Entschließung beschlossen:

 

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, unter Berücksichtigung der Vorarbeiten zur Einführung einer mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Österreich-Konvents Vorschläge zur Einführung einer Gesetzesbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof auszuarbeiten und den Klubs der im Nationalrat vertretenen Parteien bis zum 20. Juni 2012 zur Verfügung zu stellen.“

 

Der Bundeskanzler ist fristgerecht dieser Entschließung nachgekommen und es wurden vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst zwei Entwürfe zur Gesetzesbeschwerde übermittelt, wobei ein Entwurf die Beibehaltung des Art. 144 B-VG und ein Entwurf den Entfall des Art. 144 B-VG vorsehen.

 

Um eine Begutachtung über den Sommer zu ermöglichen, haben die fünf Fraktionen beide Entwürfe in Form von Initiativanträgen am 4. Juli 2012 im Nationalrat eingebracht. In Folge ist beabsichtigt, dass der Verfassungsausschuss am 5. Juli 2012 die Begutachtung über die beiden Initiativanträge beschließt.


Begründung

Zu Z 1 (Art. 12 Abs. 1 Z 1):

Bereinigung eines Redaktionsversehens in der B-VG-Novelle 1983, BGBl. Nr. 175/1983.

Zu Z 2 (Art. 14a Abs. 1) und Z 7 (Art. 81a Abs. 1):

Terminologische Anpassung bzw. Bereinigung zweier Redaktionsversehen in der B-VG-Novelle BGBl. I Nr. 31/2005: Durch die vorgeschlagenen Änderungen sollen die Art. 14a Abs. 1 und Art. 81a Abs. 1 B-VG terminologisch an die in Art. 14a Abs. 10 B-VG gewählte Formulierung angepasst werden. Namentlich die in Art. 81a Abs. 1 B-VG bezogenen „Kunstakademien“ bestehen nicht mehr, da sie in Universitäten umgewandelt wurden.

Zu Z 3 (Art. 16 Abs. 5):

Terminologische Vereinheitlichung.

Zu Z 4 (Art. 49 Abs. 2 Z 1), Z 24 (Art. 151 Abs. 51 Z 4) und Z 25 (Art. 151 Abs. 51 Z 6):

Bereinigung von drei Redaktionsversehen in der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012.

Zu Z 5 (Art. 52 Abs. 4):

Terminologische Anpassung bzw. Bereinigung eines Redaktionsversehens im Kundmachungsreformgesetz 2004, BGBl. I Nr. 100/2003 (unvollständige terminologische Anpassung; vgl. Art. 1 Z 6 dieses Bundesgesetzes).

Zu Z 6 (Art. 59b Abs. 1 Z 2):

Terminologische Vereinheitlichung. Art. 36 Abs. 2 letzter Satz B-VG, wonach der Vorsitzende den Titel „Präsident des Bundesrates“ und seine Stellvertreter den Titel „Vizepräsident des Bundesrates“ führen, bleibt unberührt.

Zu Z 8 (Art. 119a Abs. 9), Z 9 (Art. 133 Abs. 5 bis 8), Z 10 (Art. 139 Abs. 1), Z 11 (Art. 139 Abs. 1a und 1b), Z 12 (Art. 139 Abs. 3 letzter Satz), Z 13 (Art. 139 Abs. 4), Z 14 (Art. 139 Abs. 7), Z 15 (Art. 140 Abs. 1), Z 16 (Art. 140 Abs. 1a und 1b), Z 17 (Art. 140 Abs. 3 letzter Satz), Z 18 (Art. 140 Abs. 4), Z 19 (Art. 140 Abs. 8) und Z 20 (Entfall des Art. 144):

Mit Entschließung vom 15. Mai 2012, 249/E XXIV. GP, hat der Nationalrat den Bundeskanzler aufgefordert, unter Berücksichtigung der Vorarbeiten zur Einführung einer mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Österreich-Konvents (siehe den Bericht des Österreich-Konvents, Band 1, Teil 3, 206 f, und den Ministerialentwurf 94/ME XXIII. GP) Vorschläge zur Einführung einer Gesetzesbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof auszuarbeiten und den Klubs der im Nationalrat vertretenen Parteien bis zum 20. Juni 2012 zur Verfügung zu stellen. Demgemäß sieht der Antrag die Einführung eines „Subsidiarantrages auf Normenkontrolle“ vor. Dadurch soll die Rechtsbereinigungsfunktion des Verfassungsgerichtshofes gestärkt werden.

Der Verfassungsgerichtshof soll über die Gesetzwidrigkeit einer Verordnung (die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes) auf Antrag einer Person, die durch die letztinstanzliche Entscheidung eines Gerichtes wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (eines verfassungswidrigen Gesetzes) in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, erkennen; dies unter der Voraussetzung, dass diese Person Partei der Rechtssache war, Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung (die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes) dargelegt und beim Gericht angeregt hat, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Verordnungsprüfung (Gesetzesprüfung) zu stellen. Ein solcher Subsidiarantrag auf Normenkontrolle soll nur zulässig sein, soweit (nicht: wenn) das Gericht der Anregung der Partei nicht entsprochen hat. Die Person muss behaupten, durch die letztinstanzliche Entscheidung eines Gerichtes wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (eines verfassungswidrigen Gesetzes) in ihren Rechten verletzt zu sein, wobei die von ihr darzulegenden Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung (die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes) dieselben sein müssen wie jene, derentwegen sie bei diesem Gericht die Stellung eines Antrages auf Verordnungsprüfung (Gesetzesprüfung) angeregt hat.

In dem auf Grund des Subsidiarantrages eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahren (Gesetzesprüfungsverfahren) soll der Verfassungsgerichtshof an die Auslegung der angefochtenen Verordnung (des angefochtenen Gesetzes) durch das letztinstanzliche Gericht gebunden sein (zum Begriff „Rechtsanschauung“ vgl. Art. 126a B‑VG, die §§ 60 Abs. 1, 70 Abs. 4, 86a Abs. 4 und 87 Abs. 2 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, und die §§ 38a Abs. 4, 42 Abs. 4 und 63 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG, BGBl. Nr. 10/1985).

Für Rechtssachen, die zur Stellung eines Subsidiarantrages Anlass gegeben haben, ist durch Bundesgesetz zu bestimmen, dass die Aufhebung der Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit (die Aufhebung des Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit) durch den Verfassungsgerichtshof bzw. dessen Ausspruch, dass die Verordnung gesetzwidrig (das Gesetz verfassungwidrig) war, im Verfahren vor jenem Gericht, durch


dessen Entscheidung der Antragsteller wegen Anwendung der gesetzwidrigen Verordnung (des verfassungswidrigen Gesetzes) in seinen Rechten verletzt worden ist, eine neuerliche Entscheidung auf Grund der bereinigten Rechtslage ermöglicht (Wiederaufnahme des Verfahrens oder andere adäquate verfahrensrechtliche Institute).

Da die Art. 139a und Art. 140a B‑VG auf die Art. 139 und Art. 140 B‑VG verweisen, kann ein Subsidiarantrag auch wegen Gesetzwidrigkeit einer Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages) und wegen Rechtswidrigkeit eines Staatsvertrages gestellt werden. Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für diese Fälle.

Die Einführung der Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit des Verfassungsgerichtshofes hatte historische Gründe, die nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Entwicklung seiner Rechtsprechung seit Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ihre ursprüngliche Bedeutung weitgehend verloren haben. Es erscheint daher konsequent, diese Zuständigkeit aus Anlass der Einführung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie des Subsidiarantrages auf Normenkontrolle auf den Verwaltungsgerichtshof zu übertragen (zu den Gründen hiefür vgl. ausführlich Hiesel, Gedanken zu einer grundlegenden Reform der Aufgabenverteilung zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, JRP 2009, 221 [224 ff], unter Berufung auf Walter, Überlegungen zu einer Neuabgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof, ÖJZ 1979, 225, und Klecatsky, Brauchen wir heute noch eine sonderverwaltungsgerichtliche Verfassungsgerichtsbarkeit?, ÖJZ 1973, 113). Der vorgeschlagene Entfall des Art. 144 B‑VG bedingt Anpassungen im Art. 119a B‑VG und einen Entfall des Art. 133 Abs. 5 (in der Fassung des Art. 1 Z 60 der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012).

Zu Z 21 (Art. 147 Abs. 6):

Bereinigung eines Redaktionsversehens in der B-VG-Novelle 1929, BGBl. Nr. 392/1929: Die Verwendung des Begriffes „Richter“ für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes ist ungenau, weil diese keine (Berufs‑)Richter sind.

Zu Z 22 (Art. 148f):

Bereinigung eines Redaktionsversehens in der B-VG-Novelle BGBl. Nr. 350/1981:

Während sich Art. 126a erster Satz B-VG auf die Aussage beschränkt, dass der Verfassungsgerichtshof im Verfahren über Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln, entscheidet, spricht Art. 148f B-VG davon, dass die Entscheidung im Verfahren über Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft regeln, „in nichtöffentlicher Verhandlung“ zu erfolgen hat.

Dass diese Frage im B-VG und nicht – wie bei allen anderen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof – im VfGG geregelt wird, hängt offenbar damit zusammen, dass der I. Abschnitt des Bundesgesetzes über die Volksanwaltschaft, BGBl. Nr. 121/1977, durch die B-VG-Novelle BGBl. Nr. 350/1981 „in unverändertem Wortlaut in das Bundes-Verfassungsgesetz eingebaut“ wurde (RV 427 XV. GP, 12). Die Gesetzesmaterialien zu diesem Bundesgesetz wiederum beschränken sich auf die Aussage, dass § 6 des Entwurfes – die Vorgängerbestimmung des Art. 148f B-VG – dem Art. 126a B-VG nachgebildet sei (AB 421 XIV. GP, 3). Da das Bundesgesetz über die Volksanwaltschaft im Jahr 1977 auf sechs Jahre befristet erlassen wurde, musste der Frage, wo eine dem § 6 entsprechende Dauerregelung sinnvollerweise getroffen werden sollte – nämlich teils im B-VG, teils im VfGG –, zu diesem Zeitpunkt noch kein besonderes Augenmerk beigemessen werden.

Seit dem Inkrafttreten des Kundmachungsreformgesetzes 2004 ist in § 19 VfGG geregelt, dass im Verfahren über Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft (einer Landesvolksanwaltschaft) regeln, die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich ist. Die – an systematisch verfehlter Stelle getroffene – Regelung in Art. 148f B-VG kann damit als überflüssig entfallen.

Zu Z 23 (Art. 151 Abs. 11 Z 2 samt Fußnote):

Die Fußnote zu dieser Bestimmung ist irreführend, weil die Kundmachung des EWR-Abkommens längst erfolgt ist (und zwar unter BGBl. Nr. 909/1993).