5138/AB XXIV. GP

Eingelangt am 02.07.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

Wien, am   30. Juni 2010

GZ: BMG-11001/0132-I/5/2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5207/J der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Eingangs möchte ich festhalten, dass das Europäische Parlament einen Vorschlag der Kommission zur Erweiterung der Liste der zugelassenen Zusatzstoffe abgelehnt hat. Auf dieser Liste stand auch Schweine- und Rinderthrombin, welches zusammen mit Fibrinogen als „Fleischkleber“ eingesetzt werden kann. Eine ganze Reihe von Zusatzstoffen wurde dem Parlament zur Annahme vorgelegt. Für alle lag eine positive Bewertung durch die EFSA vor, ebenso wie eine Zustimmung der Mitgliedsstaaten. Für die Kombination Thrombin/Fibrinogen wäre ein Einsatz (als „Fleischkleber“) nur bei verpackten Produkten vorgesehen gewesen, ebenso wie eine Kennzeichnung dieser Produkte – darauf hatte im speziellen auch Österreich bestanden. Das Europaparlament hat sich mit knapper Mehrheit (eine Stimme) gegen den Vorschlag zur Erweiterung der zugelassenen Zusatzstoffe ausgesprochen. Eine Ablehnung einzelner Zusatzstoffe durch das Parlament ist nicht möglich – es kann nur den gesamten Vorschlag annehmen oder ablehnen. Diese Abstimmung ist die erste dieser Art im Europaparlament, die Änderungen der Liste der zugelassenen Zusatzstoffe erfolgte bisher im Mitentscheidungsverfahren und wird nunmehr, wie bei technischen Anpassungen üblich, gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle durchgeführt. Das Abstimmungsergebnis ist daher in gewisser Weise auch als eine Demonstration des Parlaments zu sehen, dass man vom Ablehnungsrecht durchaus auch Gebrauch macht.

 

Transglutaminasen können in der Lebensmittelproduktion als technische Hilfsstoffe eingesetzt werden (z.B. Würste, Joghurt, Backwaren). Enzyme, die als technische Hilfsstoffe in der Lebensmittelproduktion Verwendung finden, mussten bisher nicht speziell zugelassen werden. In Zukunft gilt aber für alle Enzyme nach dem neuen EU-Zusatzstoffpaket ein Zulassungsverfahren. Bereits in Verkehr befindliche Enzyme müssen ebenfalls zugelassen werden (Übergangsfrist allerdings bis voraussichtlich 2012). Transglutaminasen werden somit einer Zulassung (inklusive Bewertung) zu unterziehen sein. Es ist davon auszugehen, dass dabei der Einsatz als „Kleber“, z.B. bei Rohpökelwaren, als eine Enzym-Anwendung mit technologischer Wirkung im Endprodukt bewertet wird, wodurch eine Kennzeichnung ausgelöst wird.

 

Frage 1:

Die GutachterInnen des Bereichs Lebensmittel der AGES müssen sich nach Ihrer Ausbildung zum amtlichen Lebensmittelgutachter / zur amtlichen Lebensmittelgutachterin (mindestens 3 Jahre) regelmäßig fort- und weiterbilden. Die Aus-und WeiterbildungsVO, BGBl. II 2008/275 idgF, sieht in § 26 Abs. 1 vor, dass sie „mindestens im Zeitraum von zwei Jahren an Weiterbildungsveranstaltungen im Ausmaß von insgesamt mindestens drei Tagen je 8 Weiterbildungseinheiten zu 50 Minuten teilzunehmen haben, in denen die erworbenen Kenntnisse erweitert und neue Erkenntnisse und Entwicklungen auf den für ihre spezifische Tätigkeit notwendigen Gebieten vermittelt werden“. Diese Mindestvorgabe wird von den AGES-GutachterInnen des Bereichs Lebensmittel bei weitem erfüllt. Die persönliche Weiterbildung beinhaltet sowohl die ständige Beschäftigung mit neuen Rechtstexten, das Auseinandersetzen mit technologischen Entwicklungen (dabei auch „neue Tricks“) wie auch das Studium einschlägiger Fachliteratur.

Wir schätzen, dass heute ca. 8% der Arbeitszeit von Gutachterinnen dafür zur Verfügung stehen, das sind ca. 3 h/Woche.

Die Analytik Kompetenzzentren (CCs) der AGES wurden gegründet, um Antworten auf analytische Fragestellungen für alle Aufgabengebiete der AGES zu geben. Dementsprechend müssen den Anforderungen entsprechend neue Untersuchungsmethoden erarbeitet oder adaptiert werden. Die Methoden-entwicklung erfolgt im Bereich der Analytik-Kompetenzzentren. Dafür werden je nach Aufgabengebiet des CC zwischen 2% und 10 % der Arbeitszeit verwendet.


Frage 2:

Seit 2006 wurden von den MitarbeiterInnen des Bereiches Lebensmittel 13 Publikationen und vom Bereich Kompetenzzentren 23 Publikationen zum Thema Lebensmitteluntersuchung veröffentlicht.

 

Frage 3:

Um mit den rechtlichen Veränderungen und technologischen Entwicklungen Schritt zu halten, gehen wir davon aus, dass eine Erhöhung von 8% auf 15%, das sind ca.

6 h/Woche sinnvoll und realistisch erscheint.

Dazu wurde schon im Jahre 2007 mit einem langfristig angelegten neuen Gutachterkonzept (Neuaufnahmen, Nachbesetzungen und Erweiterungen von Gutachterberechtigungen) begonnen, welches zum Ziel hat, die durchschnittlich erforderliche Anzahl pro GutachterIn auf ein Niveau zu bringen, welches erlaubt, sich den oben erwähnten Tätigkeiten intensiver zu widmen.

Ebenso trägt die im Bereich Lebensmittel erfolgte Schwerpunktsetzung dazu bei, dass sich die GutachterInnen auf bestimmte Warengruppen konzentrieren können. Die weitere Umsetzung dieses Gedankens der Schwerpunkte soll weiterverfolgt werden.

 

Zudem wird es Teil des neu zu erarbeitenden Unternehmenskonzeptes der AGES sein, mit den Eigentümern Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die als sinnvoll erachteten ca. 15% der Arbeitszeit auch erreicht werden können. Mit 2010 wurde in der AGES zudem eine Stabstelle „Forschungskoordination, Kooperationen und Innovation“ gegründet, die auch für den Bereich Lebensmittel der AGES wertvolle Arbeit leistet.

Festzuhalten ist, dass es nicht die Aufgabe des Bereichs Lebensmittel der AGES ist, Grundlageforschung zu betreiben, sondern vielmehr, immer eine potentielle Anwendung und mögliche rechtliche Auswirkungen in Bezug auf Waren des LMSVG im Auge zu behalten (vgl. GESG, BGBl I Nr. 63/2002 idgF § 8).

 

Der Anteil der Arbeitszeit für Methodenentwicklung in den Kompetenzzentren ist den bisherigen Anforderungen entsprechend. So konnten immer rasch entsprechende Untersuchungsmethoden angeboten werden (z.B. Melamin in Futter- und Lebensmitteln, Phtalate, GVO-Langkornreis, nicht zugelassene GVO in Leinsamen, Erweiterung des Untersuchungsspektrums bei der Pestizid und Mykotoxinanalytik, Aufbau von Multimethoden zur Bestimmung von Tierarzneimittelrückständen, Bestimmung von Uran in Mineralwasser, Cocain(spuren) in Lebensmitteln, usw.).

Die fachliche Weiterentwicklung ist aber von großer Bedeutung für die Zukunft aller Unternehmen und wird auch bei den Kompetenzzentren durch Kooperationen mit Universitäten (2 Diplomarbeiten und eine Dissertation 2010) noch weiter intensiviert.

 

Frage 4:

Die VZK-Entwicklung des Bereiches Lebensmittel (jeweils Stichtag 31.12.):

2004:  130 VZK

2005:  150 VZK

2006:  159 VZK

2007:  147 VZK

2008:  150 VZK

2009:  151 VZK

 

Bereich Kompetenzzentren:

2004 kamen 30 VZK aus den BALUs in die Kompetenzzentren. Seit 2005 sind ca. 25% der CC-Mitarbeiter für den Lebensmittelbereich tätig. Die VZK-Entwicklung der CCs stellt sich wie folgt dar:

2004: 108 VZK

2005: 103 VZK

2006: 106 VZK

2007: 119 VZK

2008: 120 VZK

2009: 118 VZK

 

Frage 5:

Die AGES ist im Bereich Ernährungsberatung nicht tätig. Ernährungsberatung ist ein geschütztes Gewerbe, ein entsprechender Gewerbeschein (als Teil des Gewerbes der „Lebens- und Sozialberatung“ ist dafür notwendig (Voraussetzung: abgeschlossenes Studium der Ernährungswissenschaften oder abgeschlossene Ausbildung zum Diätologen / zur Diätologin). Ernährungsberatung wird vom Kompetenzzentrum Ernährung und Prävention (CC Prev) weder angeboten noch durchgeführt. Das CC Prev arbeitet ernährungsepidemiologisch und ernährungsanalytisch, es sammelt Daten und macht Bewertungen vor allem in den Bereichen Ernährungsepidemiologie und „Public Health Nutrition“, um den Eigentümern und anderen Auftraggebern in diesen Bereichen entsprechende Expertisen und fundierte österreichspezifische Analysen liefen zu können. So wurde beispielsweise das Bundesministerium für Gesundheit im Zusammenhang mit der Begründung und entsprechenden (ernährungs)wissenschaftlichen Argumentation der österreichischen Transfettsäuren-Verordnung unterstützt, indem eine fundierte Analyse der österreichischen Ist-Situation sowie eine klare Darstellung der Risikogruppen und deren Belastung erarbeitet wurde, um die österreichische Transfettsäuren-Verordnung als notwendige Maßnahme zum Gesundheitsschutz der österreichischen Bevölkerung vor der Europäischen Kommission (welche diese Aktivität Österreichs in ihrer ersten Reaktion als möglicherweise EU-rechtlich unzulässiges Handelshemmnis ansah) entsprechend zu rechtfertigen. Weiters wurde vom CC Prev der Entwurf des nationalen Aktionsplans Ernährung (NAP.e) erstellt und die Vorkonsultation des Entwurfes mit Ernährungs- und Gesundheits-ExpertInnen koordiniert und somit ein wesentlicher Beitrag im Bereich Public Health Nutrition geleistet.

 

Die Gründung des Kompetenzzentrums Ernährung & Prävention erfolgte im Jahr 2007 mit 2,5 VZK. Derzeit umfasst das Kompetenzzentrum 7 VZK, wobei 2 VZK durch Projektfinanzierungen refundiert werden.


Frage 6:

Laut GESG BGBl. I Nr.63/2002 idgF § 1 Abs.1 wurde die AGES „Zur Wahrung des Schutzes der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, zur wirksamen und effizienten Evaluierung und Bewertung der Ernährungssicherheit und zur epidemiologischen Überwachung übertragbarer und nicht übertragbarer Krankheiten beim Menschen“ errichtet.

§ 1 Abs.2:  Zur Wahrung der Sicherheit und der Qualität der Ernährung ist ein hohes Niveau des Gesundheitsschutzes und des Schutzes der Verbraucherinteressen unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips und unter Beachtung des Standes der Wissenschaften anzustreben.

 

Der Schwerpunkt des Kompetenzzentrums Ernährung & Prävention basiert auf den genannten gesetzlichen Zielsetzungen. Dadurch nimmt die AGES ihre Rolle im Bereich der Prävention von nicht übertragbaren, ernährungsassoziierten Erkrankungen wahr. Epidemiologische Studien zeigen einen stetig steigenden Trend bei ernährungs- und lebensstilassoziierten Erkrankungen. Vor allem durch die Zunahme der Adipositasprävalenz (insbesondere im Kindes- und Jugendalter) und deren Folgeerkrankungen und damit verbundene Kosten, ergibt sich die Notwendigkeit für evidenzbasierte Präventionsmaßnahmen.

 

Fragen 7 bis 12:

Ich darf auf die Beantwortung der parl. Anfrage 5190/J XXIV.GP der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen betreffend „Klebefleisch“ in der Lebensmittelbranche (Formfleisch) verweisen.