1938/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.07.2009
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

                                                                                                                                Alois Stöger diplô

                                                                                                                                Bundesminister

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Wien, am         26.Juni 2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1906/J der Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Aufgrund der Selbstverwaltung der Krankenversicherungsträger verfügt mein Ressort selbst nicht über die für eine Beantwortung der gegenständlichen parlamentarischen Anfrage erforderlichen Daten und hat daher den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger um entsprechende Informationen ersucht. Aufgrund der Komplexität der vielen grenzüberschreitenden Zahlungsflüsse im Gesundheitsbereich war es dem Hauptverband jedoch selbst nicht möglich, in der zur Verfügung stehenden Zeit die gewünschten Daten zu liefern.


 

Der Hauptverband hat in seiner Stellungnahme Folgendes ausgeführt:

„Wir haben uns bemüht, in Zusammenarbeit mit den Versicherungsträgern einschlägige Zahlen zu ermitteln, aber in der zur Verfügung stehenden Zeit ist eine umfassende Auskunft und eine genaue Erhebung der finanziellen Aufwendungen nicht möglich. Zumal geht aus der Anfrage nicht konkret hervor, welche Zahlen gemeint wären, sodass die Bekanntgabe — auch auszugsweiser — Zahlen zu schwerwiegenden Missverständnissen führen könnte. Der Hauptverband ersucht um Verständnis, dass schon aus diesem Grund in diesem Schreiben keine Zahlen genannt werden. Abgesehen davon wären, um einen Abfluss von Sozialversicherungsgeld ins Ausland darzustellen, auch die nach Österreich hereinkommenden Zahlungen (sowohl an die Sozialversicherungsträger als auch an andere Stellen, wie die Landesfonds) im Detail zu ermitteln, um daraus den Saldo allfälliger Zu- und Abflüsse ausweisen zu können.

 

Grundsätzlich werden Leistungen der Krankenversicherungsträger für medizinische Leistungen im Ausland auf unterschiedliche Weise erbracht bzw. erstattet:

Für den Bereich der EU-Mitgliedstaaten, der EWR-Staaten und der Schweiz kommen primär die VO (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 zur Anwendung. Die Verrechnung der entstandenen Kosten erfolgt direkt zwischen dem zuständigen Träger und dem aushelfenden Träger über die jeweilige Verbindungsstelle (in Österreich ist das der Hauptverband). Innerhalb dieser „Direktverrechnung” kann man weiters beispielsweise unterscheiden zwischen einer Verrechnung von geplanten und nicht geplanten Behandlungen im Ausland, einer Verrechnung aufgrund der Inanspruchnahme der Europäischen Krankenversicherungskarte, sowie einer Verrechnung von Wohnsitzfällen (z. B. österreichischer Pensionist verlegt seinen Wohnsitz ins Ausland oder deutscher Pensionist richtet seinen Alterswohnsitz in Österreich ein; andere Fallgruppen sind jene der ins Ausland entsendeten Arbeitnehmer, welche für einige Zeit bei ihrer bisherigen Krankenkasse versichert bleiben, obwohl sie im Ausland Leistungen erhalten).

Zu einer Direktverrechnung zwischen den beteiligten Trägern im zuvor beschriebenen Sinn kommt es auch mit den Staaten außerhalb der EU bzw. des EWR, mit denen Österreich bilaterale Abkommen im Rahmen der Krankenversicherung abgeschlossen hat (Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Serbien, Montenegro, Mazedonien und Türkei).

Wenn medizinische Leistungen im Ausland nicht nach den Bestimmungen der Verordnungen bzw. der jeweiligen Abkommen in Anspruch genommen werden konnten[1] und der Patient bezahlt die Leistung direkt, so erfolgt nach den österreichischen Bestimmungen über die Leistungspflicht grundsätzlich — wie im Verhältnis zu allen übrigen Staaten und auch der Inanspruchnahme von Wahlarzthilfe im Inland — gegen Vorlage der saldierten Originalrechnung eine Kostenrückerstattung und deren Tarifen (in der Regel 80 % des Vertragstarifs).

In der Praxis kann das im Einzelfall entgegen den Ausführungen in der parlamentarischen Anfrage, die ihrer Intention nach („… Fettabsaugung im Ausland …“,  „... österreichische Krankenkassen die im Ausland angefallene Kosten nach Vorlage einer Rechnung bezahlen”) auf diese Form der Verrechnung abzielen dürfte, auch eine Ersparnis für die österreichischen Krankenversicherungsträger bedeuten.

 

Eingehende, bundesweit umfassende Statistiken zu den Details des Themas werden nicht geführt. Eine Stellungnahme nach Beträgen ist daher — abgesehen von den oben dargestellten Rahmenbedingungen — schon deswegen nicht möglich.“

 

Ergänzend wurden vom Hauptverband  der österreichischen Sozialversicherungsträger folgende Daten zur Verfügung gestellt:

Das österreichische Sozialversicherungsrecht unterscheidet grundsätzlich nicht danach, ob Leistungen im In- oder im Ausland erbracht wurden. Es wird ausschließlich danach unterschieden, ob ein Vertragspartner die Leistung erbracht hat, dann gibt es eine Direktverrechnung, oder ein Nicht-Vertragspartner, dann leistet die Krankenkasse eine Kostenerstattung.

Behandlungen im Ausland können grundsätzlich in drei Fallkonstellationen anfallen:

- als plötzliche Erkrankungen im Ausland: Im Jahr 2007 wurden insgesamt 114.796 Fälle über die zwischenstaatliche Verbindungsstelle abgerechnet (Österreicher im Ausland, EWR, Schweiz, Ex-Jugoslawien, Türkei). Im Gegenzug dazu gab es abgerechnete 180.986 Fälle ausländischer Patienten, die in Österreich Leistungen bei plötzlicher Erkrankung in Anspruch genommen haben;

- als gezielte Inanspruchnahme von Leistungen im Ausland mit Bewilligung des Versicherungsträgers: Im stationären Bereich erhalten jene Patienten eine Genehmigung für eine Behandlung im Ausland, bei denen eine ausreichende Behandlung im Inland nicht zur Verfügung steht. Dies waren im Jahr 2007 innerhalb des EWR 2835 Fälle, stationär und ambulant (inklusive Rehabilitation) – wobei der größte Teil Anstaltspflegen waren;

- als gezielte Inanspruchnahme von Leistungen im Ausland ohne Bewilligung des Versicherungsträgers: Die Sozialversicherung zahlt jenen Betrag, der für die gleiche Leistung im Inland in einem Privatspital anfallen würde, dies bedeutet einen Tagsatz von 165 €.

Es zeigt sich das Bild, dass grenzüberschreitende Gesundheitsleistungen vermehrt zugunsten österreichischer Wertschöpfung gehen. Gesetzliche Einschränkungen, die europarechtlich wohl kaum möglich wären, wären nicht günstig für Österreich. Ganz überwiegend geht es um die Versorgung von im Ausland arbeitenden oder urlaubenden Österreichern - eine Errungenschaft der sozialen Krankenversicherung und der internationalen Regelungen, die nicht ernsthaft angegriffen werden sollte.



1 z. B. die Europäische Krankenversicherungskarte (EKVK) wird vom behandelnden Arzt nicht akzeptiert (vgl. die Anfragebeantwortung 1177/AB XXIV. GP, Punkt 15) oder die Leistung ist nicht im gesetzlichen Leistungskatalog des österreichischen Krankenversicherungsträgers enthalten wie beispielsweise Schönheitsoperationen, Fettabsaugungen etc.