2590/AB XXIV. GP

Eingelangt am 28.08.2009
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                            Wien, am 26.08.2009

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0250-IK/1a/2009

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2612/J betreffend „der Kohäsionspolitik der Europäischen Union und die Abwanderung heimischer Betriebe nach Slowakei“, welche die Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen am 2. Juli 2009 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Derartige Zahlen werden weder von der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) bzw. deren Außenhandelsstellen, noch von anderen Organisationen erhoben.

 

Österreichische Direktinvestitionen in der Slowakei sind generell nicht Abwanderungen sondern Geschäftsausweitungen, d.h. zusätzliche Produktionsanlagen, Aufkauf lokaler Unternehmen, Errichtung von Tochtergesellschaften und Beteiligungen diverser Art.

 

In vielen Fällen erfolgt bei österreichischen Direktinvestitionen eine arbeitsteilige Produktion im Zusammenspiel mit dem Standort in Österreich. Diese sichern somit den österreichischen Standort ab.

 

Insgesamt sind der Außenhandelsstelle Pressburg etwa 370 österreichische Niederlassungen und Beteiligungen (erfasst sind hier nur operative und größere Produktions- und Vertriebsfirmen im Ausland) in der Slowakei bekannt. Diese tragen wesentlich zum Unternehmenserfolg in Österreich bei, insbesondere dazu, dass sich die Mutterunternehmen weiterhin auf Forschung, Entwicklung und höherwertige Wertschöpfung in der Produktion bzw. zentrale Kompetenzen im Unternehmensbereich konzentrieren und in Kombination mit dem Tochterunternehmen im verschärften internationalen Wettbewerb bestehen können.

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass das Engagement in Ost- und Südosteuropa zusätzliche Arbeitsplätze in Österreich geschaffen hat.

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Die Gesamterfassung dieser Daten liegt nicht vor.

 

Da die Aktivitäten ausländischer Investoren meist über die Gründung einer österreichischen Kapitalgesellschaft erfolgen, gibt es auch keine sachliche Trennung, die eine gesonderte Erfassung derartiger Arbeitsplätze ermöglichen würde.

 

Gleichwohl kann betreffend die von der Austrian Business Agency (ABA) induzierten Betriebsansiedelungen ausgesagt werden:

 

Im Zeitraum 1. Mai 2004 bis 30. Juni 2009 wurden von der ABA in Zusammenarbeit mit den Landesansiedlungsgesellschaften durch die Ansiedlung von vier slowakischen Unternehmen 13 Arbeitsplätze in Österreich geschaffen.


Antwort zu den Punkten 4 bis 6 der Anfrage:

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die erhöhte Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft höheren Wohlstand ihrer Bevölkerung nach sich zieht (siehe auch Antwort zu Punkt 8 der Anfrage) und damit positive Wirkungen auch auf ihre Handelspartner erzeugt: Beispielsweise wird Slowakei als Exportdestination für eine breitere Palette von österreichischen Gütern aktiv und die Anzahl slowakischer Gäste im österreichischen Tourismus steigt an. Überdies kommen die im Anfragetext erwähnten EU-Förderungen indirekt auch österreichischen Unternehmen zugute, weil die Nachfrage nach deren Produkten angekurbelt wird.

 

Auch im Kontext der gegenwärtigen Krise ist es internationaler Konsens, dass erhöhter Wettbewerb im Rahmen offener internationaler Handelsbeziehungen letztlich den Wohlstand aller Beteiligten erhöht. Eine Glättung der Einkommensunterschiede bzw. ein erfolgreicher Aufholprozess der ehemals kommunistischen Nachbarländer liegt daher nicht nur aus ökonomischen Gründen im ureigensten österreichischen Interesse.

 

Prinzipiell ist nicht auszuschließen, dass einzelne österreichische Wirtschaftszweige mit einer verstärkten Konkurrenzfähigkeit slowakischer Betriebe konfrontiert sind und auch einige Segmente des österreichischen Arbeitsmarktes unter erhöhtem Konkurrenzdruck stehen. Diesem Problem sollte aber nicht dadurch begegnet werden, dass Bestrebungen slowakischer Unternehmen zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit verlangsamt werden. Vielmehr sind laufende Bemühungen zum Ausbau der heimischen Wettbewerbsfähigkeit erforderlich; genau dies stellt seit Jahren ein Leitmotiv der österreichischen Wirtschaftspolitik dar. Folgende Bereiche sind beispielsweise für eine so ausgerichtete Strategie zentral:

 

·           Forschungs- und Innovationspolitik: Eine systematische Unterstützung von Innovationstätigkeit und eine Erhöhung der F&E-Ausgaben können entscheidend dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit in Österreich ansässiger Unternehmen angesichts des intensivierten technologischen Wandels in einer globalisierten Wirtschaft zu verbessern. Indem Forschung und Innovation tendenziell den Strukturwandel beschleunigen, erhöhen sie die Anpassungsfähigkeit der gesamten Wirtschaft und schaffen damit nicht zuletzt auch Arbeitsplätze. In Verbindung damit wird das längerfristige Wachstumspotential erhöht.

·           Die Erfolge der österreichischen Politik zeigen sich etwa darin, dass Österreich im Ranking des europäischen "Innovationsanzeigers" (innovation scoreboard) 2008 europaweit an 6. Stelle gereiht wurde; insbesondere bezüglich der Aktivitäten innovativer KMUs belegt Österreich Spitzenplätze. Weiters verzeichnete Österreich insbesondere seit 2000 eine beeindruckende Expansion der privaten und öffentlichen F&E-Ausgaben und liegt mit geschätzten 2,73% des BIP für 2009 im Spitzenfeld der EU. Als Beispiel für einen auf der Basis umfangreicher Innovations- und Forschungstätigkeit erfolgreich etablierten neuen Sektor mit hohen Exportwachstumszahlen kann die Umwelttechnologie genannt werden.

·           Weitere auf die Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit abzielende Instrumente sind die Internationalisierungsoffensive und die Außenhandelsförderung für österreichische Unternehmen. Die Internationalisierungsoffensive setzt sich aus einem umfangreichen Maßnahmenkatalog mit den Schwerpunkten Bewusstseinsbildung, Wissenstransfer und Netzwerkbildung zusammen und trug u.a. maßgeblich zur Verdreifachung der Zahl exportierender österreichischer Unternehmen im zurückliegenden Jahrzehnt bei. Die Außenhandelsförderung unterstützt österreichische Unternehmen bei der Eingrenzung der Risiken von Geschäften mit ausländischen Handelspartnern. Umfangreiche Haftungen sowie Refinanzierungsmöglichkeiten für Exportkredite haben ebenfalls entscheidend zu den österreichischen Exporterfolgen der letzten Jahre beigetragen.

·           Mit Maßnahmen der Betriebsansiedlungspolitik und Standortattraktivierung wird einer Abwanderung von Betrieben aus Österreich unmittelbar entgegengewirkt. Die steuerlichen Rahmenbedingungen für Betriebe wurden in den letzten Jahren stark verbessert (z.B. Senkung der KöSt von 34% auf 25%, Einführung einer Gruppenbesteuerung, Erhöhung und Ausweitung des Freibetrags für investierte Gewinne im Zuge der aktuellen Steuerreform). Außerdem wurden und werden Verwaltungsabläufe sukzessive vereinfacht, etwa durch die Einführung des one-stop-shop-Prinzips bei Verwaltungswegen oder Erleichterungen bei Unternehmensgründungen.

·           Die ABA betreute seit ihrer Gründung im Jahr 1982 ausländische Investitionsprojekte mit einer Beschäftigungsschaffung von etwa 39.000 Arbeitsplätzen, wobei insbesondere seit 2001 auf die Ansiedlung von Betrieben mit hohem Innovationspotential fokussiert wird. Dies unterstützt wiederum den für die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit notwendigen Strukturwandel. Die ABA wurde von der Weltbank zur weltweit besten Betriebsansiedelungsagentur gekürt.

·           Bildung und Qualifizierung: Zahlreiche Studien belegen die zentrale Rolle des Humankapitals für die Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaftsstandorten. Mit dem hohen Ausbildungsniveau seiner Arbeitskräfte verfügt Österreich über einen traditionellen Wettbewerbsvorteil, insbesondere die Qualität der Lehrlingsausbildung ist international anerkannt. Dennoch ist auch hier ständige Weiterentwicklung vonnöten, die von der Politik umfassend unterstützt wird. Beispielsweise wurden mit der sukzessiven Erweiterung verfügbarer Lehrberufe und der Modularisierung der Lehrlingsausbildung die Kapazitäten zur Deckung der sich wandelnden Arbeitsmarktbedürfnisse wesentlich erweitert. Eine österreichische Strategie für Lebenslanges Lernen, das eine verbesserte Nutzung bestehender Humankapital-Ressourcen auf breiter Basis ermöglicht, befindet sich in Ausarbeitung.

·           Infrastrukturausbau: Eine hochmoderne und effiziente Infrastruktur stellt ein wesentliches Rückgrat der Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft dar. Dazu zählt nicht nur die Infrastruktur im Verkehrsbereich, sondern auch in den Bereichen Energie und Kommunikation. Österreich verfügt hier über ausgeprägte Wettbewerbsvorteile, die im Zuge bestehender Maßnahmen weiter ausgebaut werden (etwa in den Bereichen Schienen- und Straßenbau, Breitband-Internet, e-government).


Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Die Slowakei ist der Europäischen Union am 1. Mai 2004 beigetreten. Die Außenhandelsdaten sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen.

 

Zeitraum

Einfuhr

Ausfuhr

Bilanz

Handelsvolumen

% Veränderung

Werte in € Mio.

Einfuhr

Ausfuhr

2000

1.042,3

767,8

-   274,5

1.810,1

36,6

13,3

2001

1.113,0

946,0

-   167,0

2.059,0

6,8

23,2

2002

1.199,7

1.065,6

-   134,1

2.265,3

7,8

12,6

2003

1.421,5

1.187,4

-   234,1

2.608,9

18,5

11,4

2004

1.813,9

1.377,3

-   436,6

3.191,2

27,6

16,0

2005

1.696,2

1.640,0

-   56,2

3.336,2

-   6,5

19,1

2006

1.788,2

1.767,6

-   20,6

3.555,8

5,4

7,8

2007

2.326,1

2.056,0

-   270,1

4.382,1

30,1

16,3

2008

2.388,3

2.326,1

-   62,2

 4.714,4

2,7

15,9

 

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

 

Das slowakische BIP pro Kopf in Kaufkraftparitäten stieg laut Schätzung des IMF (World Economic Outlook Database) zwischen 2004 und 2008 von US-$ 15.763,71 auf US-$ 22.040,21. Das entspricht einem Anstieg von 51,3%.      EUROSTAT schätzt für den gleichen Zeitraum einen Anstieg von 57,1% auf 71,9% der durchschnittlichen Pro-Kopf-Kaufkraft in den EU-27.