2215/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 27.02.2013
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Harald Walser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend integrative Führung der Grundstufe 1

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Kinder bringen zum Zeitpunkt der Einschulung mit sechs Jahren unterschiedlichste Voraussetzungen und Vorkenntnisse in die Schule mit. Abhängig von der Bildung der Eltern, der sozialen Situation der Familie, der Dauer des vorangegangenen Kindergartenbesuchs, der Interessenslage  und der individuellen Entwicklung des Kindes liegen die Unterschiede im Entwicklungsstand bis zu zwei Lernjahre auseinander. Während einige SchülerInnen kaum mit Schreibutensilien, Klebstoff und Schere umgehen können und daher als nicht schulreif einzustufen sind, beherrschen andere schon die Grundrechnungsarten oder können fließend lesen und schreiben.

 

Um diesem breiten Spektrum an kindlichen Voraussetzungen zu begegnen ist der Lehrplan der Volksschule nicht in Jahrgangsklassen, sondern in zwei Grundstufen unterteilt. Die Grundstufe 1 umfasst die 1. und 2. Volksschulklasse sowie (bei Bedarf) die Vorschulstufe für nicht schulreife Kinder. Die Grundstufe 1 kann gemeinsam in Form der „flexiblen Schuleingangsphase“ geführt werden. Dabei sind dann SchülerInnen der drei Schulstufen gemeinsam in einer Klasse.

 

SchülerInnen sind innerhalb der Grundstufe I berechtigt, auch während des Schuljahres in die nächsthöhere oder in die nächstniedrigere Schulstufe zu wechseln. Über den Wechsel der Schulstufe entscheidet die Schulkonferenz aufgrund des Antrages der Erziehungsberechtigten oder der Klassenlehrerin beziehungsweise des Klassenlehrers.


Sieben auf einen Streich

 

Die flexible Schuleingangsphase Vorteile für:

 

1.    Kinder, die zum Zeitpunkt der Schuleinschreibung noch nicht schulreif sind

Sie haben die Möglichkeit während der flexiblen Schuleingangsphase ihre Defizite aufzuholen und die Grundstufe 1 regulär in zwei Jahren zu durchlaufen

 

2.    Kinder mit Problemen in der Unterrichtssprache

Sie haben ausreichend Zeit die Unterrichtssprache zu erlernen ohne von vornherein von den Lehrinhalten der Volksschule ausgeschlossen zu sein.

 

 

3.    Schulen in sozialen Brennpunkten

Durch die Vermischung der Jahrgangsklassen kommt es nicht mehr zu Klassen, in den der Großteil der SchülerInnen die Unterrichtssprache nicht beherrscht.

 

4.    Kleinschulen vor allem in ländlichen Gebieten

Durch geringe SchülerInnenzahlen können benötigte Vorschulklassen nicht eröffnet werden. Bei integrativer Führung der Grundstufe 1 können zusätzliche Ressourcen für Förderunterricht bereitgestellt werden, davon profitieren alle SchülerInnen.

 

5.    Hochbegabte Kinder

Sie können von der ersten in die zweite Volksschulklasse wechseln ohne Lehrinhalte zu verpassen.

 

6.    Herbstgeborene Kinder

Je nach Entwicklungstempo wird erst im Laufe des Unterrichtsjahres entschieden, in welche Schulstufe das Kind eingestuft wird. Das nimmt viel Druck von Eltern, Kind und LehrerIn.

 

7.    LehrerInnen in der Grundstufe 1,

Für den Mehrstufenunterricht stehen mehr Ressourcen zur Verfügung als für den klassischen Jahrgangsunterricht.

 

Einige der oben genannten Probleme sind in den letzten Wochen vermehrt durch die Medien gegangenen. Insbesondere Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz ist durch Ideen aufgefallen, die vor allem die Desintegration und Selektion zum Ziel haben. Susanne Brandsteidl, amtsführende Präsidentin des Wiener Stadtschulrats, hat die Populismuskeule dankbar aufgegriffen und mit ihrer Forderung nach Vorschulklassen für Kinder mit Deutschdefiziten auch deutlich geschwungen. Selbst die zuständige Bundesministerin für Unterricht Claudia Schmied konnte sich der Idee nach Vorschulklassen nicht gänzlich entziehen, obwohl sie inzwischen aus nationalen und internationalen Studien wissen  müsste, dass SchülerInnen individuelle Förderung und Flexibilität brauchen, statt Selektion in Gettoklassen.


Die rechtlichen Voraussetzungen für die flexible Schuleingangsphase sind seit dem Schuljahr 1999/2000 in Kraft. Dennoch wird von den Möglichkeiten viel zu wenig Gebrauch gemacht. So werden die SchülerInnen ihrer Möglichkeit zum Wechsel von einer Schulstufe in eine andere beraubt. Dabei bedarf es in erster Linie einer organisatorischen Umstellung an den Schulen.

 

Auch das Know How der Lehrkräfte ist vorhanden. Vielfach werden Mehrstufenklassen über den gesamten Zeitraum der Volksschule geführt. Allerdings wird  auch hier von den Möglichkeiten der flexiblen Schuleingangsphase zu wenig Gebrauch gemacht.

 

Für die Kinder bietet die flexible Schuleingangsphase die Chance, ohne Leistungsdruck aber mit vielfältigen Angeboten in die Schule zu starten. Je nach Vorwissen und Entwicklungsstand können die Kinder die Grundstufe 1 in ein bis drei Schuljahren durchlaufen und können dabei im Klassenverband verbleiben. Stigmatisierende Erfahrungen wie die Einstufung in eine Vorschulklasse oder die Wiederholung einer Schulstufe entfallen ebenso, wie die Hürde für hochbegabte Kinder, während des Schuljahres in eine höhere Klasse mit anderen Kinder wechseln zu sollen.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Grundstufe 1 der Volksschule in ganz Österreich in Form der flexiblen Schuleingangsphase (Vorschulstufe gemeinsam mit 1. und 2. Schulstufe) angeboten wird.

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss  vorgeschlagen.