1257/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.05.2009
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 
NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                    Zl. LE.4.2.4/0040 -I 3/2009

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 7. MAI 2009

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen

                        und Kollegen vom 10. März 2009, Nr. 1197/J, betreffend

                        klimarelevante Maßnahmen bei der Wohnbausanierung

                       

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen vom 10. März 2009, Nr. 1197/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Eine Nichteinhaltung des Kyoto-Ziels Österreichs könnte dann eintreten, wenn weder durch Maßnahmen im Inland noch durch Zukauf aus dem Ausland über die Kyoto-Mechanismen genügend Zertifikate zur Abdeckung der Emissionen 2008 bis 2012 bei der „Endabrechnung“ im Jahr 2014 zur Verfügung stehen.

 

Grundsätzlich muss hinsichtlich Sanktionen (fälschlich oft „Strafen“ genannt) zwischen dem Kyoto-Regime und den EU-Regelungen unterschieden werden:


 

In Artikel 18 des Kyoto-Protokolls (BGBl. III Nr. 89/2005) ist vorgesehen, dass die Tagung der Vertragsparteien des Protokolls auf ihrer ersten Tagung geeignete und wirksame Verfahren und Mechanismen zur Feststellung und Behandlung von Fällen der Nichteinhaltung der Bestimmungen des Protokolls beschließt.

 

Dabei können die folgenden automatischen Sanktionen in Kraft treten:

 

Strafzahlungen im engen Sinn sind in dem Beschluss nicht vorgesehen, die finanziellen Implikationen der oben dargestellten Sanktionen sind aber nicht zu unterschätzen.

 

Zu Frage 2:

 

a.      Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft war bemüht, zur Anpassung der österreichischen Klimastrategie einen breiten Konsens zwischen den relevanten Entscheidungsträgern sowie betroffenen Sektoren herbeizuführen. Die Länder wurden von Beginn des Prozesses an in die öffentliche Konsulta-tion, den Arbeitsgruppenprozess sowie in die Endabstimmung im Rahmen des Kyoto-Forums einbezogen. Bis zuletzt standen jedoch die Länder auf dem nicht eindeutig nachvollziehbaren Standpunkt, wonach die Klimastrategie eine Ungleichverteilung der „Belastungen“ zwischen Bund und Ländern vorsehe. Tatsächlich sieht die angepasste Klimastrategie 2007 eine deutliche Zunahme finanzieller Belastungen für den Bund vor. An die Länder ergeht insbesondere die Aufforderung, klimaverträgliche Maßnahmen in der Wohnbauförderung sowie im Baurecht zu intensivieren. Obwohl der Zielwert für den Ausstoß an Treibhausgasen im Sektor Raumwärme gegenüber der Klimastrategie 2002 von 10,5 auf 11,9 Millionen Tonnen pro Jahr (2008-2012) nach oben korrigiert wurde, wollten die Länder dieser Vorgabe keine Zustimmung erteilen. Aus Sicht des BMLFUW ist ein Erreichen des Zielwerts auf Basis entsprechender Maßnahmensetzungen keineswegs unrealistisch. 2007 wurden aufgrund eines starken Rückgangs der Heizölverkäufe sowie auf Basis eines relativ milden Winters Emissionen von 11,1 Millionen Tonnen in diesem Sektor registriert.


 

b.      Es bestehen für die einzelnen Länder keine unmittelbar bindenden Vorgaben hinsichtlich einer Mindestquote an Mitteleinsatz für thermisch-energetische Förderungsmaßnahmen. Die neue Art. 15a-Vereinbarung über Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor (noch nicht in Kraft) sieht diesbezüglich als Zielbestimmung vor, dass durch substanzielle Anhebung der finanziellen Mittel für Zwecke der umfassenden Sanierung bis 2020 der Anteil der derzeit noch unsanierten Wohngebäude aus der Errichtungsperiode 1945 bis 1980 maßgeblich gesenkt werden soll. Gemäß den Berichten der Bundesländer über Klimaschutzmaßnahmen in der Wohnbauförderung wurden 2006 insgesamt rund 2,6 Milliarden € an Wohnbauförderungszusagen (inkl. Darlehensvergaben) getätigt, wovon rund 800 Millionen Euro oder ca. 30% auf Sanierungsmaßnahmen entfallen. Davon war wiederum rund die Hälfte der Mittel, nämlich knapp 400 Mio €, unmittelbar klimawirksam (im Sinne von thermisch-energetischen Maßnahmen).

 

c.      Das Berichtswesen sowohl nach der bestehenden als auch nach der neuen Art. 15a-Vereinbarung über Klimaschutzmaßnahmen in der Wohnbauförderung sieht eine klare quantitative Zuweisung des Mitteleinsatzes für thermisch-energetische Maßnahmen vor. Für Berichte ab 2009 nach der neuen Vereinbarung wird zudem eine bessere Vergleichbarkeit der Angaben angestrebt (s. auch Antwort zu Frage 10).

 

Zu Frage 3:

 

Aus Sicht des BMLFUW wurden die vordringlichsten Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich bereits in die Wege geleitet. Dies umfasst insbesondere die neue Vereinbarung nach Art. 15a B-VG über Klimaschutz im Gebäudesektor, die eine Nachbesserung der Maßnahmen aus der bestehenden Vereinbarung und zudem eine Ausweitung auf öffentliche Gebäude der Vertragsparteien Bund und Länder vorsieht. Ohne die engagierte Initiative des BMLFUW wäre die Vereinbarung in dieser Form keinesfalls zustande gekommen.

 

Zu erwähnen sind selbstverständlich auch die über die Wohnbauförderung hinaus gehende Initiativen des Bundes, insbesondere im Rahmen des Klima- und Energiefonds (z.B. Holz-/Pellets-Kesselaktion) sowie des aktuellen Konjunkturpakets der Bundesregierung (100 Mio € für thermische Sanierung).

 


 

Zu den Fragen 4 und 5:

 

Das BMLFUW hat bereits im Juni 2008 einen Entwurf für ein Klimaschutzgesetz (KSG) in Begutachtung geschickt, welches eine quantifizierte Aufteilung und Zuordnung von Klimaschutzverpflichtungen auf Bund (aufgeteilt nach Bundesministerien) und Länder vorsehen würde. Diese Zuordnung und Aufteilung erfasst auch den Sektor Raumwärme, welcher in den Zuständigkeitsbereich der Länder fällt.

 

Das Regierungsprogramm vom Herbst 2008 bestärkt nun die Forderung des Bundes nach Schaffung eines Klimaschutzgesetzes. Der Entwurf ist derzeit in Überarbeitung.

 

Zu den Fragen 6 und 7:

 

Es wird auf die generelle Zuständigkeit der Länder verwiesen. Darüber hinaus hat das Bundeskanzleramt mit Note vom 26. Februar 2009, Zl. BKA-VV.08/2313/0001-V/7/2009, der Europäischen Kommission einen Übersichtsbericht über die österreichische Umsetzung der Richtlinie 2002/91/EG übermittelt. Unvorgreiflich der abschließenden Bewertung durch die Europäische Kommission wird auf Grund dessen davon ausgegangen, dass das Vertragsverletzungsverfahren eingestellt wird.

 

Zu Frage 8:

 

Die angesprochene Vereinbarung enthält in Art. 10 (bzw. Art. 16 nach der neuen Vereinbarung) die Vorgabe, wonach die Vertragsparteien einander spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten die Maßnahmen mitzuteilen haben, welche im Sinne der Vereinbarung getroffen wurden. Weiters ist ein Berichtswesen über die Wirkungen der gesetzten Maßnahmen vorgesehen. Auf diese Weise wird aus Sicht des BMLFUW ein ausreichender Druck auf die Vertragsparteien ausgeübt, den Verpflichtungen nach der Vereinbarung entsprechend nachzukommen. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Länder durchwegs zeitgerecht oder sogar vor Ende der Umsetzungsfrist geeignete Maßnahmen im Sinne der Vereinbarung getroffen haben. Einzelne Bundesländer setzen auch bereits die Vorgaben nach der neuen Vereinbarung, die selbst noch nicht in Kraft getreten ist, vorzeitig mit Wirkung ab 2009 um.

Verfassungsrechtlich bestehen keine Möglichkeiten, die Einhaltung einer Art. 15a-Vereinbarung einzuklagen.


 

Zu Frage 9:

 

Genau diese Forderung ist der wesentliche Inhalt der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über „Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen“.

 

In diesem Bereich wurden durch intensive Verhandlungsprozesse zwischen Bund und Ländern in den letzten 5 Jahren deutliche Fortschritte erzielt, v.a. durch Umsetzung der ersten Art. 15a-Vereinbarung über die Verwendung der Wohnbaufördergelder.

 

Zu Frage 10:

 

Die neue Vereinbarung nach Art. 15a B-VG über Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor sieht im Zusammenhang mit den jährlichen Berichten der Vertragsparteien über die Wirkungen der Maßnahmen vor, dass eine Standardisierung der Berichtsanforderungen u.a. mit dem Ziel gut vergleichbarer Ergebnisse zu erfolgen hat. Das BMLFUW ist daher bestrebt, eine Einigung mit den Ländern auf Darstellung der Förderungszusicherungen nach Barwertmethode herbeizuführen. Eine vom Kyoto-Forum mit der Erstellung des Berichtsformats beauftragte Arbeitsgruppe hat ihre Tätigkeit bereits aufgenommen.

 

Zu Frage 11:

 

Die Gestaltung der Wohnbaufördersysteme ist Ländersache. Die Art. 15a-Vereinbarung gibt aber einen Rahmen für klimarelevante Maßnahmensetzungen vor, an den alle Länder gebunden sind. Die Abweichungen von Bundesland zu Bundesland sollten daher in Zukunft in dieser Hinsicht gering sein, wenngleich unterschiedliche Schwerpunktsetzungen im Detail – etwa aus Rücksicht auf länderspezifische Besonderheiten der Gebäudetypologie – weiterhin gegeben sein werden.

 

Zu Frage 12:

 

Die Wohnbauförderung ist in Österreich durch die Art. 15a-Vereinbarung bereits sehr stark an der Einsparung von Treibhausgasen ausgerichtet. Es ist sehr wichtig, dass ein so bedeutendes Förderinstrument die Ziele im Klimaschutzbereich unterstützt. Trotzdem hat die Wohnbauförderung auch eine soziale Dimension, die bei der Fördervergabe berücksichtigt wird.


 

Zu Frage 13:

 

Sowohl die bestehende Vereinbarung nach Art. 15a B-VG als auch die neue – noch nicht in Kraft befindliche – Vereinbarung enthalten klare Berichtsvorgaben, die von den Vertragspartnern einzuhalten sind und auch eingehalten werden. Vom BMLFUW wurde ein erster zusammenfassender Bericht über die Wirkungen der Maßnahmen in den Jahren 2005 und 2006 im Internet veröffentlicht (www.klimastrategie.at). Ein zweiter zusammenfassender Bericht über den Zeitraum 2007/2008 ist in Vorbereitung.

 

Die neue Vereinbarung sieht eine weitere Verbesserung des Berichtswesens, etwa hinsichtlich der besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse, vor.

 

Zu Frage 14:

 

Die Berichte nach der neuen Art. 15a-Vereinbarung, welche erstmals im Frühjahr 2010 für das Berichtsjahr 2009 vorliegen werden, werden nach heutiger Einschätzung deutlich robustere Aussagen über die Förderungseffizienz zulassen, als dies nach den gegenwärtigen Berichten möglich ist. Voraussetzungen dafür sind eine Einigung auf eine Darstellung der finanziellen Eckdaten je Förderungskategorie nach Barwertmethode sowie die Heranziehung von realitätsnahen Referenzsystemen für die Bewertung der CO2-Einsparungseffekte.

 

Zu den Fragen 15 bis 17:

 

Die Fragen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend.

 

Zu Frage 18:

 

Der Bund hat sich in einem ersten Schritt dazu entschieden, einen zusätzlichen Förderanreiz im Zuge des Konjunkturpakets 2 zu setzen (s. Antwort zu Frage 3). Da die Maßnahme zu raschen konjunkturellen Impulsen führen soll, wurde einem Direktzuschuss der Vorzug gegeben. Die Frage nach einer steuerlichen Begünstigung von thermisch-energetischen Sanierungskosten bleibt aber grundsätzlich aktuell.


 

Zu Frage 19:

 

Das Berichtsformat nach der bestehenden Vereinbarung sieht vor, dass Energieeffizienz­maßnahmen sowie der Einsatz erneuerbarer Energieträger im Neubau gegenüber einem realitätsnahen Referenzszenario verglichen werden. Dazu dient im Regelfall ein nach Bauordnungsstandards errichtetes und mit Erdgas beheiztes Gebäude. Unter Heranziehung dieser Annahme ist es durchaus seriös, Emissionseinsparungseffekte durch neu errichtete Gebäude, welche eine gute Wärme­dämmung aufweisen und allenfalls auch mit erneuerbaren Energieträgern versorgt werden, darzustellen. Der erste Bericht über den Zeitraum 2005/2006 hat klar aufgezeigt, dass die Einsparungseffekte im Neubau vergleichsweise gering sind und somit der wesentliche Anteil der Einsparungen (über 80%) in der Sanierung realisiert wird. Die von verschiedenen Seiten vorgebrachte Kritik, wonach der Neubau generell keine Emissionsreduktionen generieren kann, ist jedoch nicht nachvollziehbar, zumal seit 1990 im Wohngebäudebestand trotz stark gestiegener Gesamtwohnfläche bereits eine relevante CO2-Emissionsreduktion eingetreten ist, die nur teil-weise durch Sanierungsmaßnahmen im älteren Gebäudebestand erklärbar ist. Zu berücksichtigen ist unter anderem auch, dass ein nicht unerheblicher Anteil an Wohnungsneubau als Ersatzerrichtung (nach erfolgtem Gebäudeabbruch) zu qualifizieren ist.

 

Zu Frage 20:

 

Das BMLFUW wird selbstverständlich auf die Einhaltung der Art. 15a-Vereinbarung durch die Vertragsparteien achten und hierbei besonderes Augenmerk auf das Berichtswesen legen. Mit Umsetzung der neuen Art. 15a-Vereinbarung v.a. im Bereich der Sanierung sollte einem Teil der Forderungen des Rechnungshofs nachgekommen werden. 

 

 

Der Bundesminister: