2684/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.09.2009
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                           Wien, am 7. September 2009

 

                                                                                              Geschäftszahl:

                                                                                           BMWFJ-10.101/0256-IK/1a/2009

                                                                       

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2654/J betreffend „Insolvenzen in der Tourismuswirtschaft“, welche die Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen am 9. Juli 2009 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Hauptziel der Tourismusförderung des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend ist die Erhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Die derzeit geltenden Tourismusförderungsrichtlinien tragen - ähnlich wie die bis Ende 2006 in Geltung stehenden Vorgängerrichtlinien - zur Erhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit - und damit auch zur Verhinderung von Insolvenzen - mit folgenden Maßnahmen bei:

 

TOP-Tourismus-Förderung mit 4 Förderungsschwerpunkten

·           TOP-Investition

Förderung von eigenkapital- und kreditfinanzierten Investitionsprojekten mit Zuschüssen bzw. Zinsenzuschüssen

·           TOP-Beratung und Ausbildung

Förderung von externen Beratungs- und Ausbildungsleistungen mit Zuschüssen

·           TOP-Kooperation

Förderung der Bildung und Weiterentwicklung von nachhaltigen betrieblichen und regionalen Kooperationen mit Zuschüssen

·           TOP-Restrukturierung

Förderung der Wiederherstellung der wirtschaftlichen Stabilität durch Ausarbeitung von Restrukturierungskonzepten durch die Österreichische Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H. (ÖHT) und Gewährung von Zinsenzuschüssen für Restrukturierungsdarlehen

 

Jungunternehmer-Förderung

·           Förderung von immateriellen Gründungs- und Startkosten sowie von Gründungs- und Startinvestitionen mit Zuschüssen und Zinsenzuschüssen; Gewährung von Startkapital

 

Übernahme von Haftungen durch die ÖHT

·           Förderung durch Übernahme von Haftungen durch die ÖHT zur Erleichterung der Finanzierung von Investitionsprojekten und touristischen Infrastrukturmaßnahmen; weiters Erleichterung der Neugründung oder Übernahme von Unternehmen, Aufbringung von Eigenkapital und Umsetzung von finanziellen Restrukturierungsmaßnahmen

 

Wie aus der obigen Auflistung hervorgeht, besteht mit der Maßnahme TOP-Restrukturierung verbunden mit der Möglichkeit der Haftungsübernahme durch die ÖHT auch eine spezielle Unterstützungsmöglichkeit für in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Hotellerie- und Gastronomiebetriebe.


Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Der nachstehenden Grafik ist zu entnehmen, dass sich die Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2008 im Vergleich zum Vorjahr nur unmerklich erhöht haben, während im Jahr 2005 ein Höhepunkt zu verzeichnen war.

 

Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in Österreich (Index)

Quelle: KSV

 

Die Grafik zeigt weiters, dass die Tourismuswirtschaft (Hotellerie und Gastronomie) die Entwicklung der Gesamtwirtschaft mitmacht und keineswegs einen überdurchschnittlichen Anteil am Gesamtinsolvenzgeschehen hat. Im Jahr 2008 haben die Insolvenzzahlen in der Gesamtwirtschaft um 8 % im Vergleich zum Vorjahr zugenommen, während Hotellerie und Gastronomie lediglich eine Zunahme von 0,3 % zu verzeichnen hatten. Die Krise hat im vergangenen Jahr die Tourismusbranche nur in sehr geringem Ausmaß getroffen, nachdem die vergangene Sommersaison sehr erfolgreich verlaufen ist und auch das Winterergebnis im Wesentlichen zufriedenstellend war.


Antwort zu den Punkten 3 und 4 der Anfrage:

 

Dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend liegen keine Prognosen zum zukünftigen Insolvenzgeschehen in der Tourismuswirtschaft vor.

 

Aufgrund des Verlaufes des ersten Halbjahres 2009 wird seitens der ÖHT eingeschätzt, dass sich die Tourismuswirtschaft zwar nicht vom Trend zu mehr Insolvenzen in der Gesamtwirtschaft wird abkoppeln können, aber dieser Wirtschaftszweig aufgrund des Profitierens vom Inländertourismus und den nahen Quellmärkten weniger schwer betroffen sein dürfte.

 

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Der Frage der Eigenkapitalausstattung hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Jahre mit guten Erträgen und Neubewertungen im Zusammenhang mit Umgründungen haben dazu geführt, dass im Gesamtdurchschnitt die Eigenkapitalausstattung der Betriebe positiv ist, wobei jedoch nach wie vor Verbesserungspotential besteht.

 

Die nachstehenden Grafiken zeigen die Entwicklung der Eigenkapitalsituation (Eigenkapitalquote in % der Bilanzsumme) in der Hotellerie sowie eine Auswertung der Daten nach Kategorien und Größenklasse. Zahlen liegen derzeit nur bis zum Jahr 2007 vor. Für die Gastronomie liegt eine ähnliche Entwicklung vor, aufgrund der zu geringen Grundgesamtheit werden die diesbezüglichen Zahlen der ÖHT nicht publiziert.

Quelle: ÖHT

 

Quelle: ÖHT

 

Quelle: ÖHT

 

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Im Rahmen der Entlastungspakete wurden steuerpolitische Maßnahmen gesetzt.

 

Im Bereich der Förderungen sind folgende Maßnahmen zu nennen:

·           Eigenkapitalstärkung und Eigenkapitaleinbringung in bestehende Tourismusunternehmen als eigenständiger Haftungstatbestand

·           Zuschussförderung sowohl für Eigen- als auch Fremdkapitalfinanzierung möglich

 

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Die Bestimmungen für die Bankwirtschaft in Folge von Basel II wurden zu einem Zeitpunkt wirksam, zu welchem aufgrund der Begleitmaßnahmen zur Einführung des Euro in Europa ein sehr ausgeglichenes und niedriges Zinsniveau herrschte. Das durchschnittliche Zinsniveau wurde durch die Umsetzung von Basel II nicht verändert. Es sind jedoch Unterschiede in der Zinssatzgestaltung bei guten und weniger guten Kreditrisiken sichtbar geworden.

 

·           Die Kreditinstitute haben sowohl das erhöhte Risiko als auch die erhöhte Eigenkapitalvorsorge in den zur Anrechnung kommenden Zinssatz eingerechnet.

·           Die Erhöhung der Risikoaufschläge fand jedoch in einer Zeitspanne statt, die durch ein allgemein niedriges Zinsniveau gekennzeichnet war, sodass die Gesamtbelastung für die Unternehmen sich nicht wesentlich erhöht hat.

·           Der Markt für alternative Finanzierungen und Eigenkapital gewinnt in der Folge von Basel II langsam an Bedeutung.

·           Unternehmen mit guter Bonität können mit besseren Konditionen als bisher rechnen.

 

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

 

Die Bonität der Unternehmen wird üblicherweise an zwei Kennzahlen gemessen.

 

Die statische Bonität beschreibt das Ausmaß der wirtschaftlichen Stabilität anhand der Eigenkapitalausstattung (bzw. der Verschuldung) eines Unternehmens. Die Eigenkapitalausstattung hat sich zwar im Laufe der letzten Jahre deutlich verbessert. Die im Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) geforderte Ausstattung mit zumindest 8 % Eigenkapital wird jedoch nur von den Unternehmen der 4-, 4s-, und 5-Sterne-Kategorie - soweit sie mehr als 100 Betten anbieten - erreicht. Die Unternehmen der 3-Sterne-Kategorie verfehlen diese Grenze.

 

Die dynamische Bonität beschreibt die Schuldenrückzahlungsfähigkeit anhand dynamischer Größen wie Umsatz oder Cashflow, wobei die zulässige maximale Grenze gemäß URG 15 Jahre beträgt. Die Unternehmen aller Qualitätsklassen verfehlen das Ziel der Schuldentilgung in 15 Jahren.

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

 

Im Zusammenhang mit der Finanzkrise wurde eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um die Versorgung der Wirtschaft mit Kapital sicherzustellen. Als Beispiele sind zu nennen:

·           Finanzmarktstabilitätsgesetz

·           Interbankmarktstärkungsgesetz

·           Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz

·           Ausweitung der Haftungsmöglichkeiten für AWS und ÖHT

·           Sicherstellung der Refinanzierung der ÖHT durch die EIB

·           Ausweitung der Förderungsmittel bei ERP- und TOP-Tourismusförderung

·           Einführung der ERP-Kleinkredite zur Kapitalversorgung auch bei Klein­investitionen

·           Einrichtung der Überbrückungsfinanzierung zur Sicherstellung der Liquidität auch ohne investive Maßnahmen

 

 

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

 

Vom KSV werden keine Statistiken über betroffene Arbeitsplätze nach Branchen veröffentlicht. Es ist aber anzumerken, dass in der Tourismuswirtschaft durch das Wachstum bestehender Unternehmen und die Gründung neuer Unternehmen mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, als durch Insolvenzen und andere Gründe verloren gehen, wie der stetige Anstieg von Beschäftigten in den letzten Jahren - von 221.000 im Jahr 2006 auf 244.000 im Jahr 2008 - beweist.