1409/AB XXIV. GP
Eingelangt am 15.05.2009
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BM für Frauen und öffentlichen Dienst
Anfragebeantwortung
An die Präsidentin des Nationalrats Maga Barbara PRAMMER Parlament 1017 W i e n |
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GZ: BKA-353.290/0076-I/4/2009 |
Wien, am 11. Mai 2009 |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen haben am 17. März 2009 unter der Nr. 1429/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend die Situation von Frauen in Erwerbsarbeit und die Erfassung von frauenspezifischen Einkommensdaten durch die gesetzlichen Krankenkassen gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Ø Welche Ursachen sind aus Ihrer Sicht für die bestehenden Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen verantwortlich?
Ø Welche anteilige Gewichtung haben diese Ursachen jeweils?
Geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede haben vielschichtige Ursachen, die sowohl auf struktureller Ebene und im Bereich indirekter Benachteiligung, als auch im Bereich direkter Benachteiligung liegen. Ein zentrales Ergebnis der Ende des Vorjahres von der Frauenministerin herausgegebenen Studie „Geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede. Indikatoren für ein Monitoring“ zeigt, dass die ungleiche Entlohnung beim Ersteinstieg ins Berufsleben ein herausragendes Gewicht beim Zustandekommen des Gesamteinkommensunterschieds zwischen Frauen und Männern hat (ca. 60%). Zwei weitere wichtige Ursachenfelder sind Ungleichheiten beim beruflichen Aufstieg (ca. 13%) und aufgrund von Kinderbetreuungspflichten (ca. 27%). (Die Studie ist abrufbar unter: http://www.frauen.bka.gv.at/, vgl. S. 61ff.).
Verschiedene Studien zeigen zudem, dass ein Teil des geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieds nicht durch sogenannte objektive Faktoren erklärbar ist. Nach einer aktuellen Studie des WIFO können weniger als 50% des Unterschieds durch Merkmale wie Bildung, Berufserfahrung, Familienstand und die Segregation des Arbeitsmarkts erklärt werden. Die Berufswahl von Mädchen und Frauen hat starken Einfluss auf spätere Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten. Die verschiedenen Branchen bieten Frauen und Männern sehr unterschiedliche Einkommensmöglichkeiten, allerdings bedeutet die Beschäftigung von Frauen in besser entlohnenden Branchen nicht immer einen geringeren geschlechts-spezifischen Verdienstunterschied in den betroffenen Branchen und Betrieben. Allgemein sind Frauen in niedriger entlohnten Bereichen und Positionen und bei geringfügiger Beschäftigung überrepräsentiert. In diesem Zusammenhang spielen auch Unterschiede in der Arbeitsbewertung (typisch: Pflegebereich vs. Industrie) sowie versteckte Diskriminierungen in kollektivvertraglichen Bestimmungen eine Rolle. Im Bereich der Diskriminierung auf Betriebsebene gehören auch unterschiedliche Anerkennungen von Vordienstzeiten sowie ungleiche Verteilung von Prämien und Zuschlägen zu den Faktoren für geschlechtsspezifische Verdienstunterschiede. Den personalwirtschaftlichen Verhaltensweisen der Betriebe kommt eine hohe Verantwortung zu, da sie eine relevante Bestimmgröße für die Startpositionen und Aufstiegschancen und die Entlohnung berufstätiger Frauen und Männer sind. Frauen leisten immer noch einen Großteil der Familienarbeit und Versorgungspflichten. In diesem Zusammenhang ist auch die weiterhin steigende Teilzeitquote der Frauen (2007: 41,2%) zu sehen. Teilzeit wirkt sich nicht nur auf Unterschiede bei Monats- und Jahresverdiensten aus, sie wird auch auf Stundenbasis schlechter entlohnt. Mit der Familiengründung reduziert sich für viele Frauen die Chance auf berufliche Entwicklung, was sich negativ auf die Verdienstmöglichkeiten über die gesamte weitere Berufsspanne auswirkt. Mangelnde institutionelle Ganztageskinderbetreuung und zu wenig flexible Betreuungsformen erschweren die Erwerbstätigkeit und den beruflichen Aufstieg zusätzlich.
Zu Frage 3:
Ø Welche Maßnahmen sind seitens der Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode geplant, um diese Einkommensunterschiede zu verringern?
Die Bundesregierung stellt sich der wichtigen Aufgabe der Verringerung der geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede.
Die vielschichtigen Ursachen erfordern Maßnahmen, die nur gemeinsam mit vielen Akteurinnen und Akteuren nachhaltig umgesetzt werden können.
Das Verringern der Einkommensschere wird eines der Ziele des Nationalen Aktionsplans für Gleichstellung sein. Weitere inhaltliche Schwerpunkte werden sein: die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, Sicherung der Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und Förderung von Frauen in Spitzenpositionen. Es ist meine Aufgabe, die gemeinsame Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans mit den verschiedenen Ressorts und den Sozialpartnern zu koordinieren. Im Rahmen des Aktionsplans werden unter anderem Indikatoren festgelegt, mit deren Hilfe die Entwicklung der Einkommensunterschiede regelmäßig und differenziert überwacht wird. Jährliche Berichte an die Bundesregierung und eine Evaluierung sind vorgesehen.
Ich setze mich grundsätzlich dafür ein, Gehälter und Karrierewege in Unternehmen transparent zu machen. Einkommenstransparenz ist eine wichtige Voraussetzung, damit Frauen und auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber geschlechtsspezifische Unterschiede und Diskriminierungen überhaupt wahrnehmen und Maßnahmen zur Veränderung und Vermeidung ergreifen können. Auch aufgrund des herausragenden Gewichts des Berufsersteinstiegs für das Zustandekommen des Gesamteinkommensunterschieds sind Informationen über Verdienstmöglichkeiten besonders wichtig. Transparente Einstiegsgehälter können eine Orientierungshilfe bei der Berufswahl darstellen und Berufseinsteigerinnen bei Gehaltsverhandlungen helfen. Mit den Sozialpartnern müssen versteckte Diskriminierungen in kollektivvertraglichen Bestimmungen eliminiert und Stereotypen bei der Arbeitsbewertung beseitigt werden. Qualitativ hochwertige Teilzeitarbeit von Frauen und Männern wird unterstützt. Diese umfasst u.a. auch Weiterbildung, gute Einkommensperspektiven und Aufstiegschancen und die Erleichterung des Übergangs von Teilzeit- auf Vollzeitarbeitsplätze für Frauen. Die aktive Arbeitsmarktpolitik trägt ebenfalls zur Verringerung der geschlechtsspezifischen Ungleichheit am Arbeitsmarkt bei. Studien zeigen speziell bei Frauen positive Effekte der Fördermaßnahmen auf Beschäftigung und Verdiensthöhen. Weiterhin sollen mindestens 50 % aller geschlechtsspezifisch zuordenbaren Aufwendungen des AMS für Frauen eingesetzt werden. Bei den Maßnahmen ist Höherqualifizierung wichtig.
Besonders gute Beispiele sind das FIT-Programm (Frauen in Handwerk und Technik), mit dem das AMS die Qualifizierung von Frauen in nicht traditionellen Berufen fördert, sowie das Programm „Wiedereinstieg unterstützen“ mit dem Frauen bei der Rückkehr in das Berufsleben unterstützt werden. Mit der Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes und dem Ausbau des Angebots an Kinderbetreuungsplätzen wurden erste wichtige Schritte unternommen, um Frauen mit Familie beruflich zu fördern und insbesondere auch mehr Väter für die Karenz zu motivieren. Aktuell wird die Umsetzung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes vorbereitet.
Zu Frage 4:
Ø Welchen Stellenwert hat für Sie im Rahmen der Frage 3 die Steigerung der Zahl von Frauen, die in klassischen Männerberufen tätig sind?
Bei der Berufswahl führen hartnäckige Rollenklischees dazu, dass sich junge Frauen weiterhin meistens für typische „Frauenberufe“ entscheiden, die oft schlecht bezahlt sind. Die Arbeitskräfteerhebung 2007 zeigt bei den weiblichen Erwerbstätigen eine starke Konzentration auf wenige Berufe. Hiernach vereinten die fünf wichtigsten Berufe im Jahresdurchschnitt 2007 bei den Frauen 60,0% der Erwerbstätigen auf sich (bei Männern 43,1%). Grundsätzlich geht es darum, Frauen den gleichen Zugang zu qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen mit guten Einkommensperspektiven zu ermöglichen wie Männern. Die Wahl der Bildungswege soll frei von geschlechtsspezifischen Stereotypen erfolgen, eine Erweiterung des Berufswahlspektrums junger Frauen soll auf Berufe mit Zukunftsperspektive abzielen. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist dabei auch die Förderung des Zugangs zu nicht-traditionellen Ausbildungen und Berufen. Durch Maßnahmen wie den Girls Day möchte ich bei jungen Frauen das Interesse für technische und naturwissenschaftliche Ausbildungswege und zukunftsorientierte Berufe wecken.
Zu Frage 5:
Ø Welche Maßnahmen sind geplant, um die gesellschaftlich und familiär wichtige, aber unbezahlte Haushaltsarbeit finanziell und im Hinblick auf deren öffentliche Anerkennung aufzuwerten?
Grundsätzlich sind Berufsmöglichkeiten und Erwerbstätigkeit von Frauen weiterhin auszuweiten, denn die ökonomische Unabhängigkeit der Frauen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft. Zudem ist eine vollständige individuelle soziale Absicherung im gegenwärtigen Sozialsystem letztlich nur über eigene Erwerbstätigkeit erreichbar. Es gilt, das Ziel der wirtschaftlichen Selbständigkeit für alle Frauen zu ermöglichen. Gleichzeitig muss es auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung und zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen der Frauen zu einer gerechteren Aufteilung der Haus- und Familienarbeit zwischen Frauen und Männern kommen. In diesem Zusammenhang sind Familienleistungen auszubauen, die Frauen mit Familie beruflich fördern und mehr Väter zu Karenz und Familienarbeit motivieren.
Zu Frage 6:
Ø Welche Maßnahmen sind hinsichtlich der Beanstandungen in dem am 13.01.2009 veröffentlichten kritischen Bericht des Rechnungshofes Bund 2009 01 Band 2 bezüglich der Frauenförderungsprogramme geplant?
Ich verweise auf meine Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 775/J.
Zu Frage 7:
Ø Welche Maßnahmen sind seitens der Bundesregierung in der aktuellen Legislaturperiode geplant, um die Ermittlung von Einkommensunterschieden zwischen Männern und Frauen im Sozialversicherungsbereich, etwa bei den Datensammlungen der Krankenkassen, zu präzisieren bzw. Faktoren wie Teilzeit- und Saisonbeschäftigung in dieser Ermittlung zu berücksichtigen?
Zur Teilzeitbeschäftigung wurde im Regierungsprogramm die „Verbesserung der Datenlage von Teilzeit durch Erfassung des Arbeitszeitumfangs bei den Beschäftigtendaten des Hauptverbandes in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern“ vereinbart. Im Übrigen verweise ich auf die Zuständigkeiten der Bundesminister für Gesundheit sowie für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.