3056/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.11.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für europäische und internationale Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen haben
am 23. September 2009 unter der Zl. 3106/J-NR/2009 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend „gezielte Provokation der tschechischen
Republik“ gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:

Es steht für mich außer Zweifel, dass die Beneš-Dekrete die Grundlage für schweres Unrecht
waren, das viele Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg durch Enteignung und Vertreibung
aus der damaligen Tschechoslowakei erlitten haben.

Es ist mir daher ein besonderes Anliegen, im Rahmen unserer bilateralen Kontakte mit der
Tschechischen Republik darauf hinzuwirken, dass die Folgen der mit dem Namen Beneš
verbundenen Dekrete im Geiste einer europäischen Nachbar- und Partnerschaft so weit wie
möglich überwunden werden. Österreich fordert in diesem Zusammenhang sowohl ein
Anerkenntnis des geschehenen Unrechts als auch eine finanzielle Geste.

Auch tritt Österreich im Sinne der Empfehlung des Europäischen Parlaments vom
26. März 2003 für eine Aufhebung des sog. „Straffreistellungs- (oder „Amnestie“-)
gesetzes“ ein: Damit könnte ein klares Zeichen der Anerkenntnis des geschehenen Unrechts
und gleichzeitig ein Beitrag zur selbstbewussten Aufarbeitung der gemeinsamen europäischen
Geschichte geleistet werden.


Österreich hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass Zugeständnisse an die Tschechische
Republik, um deren Ratifikation des Vertrags von Lissabon zu ermöglichen, nicht zu einer
nachträglichen Legitimierung der Dekrete oder zu einer wie auch immer gearteten
Verschlechterung der Stellung der für die von den damaligen Enteignungen Betroffenen
führen dürfen. Der Beitritt Tschechiens zum britischen und polnischen „opt-out“ von der
Grundrechtscharta wird somit keinerlei Auswirkung auf die Rechtsstellung von
Restitutionswerbern in Tschechien oder von vertriebenen Sudetendeutschen haben.

Zu den Fragen 3 bis 6:

Ich habe meinen tschechischen Amtskollegen Jan Kohout bei sämtlichen Treffen - sei es bei
seinem Wienbesuch am 5. Juni d. J., bei unserem Treffen in Mikulov/Laa an der Thaya am
9. September sowie im Rahmen diverser Ratstagungen der EU-Außenminister - auf die
Sensibilität dieser Angelegenheit hingewiesen und ihn gebeten, sich dafür einzusetzen, dass
dieses Denkmal nicht aufgestellt wird.

In diesem Zusammenhang wurde mir mitgeteilt, dass die Aufstellung der Beneš-Statue in
Brunn nicht in die Kompetenz des Außenministeriums der Tschechischen Republik fällt,
sondern eine diesbezügliche Entscheidung allein der Stadt Brunn obliegt.

Ich verstehe sehr gut, dass die unterzeichneten Abgeordneten dieses Vorhaben der Brünner
Stadtverwaltung im Hinblick auf die immer noch lebendige Erinnerung an den Brünner
Todesmarsch zutiefst ablehnen.