1895/AB XXIV. GP
Eingelangt am 29.06.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für europäische und internationale Angelegenheiten
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum
Nationalrat Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen haben
am 29. April 2009
unter der Zl.1898/J-NR/2009 an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend
„Informationspolitik und Öffentlichkeitsarbeit der Regierung zur EU
und
Hebung der Wahlbeteiligung zu den Europa-Wahlen 2009" gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 5 und 7:
Die
Europa-Wahlen vom 7. Juni 2009 haben in Österreich eine - verglichen mit
dem Ergebnis
des Jahres 2004 - um
3% höhere und damit über dem gesamteuropäischen Durchschnitt
liegende Wahlbeteiligung gebracht. Erstmals
seit 1996 kam es wieder zu einer Steigerung der
Wahlbeteiligung auf niedrigem Niveau.
Auch die Akzeptanz
und das Vertrauen der ÖsterreicherInnen in die EU hat in den letzten
Monaten spürbar zugenommen - ausgehend
von der Erkenntnis, dass wir die Verankerung in
einer starken und handlungsfähigen Gemeinschaft brauchen, und dass die
aktuelle Krise und
ihre Auswirkungen auf ein Land wie Österreich ohne die Zusammenarbeit mit
den
europäischen Partnern, ohne den Schutzschild der gemeinsamen
Währung und ohne den
großen Binnenmarkt noch wesentlich
gravierender wären.
Nichtsdestotrotz ist in der
Europa-Information noch viel zu tun, und deshalb habe ich mit
meinem Amtsantritt im Dezember 2008 die
EU-Informationsarbeit und den Dialog mit den
BürgerInnen zu einem meiner prioritären Anliegen erklärt.
Dabei war mir klar,
dass klassische Informationskampagnen, wie die Erfahrung gezeigt hat
die breite Öffentlichkeit nicht in dem erhofften Ausmaß erreichen
können. Ich habe daher
bewusst einen neuen Ansatz gewählt,
bei dem der persönliche Kontakt mit den BürgerInnen,
die Diskussion und der Dialog im Mittelpunkt stehen.
In diesem Sinne habe
ich in den letzten Monaten eine „EU-Zuhörtour" durch
Österreich
unternommen - mit dem Ziel, durch genaues Zuhören die Gründe für
die vielzitierte EU-
Skepsis der ÖsterreicherInnen und ihre
konkreten Anliegen an Europa kennenzulernen. Dabei
hatte ich die Möglichkeit zu intensiven Diskussionen mit einem
guten Querschnitt der
österreichischen Bevölkerung bei hunderten Veranstaltungen quer
durchs Land - an Schulen
und Universitäten, in Märkten,
Betrieben und Kasernen, in den Städten und Dörfern.
Auf der Grundlage der
im Rahmen dieser Zuhörtour gewonnenen Erkenntnisse habe ich dem
Ministerrat vom 9. Mai 2009 eine Reihe von ersten, konkreten Vorschlägen
für einen
„Europa-Dialog in
Österreich" präsentiert. Ich sehe diesen Dialog als Teamarbeit,
an dem sich
alle Mitglieder der Bundesregierung ebenso wie die politischen
Entscheidungsträger auf
Landes- und Gemeindeebene beteiligen
sollten.
Im
Hinblick auf die finanziellen Aufwendungen des Bundesministeriums für
europäische und
internationale
Angelegenheiten (BMeiA) für EU-Informationsarbeit ist darauf hinzuweisen,
dass damit in Zusammenhang stehende Initiativen aus dem laufenden Budget
für
Öffentlichkeitsarbeit bestritten
werden. Es gibt keinen eigenen bzw. zusätzlichen finanziellen
Rahmen für EU-Informationsarbeit.
Hinsichtlich
der Ausgaben für diesbezügliche Aktivitäten meiner
Amtsvorgängerin im Jahr
2008 verweise ich auf
die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Zahl 4961/J-
NR/2008 vom 12. September 2008 durch meine Amtsvorgängerin.
Da die Ausgaben für
Informationsarbeit zu Europafragen innerhalb der allgemeinen
Informationsarbeit des BMeiA nicht
gesondert ausgewiesen werden, ist die Erstellung einer
nach Jahren gegliederten Kostenaufstellung für die Jahre 2004 bis
2007 mit einem nicht
vertretbaren Verwaltungsaufwand verbunden
und daher nicht möglich.
Die
Initiative zum Aufbau einer öffentlich zugänglichen
Informationsstelle wurde mit einem
Finanzierungsvorbehalt
in das Regierungsprogramm aufgenommen. Aufgrund der
gegenwärtigen budgetären Situation steht die Umsetzung dieses
Projekts nicht unmittelbar
bevor.
Eine
„Aufklärungskampagne" der Bundesregierung zur Europapolitik ist
mir nicht bekannt.
Zu Frage 6:
Das
Maßnahmen-Paket, auf das sich die Bundesregierung am 9.Mai geeinigt hat,
umfasst
folgende
Punkte:
1. Den Dialog institutionalisieren
In
einigen Bundesländern gibt es bereits erfolgreiche Foren für den
Dialog über Europa. Diese
Best Practices
sollten den übrigen Ländern als Beispiel dienen, um auch ihrerseits
Foren für
laufende Diskussion und Information zu
EU-Themen einzurichten. Wie im
Regierungsprogramm vorgesehen, könnten diese Länderforen in einem
„Europaforum
Österreich" zusammengefasst werden. Diese Foren würden
für alle offen stehen und könnten
unter Beteiligung der Landesregierungen, der Landtage, der Sozialpartner und
weiterer
relevanter regionaler Organisationen bereits bestehende EU-Initiativen auf
Landesebene
zusammenfassen.
Fortgesetzt
werden sollten in diesem Zusammenhang Initiativen wie die von WKÖ,
Gemeindebund
und der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE)
getragene
„Aktion
Europaschirm", die von Bundeskanzleramt (BKA) und BMeiA unterstützt
wird.
Die Bundesregierung
wird auch weiterhin den Europatag am 9. Mai offiziell begehen. Rund
um diesen Tag sollten
die Mitglieder der Regierung in Zukunft auch an Informations- und
Diskussionsveranstaltungen in den
Bundesländern teilnehmen.
Es wird ein
langfristiges, umfassendes Konzept zur Europa-Informationsarbeit gemeinsam
von BKA, BMeiA und dem Bundesministerium für Finanzen erstellt. Dieses
Konzept soll
spätestens im Herbst dem Ministerrat vorgelegt werden.
2. Den Dialog regionalisieren
Jeder Dialog
über Europa muss auch auf die spezifischen Anliegen in den einzelnen
Bundesländern, Bezirken, Städten
und Gemeinden eingehen. Dies kann die Bundesebene
alleine nicht leisten; auch die regionalen und kommunalen
Entscheidungsträger sind
gefordert.
Eine
entscheidende Rolle kommt dabei den österreichischen Landtagen zu. Ich
habe bereits
ein Treffen mit den
Landtagspräsidenten vereinbart und werde sie bei dieser Gelegenheit
einladen, ihrerseits konkrete Vorschläge zu formulieren, wie ein
Europadialog auf
Landesebene forciert werden könnte.
Gerade die
Bürgermeister sind für viele Bürgerinnen und Bürger die
ersten Ansprechpartner,
wenn es um Sorgen oder Anliegen an Europa geht. Ich werde daher auch mit
österreichischen
Bürgermeistern
zusammen treffen, um den Europadialog auch auf Gemeindeebene zu
intensivieren. Als Koordinatoren für diese Arbeiten und als Kontaktpunkt
in EU-Fragen
könnten in den Gemeinderäten
eigene EU-Beauftragte designiert werden.
Die EU
sollte auch auf Landesebene sichtbarer werden. Dazu würde ein
einheitliches Logo
zur Kennzeichnung von EU-geförderten Projekten in Österreich
beitragen.
Um
zu verdeutlichen, welche Beiträge die EU zu Projekten auf kommunaler Ebene
leistet,
sollten
auch die - im Regierungsprogramm angesprochenen - „Europaprofile"
einzelner
Gemeinden
in Angriff genommen werden.
3. Den Dialog konkretisieren
Offene und rasche
Auskunft über die Beschlüsse auf Ebene der EU ist Voraussetzung
für
einen informierten Dialog. Die Mitglieder
der Bundesregierung, die am EU-Rat teilnehmen,
sollten daher auch im Internet möglichst umgehend nach einer
Ratstagung über die
Beschlüsse und ihr
Abstimmungsverhalten informieren.
Die Bundesregierung muss
überschießender Bürokratie und Regulierung auf
europäischer
Ebene mit konkreten Vorschlägen entgegentreten. Beim europäischen
Regelwerk braucht es
einen stärkeren Fokus auf das
Wesentliche. Jedes Mitglied der Bundesregierung wird ersucht,
bis zum Herbst EU-Rechtsakte aus seinem Bereich vorzuschlagen, die aus
seiner Sicht
eingespart oder zumindest vereinfacht
werden könnten; diese Vorschläge könnten dann einen
Input für die laufenden Arbeiten der Kommission auf diesem Gebiet
darstellen.
Im
Hinblick auf das mögliche Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon mit
seinen - vor allem
auf österreichischen Wunsch - ausgebauten Subsidiaritätsregeln sollte
auch eine Follow-up-
Veranstaltung zur
Subsidiaritätskonferenz „Europa fängt zuhause an" (St.
Pölten 2006)
organisiert werden.
4. Den Dialog mit der Jugend intensivieren
Die Zuhörtour
zeigt einerseits ein überdurchschnittliches Interesse der jungen
Österreicherinnen und Österreicher an der Europäischen Union,
andererseits aber auch einen
großen Informationsbedarf. Der Europadialog mit der Jugend ist der
Bundesregierung ein
besonderes Anliegen. Das zeigen erfolgreiche Initiativen wie das vom BKA
initiierte „Back
to School" oder das von der
Österreichischen Gewerkschaftsjugend initiierte „Film It".
Dieses
Engagement muss jedenfalls beibehalten werden.
Das BMeiA
beabsichtigt deshalb, die gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft
für
Europapolitik getragene Ausstellungs- und Diskussionsinitiative „Die EU
und DU" auch im
nächsten Schuljahr weiterzuführen.
Das
BMeiA wird außerdem verstärkt Informations- und
Diskussionsveranstaltungen für junge
Menschen
- etwa für Schülergruppen im Rahmen ihrer Wien-Wochen - anbieten.
5. Den Dialog nach Brüssel tragen
Die
Zuhörtour zeigte auch, dass sich viele Bürger selbst ein Bild von den
EU-Institutionen
und ihrer
Arbeitsweise machen wollen. Diesen Wunsch sollte die Bundesregierung nach
Möglichkeit unterstützen.
Seitens des BMeiA wird deshalb
dafür Sorge getragen, dass die Ständige Vertretung
Österreichs bei der EU in Brüssel künftig Besuchsprogramme
für österreichische Gruppen -
seien es Schüler, Studenten,
Interessensvertreter, Pensionisten, Regional- oder Lokalpolitiker
- verstärkt anbietet. (Seit 2002 hat die Ständige Vertretung
für über 750 Gruppen mit fast
24.000 Teilnehmern kostenfreie Besuchsprogramme gestaltet.)
Österreichische
Mitglieder des Europäischen Parlaments und EU-Bedienstete sollten sich in
diesem Rahmen aktiver
dem Dialog mit österreichischen Besuchergruppen stellen.
Unverzichtbar in der
Europa-Information ist der Einsatz neuer Medien (YouTube etc.),
insbesondere um die jüngere Generation zu erreichen. Seit Mai informiere
ich die
Öffentlichkeit nach jedem EU-Rat
über die Diskussionsinhalte und Ergebnisse des Treffens
per Video-Botschaft, und habe auch die anderen Mitglieder eingeladen,
dasselbe in ihrem
Verantwortungsbereich zu tun.