1396/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.05.2009
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Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017 Wien

 

GZ: BKA-353.110/0101-I/4/2009

Wien, am 11. Mai 2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Brunner, Freundinnen und Freunde haben am 13. März 2009 unter der Nr. 1335/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Österreich und die Finanzierung der Atomkraft gerichtet.

 

Einleitend halte ich dazu fest, dass zum Fragenkomplex EURATOM-Vertrag (Reform und Ausstiegs-Option). EU-Haushalt, grundsätzliche Haltung der Bundesregierung zur friedlichen Nutzung der Kernenergie eine Reihe von parlamentarischen Beant­wortungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramtes sowie der an­deren zuständigen Bundesministerien bestehen (die in der ggst. Anfrage auch zum Teil zitiert werden). In diesen Beantwortungen wurde die seit dem österreichischen Beitritt zur EU bestehende grundsätzliche Haltung der Bundesregierung zu allen die­sen Fragen einlässlich dargelegt. Diese im Folgenden in Erinnerung gerufene Hal­tung wird auch weiterhin von mir sowie von der gesamten Bundesregierung vertre­ten.

 

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Anfrage wie folgt:


Zu den Fragen 1 bis 7, 9 und 10:

Ø     Welche konkreten Schritte wurden von Ihnen bzw. den Bundesregierungen – wie in den Regierungsprogrammen angekündigt – in den letzten Jahren unternom­men, um eine Reform des Euratom-Vertrags durchzuführen und was war das Er­gebnis?

Ø     Welche weiteren konkreten Schritte sind dazu in dieser Legislaturperiode ge­plant?

Ø     Wen betrachten Sie als ihre Verbündeten auf EU-Ebene auf dem Weg zu einer EURATOM-Reform?

Ø     Welche halten Sie für die größten Hürden auf dem Weg zu einer Reform des EURATOM-Vertrags?

Ø     Halten sie die Durchführung einer Vertragsstaatenkonferenz zu einer EURATOM-Reform im Laufe der aktuellen Legislaturperiode für realistisch?

a)  Wenn ja, warum?

b)  Wenn nein, warum nicht und für wann halten Sie sie für realistisch?

Ø     In der Anfragebeantwortung 1001/AB des Bundeskanzlers aus dem Jahr 2003 wurden konkrete Angaben zu den Finanzierungsbeiträgen Österreichs zur Atom­kraftnutzung gemacht. In späteren Jahren wurden die Antworten immer dürftiger (etwa die Beantwortung einer Anfrage der Grünen (2225/J XXIII. GP).
Welche Initiativen werden Sie setzen, um die Transparenz zu erhöhen und die ös­terreichische Bevölkerung

a)   über die Art und Höhe der Mitfinanzierung der Atomkraftnutzung durch Öster­reich zu informieren und

b)   über die Art und den Erfolg der Aktivitäten der Regierung für eine Reform bzw. den Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag zu informieren?

Ø     Können Sie angeben, welchen Beitrag Österreichs Steuerzahlerinnen für die För­derung der Nuklearindustrie jährlich in das EU-Budget bezahlen?

a)   Welcher Betrag wurde für die Phare- und Tacis-Programme von Österreich bezahlt?

b)   Welcher Betrag wird für EURATOM-Kredite von Österreich beigesteuert?

c)   Welche sonstigen Summen werden von Österreich für die Förderung der Nu­klearindustrie (wie etwa Verwaltungskosten) etc. bezahlt?

d)   Wieviel Geld zahlt Österreich jährlich in das EU-Rahmenprogramm für For­schung und Entwicklung ein?

Ø     Sind Sie bereit, die österreichischen Zahlungen im Rahmen von EURATOM ein­zustellen, sollte sich weiterhin keine Chance auf eine Reform des EURATOM-Ver­trags ergeben

a)  Wenn nein, warum nicht?

Ø     Werden Sie die Ausstiegs-Option aus dem EURATOM-Vertrag prüfen?

a)  Wenn ja, bis wann?

b)  Wenn nein, warum nicht?

 

Österreich hat alle Reformbemühungen hinsichtlich des EURATOM-Vertrages unter­stützt und auch selbst Reforminitiativen gesetzt. Zielrichtung dieser Initiativen waren die Eliminierung des Förderzweckes und der Ausbau des Schutzzweckes des Eura­tom-Vertrages. Weiters richteten sich die österreichischen Bemühungen auf die Her­stellung eines fairen Wettbewerbes zwischen der Atomenergie und den anderen Energiegewinnungsformen sowie auf eine verstärkte Einbindung des Europäischen Parlamentes in die Entscheidungsprozesse und damit eine Demokratisierung der Be­schlussfassungsverfahren im Bereich der europäischen Atompolitik. Auf Grund ös­terreichischer Bemühungen im Rahmen der Regierungskonferenz 2004 haben im­merhin fünf der damals 25 Mitgliedstaaten der EU (Österreich, Deutschland, Schwe­den, Ungarn und Irland) eine Erklärung zum Vertrag über eine Verfassung für Europa abgegeben, mit dem sie die ehestmögliche Einberufung einer Revisionskonferenz zum EURATOM-Vertrag forderten. Diese Erklärung wurde in den Vertrag von Lissa­bon übernommen.

 

Bezüglich der finanziellen Aspekte von EURATOM ist zum wiederholten Male festzu­halten, dass es kein eigenständiges EURATOM-Budget gibt, das Gemeinschaftsbud­get aber einzelne Ansätze aufweist, die ihre Rechtsgrundlage bzw. Begründung teil­weise oder zur Gänze im EURATOM-Vertrag finden. Österreich leistet jedoch keine Beiträge zu einzelnen Haushaltslinien sondern einen Gesamtbeitrag zum EU-Budget. Einzelne Ansätze des Gemeinschaftsbudgets haben auch „gemischte“ Rechtsgrund­lagen. Dies bedeutet, dass bestimmte Ausgaben ihre Rechtfertigung sowohl im EURATOM-Vertrag als auch in einem anderen europäischen Vertrag finden. Es gibt aber auch gemeinschaftliche Ausgaben, die eindeutig EURATOM zugeschrieben werden können, wie etwa EURATOM-Forschung oder die Finanzhilfen zur Verbesse­rung der nuklearen Sicherheit in Drittstaaten und zur Stilllegung von Kernkraftwerken sowie die Sicherheitskontrolle (Nicht-Weiterverbreitung von Kernwaffen). Diese vier Positionen bilden den Großteil der Ausgaben, die ihre Rechtsgrundlage eindeutig im EURATOM-Vertrag haben. Diese Ausgaben können überwiegend als sicherheitsori­entiert bezeichnet werden.

 

Die zur Durchführung der Programme benötigten Finanzierungsmittel werden als so­genannte "Eigenmittel" im Wege aller Mitgliedstaaten aufgebracht und im Gesamt­haushalt der Europäischen Union als Einnahmen veranschlagt. Für die einzelnen Mitgliedstaaten ist somit zur Ermittlung ihrer anteiligen Kosten an bestimmten Pro­grammen das jeweilige Ausmaß ihres Finanzierungsanteiles am Gesamthaushalt ausschlaggebend. Für 2004 - 2009 beläuft sich der Anteil Österreichs am jährlichen Gesamthaushalt durchschnittlich auf rund 2,3%.

 


Zu Frage 8:

Ø     Hat die Bundesregierung in den EURATOM-relevanten Entscheidungsgremien in der Zeit von 2000 bis 2007 jemals auf die ungenügende Internalisierung der exter­nen Kosten der Kernenergie und die ungenügende Atomhaftung hingewiesen?

a)  Wenn ja, anhand welcher Untersuchungen, Studien etc.?

 

Ich weise darauf hin, dass bereits der Vorgänger des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft das Forum für Atomfragen – das ein­schlägige wissenschaftliche Beratungsgremium der Bundesregierung – beauftragte, den möglichen Beitrag der Kernenergie zur Bekämpfung des Klimawandels sowie zu einer nachhaltigen Energiezukunft im Detail zu prüfen. Das Ergebnis dieser Analyse mit dem Titel „Kernenergie, Klimawandel und Nachhaltigkeit“ liegt in deutscher und englischer Sprache gedruckt und auf CD-ROM vor und ist auch auf www.lebensministerium.at als „Download“ verfügbar. Dieses „Argumentarium“ wurde national und international breit verteilt; beispielsweise an alle Abgeordneten zum Na­tionalrat und Bundesrat, an die zuständigen Mitglieder der Europäischen Kommission, an die Umwelt- und Energieministerinnen und -minister der EU sowie an internationa­le Organisationen wie IAEO und OECD, aber auch an NGOs, Universitäten und inter­essierte Privatpersonen.