5130/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.07.2010
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                        Wien, am        Juli 2010

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0114-I/4/2010

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5373/J vom 19. Mai 2010 der Abgeordneten Mag. Roman Haider Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. – 3.:

Zunächst wird darauf hingewiesen, dass die Europäische Union als juristische Person keine Kredite an Griechenland vergibt. Das Unterstützungspaket beruht ausschließlich auf „gepoolten“ bilateralen Darlehen der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes. Diese Unterscheidung ist im Hinblick auf die Einhaltung des Rechts der Europäischen Union von großer Bedeutung.


Die Vertragsdokumentation der Darlehen an Griechenland, die von allen teilnehmenden Mitgliedstaaten gemeinsam erarbeitet und einstimmig genehmigt wurde, enthält einschlägige Bestimmungen, die Gleichrangigkeit gegenüber bestehenden und zukünftigen Forderungen aus Staatsanleihen Griechenlands sicherstellen. Konkret handelt es sich um eine so genannte „pari passu“-Klausel.

 

Die Kredite werden daher gegenüber privaten Investoren nicht zweitrangig bedient.

Zur 4. und 9. – 10.:

Es ist richtig, dass dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wie im Übrigen auch der Weltbank und den multilateralen Entwicklungsbanken ein bevorzugter Gläubigerstatus („preferred creditor status“) zuerkannt wird. Dabei handelt es sich nicht um ein Rechtskonstrukt, sondern um eine gelebte Praxis der Staatengemeinschaft, die als Anteilseigner – wie zum Beispiel Österreich - ein natürliches Interesse am langfristigen Bestehen und der ausgezeichneten Kreditwürdigkeit dieser Institutionen haben. Diese seit der Gründung der Internationalen Finanzinstitutionen verfolgte Praxis wurde auch vom Pariser Club anerkannt und wird von den Rating-Agenturen berücksichtigt.

Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Sekundärmärkte steht die Tatsache im Vordergrund, dass gerade die Unterstützung Griechenlands durch den IWF sich - ungeachtet anderer Einflüsse - positiv auf den Wert der gehandelten Papiere auswirkt und daher über diesen Kanal keine negativen Effekte auf andere Länder zu erwarten sind.

 

Zu 5. – 7.:

Es ist sinnvoll, dass auch im Falle Griechenlands diese Praxis weitergeführt wird. Aus Sicht der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets wäre es kontraproduktiv, analog zum IWF einen bevorzugten Status einzufordern, dessen rechtliche Durchsetzbarkeit nicht feststeht und der gegenüber den privaten Investoren eine Marktverzerrung signalisieren würde, die die Rückkehr Griechenlands zur Kapitalmarktfinanzierung verzögern könnte. Gerade die frühzeitige Rückkehr zu den privaten Märkten ist aber explizites Ziel der griechischen Regierung.


Zu 8.:

Da Griechenland keinen Zugang mehr zu den Kapitalmärkten hatte, ist die Frage nach dem „Marktzinssatz“ eine nur theoretische. Es waren glaubwürdige Maßnahmen zu setzen, dh. eine kostendeckende Finanzierung auf Gläubigerseite und drastische Anpassungsmaßnahmen Griechenlands zur Wiedererlangung des Zugangs zu den Kapitalmärkten.

 

Während der Verhandlungen über die genaue Ausgestaltung des Unterstützungspakets für Griechenland wurde der Frage der Rechtskonformität große Aufmerksamkeit gewidmet. Die Beschlüsse der 16 Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets wurden unter aktiver Mitarbeit des Juristischen Dienstes des Rates und der Europäischen Kommission (als Hüterin der Verträge) erarbeitet.

 

Dabei bestand die einhellige Rechtsauffassung, dass eine bilaterale Darlehensgewährung – wie sie im Falle Griechenlands beschlossen wurde – keinen Verstoß gegen Art. 125 VAEU darstellt, da keinesfalls für Verbindlichkeiten Griechenlands eingetreten wird. Die Rückzahlungsfähigkeit Griechenlands wird durch ein massives Anpassungsprogramm gewährleistet, welche auch vom Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank überwacht wird. Dieser Sachverhalt war für Österreich und die anderen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets eine Grundvoraussetzung für eine Teilnahme am Unterstützungspaket.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Josef Pröll eh.