1159/AB XXIV. GP

Eingelangt am 30.04.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                         Wien, am       Mai 2009

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0034-I/4/2009

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1124/J vom 2. März 2009 der Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mit­zuteilen:

 

Zu 1. bis 4.:

Die größten Engagements in Osteuropa haben Raiffeisen International AG, Erste Group, Volksbank International AG, Hypo Alpe Adria International AG und Bank Austria AG. Darüber hinaus sind aber auch andere österreichische Institute in den Ländern Mittel- und Osteuropas tätig.

 

Dem Bundesministerium für Finanzen liegen Daten über die Engagements (Kredite, Leasing, Kapitaleinlagen, Beteiligungen, sonstige Risikopositionen) der österreichischen Banken bzw. der Tochtergesellschaften von ausländischen Banken in Osteuropa in nicht abschließender Form vor. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass das Bankgeschäft ein dynamischer Prozess ist und daher auch Bestandsgrößen einer laufenden Veränderung, beispielsweise durch Bewertungsänderungen, Rückflüsse und Neuengagements, unterworfen sind. Auch stellt sich die Frage der Definition des Osteuropageschäfts, welche Staaten und auch welche Banken in die Statistiken einzurechnen sind.

 

Das medial kolportierte Gesamtkreditvolumen in der Höhe von 230 bis 240 Mrd. Euro beruht auf Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Auf Basis der der FMA und der OeNB zugänglichen Informationen (Meldewesen, Statistik der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr) ist aktuell von einem Gesamtfinanzierungsvolumen von rd. 300 Mrd. € (Ende 2008; inklusive Unicredit BA und HGAA) auszugehen.

 

Zu 5.:

Für die Begrenzung der Risiken aus Bankgeschäften gelten die Vorschriften des Bankwesen­gesetzes, die im Zuge der Umsetzung von „Basel II“ eine umfassende Erweiterung und Vertiefung erfahren haben. Im Rahmen der Ausarbeitung von „Basel II“ wurden auch die Erfahrungen aus vergangenen Finanzkrisen berücksichtigt. Auf Risikogleichläufe, die zu einer riskanten Übergewichtung führen könnten, ist Bedacht zu nehmen. Gleichzeitig wurden die Anforderungen an die Risikomanagementsysteme deutlich verschärft, damit Risikokonzentra­tionen rechtzeitig aufgezeigt werden.

 

Zu 6.:

Hinsichtlich des Ausfallsrisikos ist zu beachten, dass Osteuropa in wirtschaftlicher Hinsicht keineswegs ein homogener Block ist, sondern die einzelnen Länder in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung unterschiedlich weit fortgeschritten sind. Ebenso unterschiedlich ist damit ihre Exponierung gegenüber der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise sowie ihr Hand­lungspotential bei der Entwicklung von Gegenmaßnahmen. Bei der Quantifizierung des Ausfallsrisikos ist weiters von zentraler Bedeutung, welche Stabilisierungsmaßnahmen für die Ökonomien der stärker betroffenen Länder Osteuropas auf internationaler Ebene (EU, IWF, Weltbank etc.) gesetzt werden. Je nach dem, welche Annahmen hier zu Grunde gelegt werden, gehen die Einschätzungen von Experten von unterschiedlichen Ausfallswahrschein­lichkeiten für unterschiedliche Zeiträume aus. Eine Quantifizierung der Kreditausfälle auf Quartalsbasis in den kommenden 12 Monaten ist seriös nicht möglich, da ja auch die wirtschaftliche Entwicklung derzeit nicht vorhersehbar ist.


Zu 7.:

Derzeit gibt es keine Indizien dafür, dass in irgendeinem osteuropäischen Land die Ver­staatlichung von Banken droht. Diese Länder haben tendenziell mit Kapitalabflüssen zu kämpfen und sind allein aus diesem Grund nicht in der Lage, durch eine Verstaatlichung eine Stabilisierung ihres Bankwesens zu erreichen. Vielmehr würde sich der Kapitalabfluss ver­stärken und die jeweilige Landeswährung zusätzlich unter Druck kommen. Vor diesem Hintergrund ist auch der Konsens auf europäischer Ebene zu sehen, dass die jeweiligen Mutterbanken bzw. deren Sitzstaaten für eine ausreichende Kapitalisierung auf Konzern­ebene Sorge tragen. Dieser Konsens wäre im Fall von Verstaatlichungen zum Nachteil der verstaatlichenden Länder obsolet.

 

Sollte der unwahrscheinliche Fall einer Verstaatlichung dennoch eintreten, so sind viele Direktinvestitionen der österreichischen Kreditinstitute (=Beteiligungsbuchwerte) im Wege der Exportförderung gegen politische Risiken, worunter auch Verstaatlichungen fallen, abge­sichert. Ob und welche Maßnahmen im Rahmen des Finanzmarktstabilitätsgesetzes flan­kierend zu ergreifen sind, kann nur im Anlassfall in Kenntnis der Bedingungen über die Entflechtung von Mutter und Tochter entschieden werden.

 

Zu 8. und 9.:

Eine Risikoabschätzung für eine mögliche Inanspruchnahme eines Mutterunternehmens durch die Gläubiger des Tochterunternehmens im Fall von dessen Insolvenz erfordert die Kenntnis der im Insolvenzzeitpunkt aufrechten Rechtsgrundlagen für eine derartige Inan­spruchnahme (z.B. Garantien, Haftungen, Patronatserklärungen) und ist in abstrakter Form ex ante nicht möglich.

 

Zu 10.:

Gemäß § 78 Abs. 1 StPO ist jede Behörde, der der Verdacht einer Straftat bekannt wird, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, zur Anzeige dieses Verdachts bei der zu­ständigen Staatsanwaltschaft verpflichtet. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Weisung, die im Fall der FMA wegen der Weisungsfreistellung im FMABG auch gar nicht möglich ist.

 

Zu 11.:

Durch die Zugehörigkeit zum Sparkassenhaftungsverbund ist das Kreditgeschäft der Sparkassen in Österreich in keiner wie immer gearteten Weise beeinträchtigt. Vielmehr ermöglichen die verschiedenen, nur auf Verbundebene wirtschaftlich sinnvoll erbringbaren Dienstleistungen im Back-Office-Bereich die friktionsfreie Abwicklung des Bankgeschäfts im Interesse der Kunden. Eine Auflösung des Sparkassenhaftungsverbunds durch Gesetzesbeschluss würde daher destabilisierend wirken und die wirtschaftliche Integrität seiner Mitglieder nachhaltig gefährden. Abgesehen davon wäre ein derartiger Eingriff ver­fassungswidrig.

 

 

Mit freundlichen Grüßen