5197/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.07.2010
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Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017     W i e n

 

GZ: BKA-353.110/0105-I/4/2010                                                             Wien, am 5. Juli 2010

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen haben an mich am 5. Mai 2010 unter der Nr. 5254/J eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Erfassung von WLAN-Netzen durch Google-Street-View gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 11:

Ø Ist Ihnen bekannt, ob Google Street View auch in Österreich WLAN-Netze erfasst hat?

Ø Wenn nein, wurden insofern Nachforschungen in die Wege geleitet?

Ø Wenn ja, wer stellt diese Nachforschungen an?

Ø Wer ist für die Nachforschungen verantwortlich?

Ø Sollte Google-Street-View WLAN-Netze in Österreich erfassen, wurden die Behör­den darüber informiert?

Ø Wurde die Datenschutzkommission darüber informiert?

Ø Wenn ja, welcher Rechtsstandpunkt wurde von den Behörden vertreten?

Ø Welcher Rechtsstandpunkt wurde von der Datenschutzkommission vertreten?

Ø Wie wäre ihrer Ansicht nach diese Speicherung in Bezug auf das Datenschutzge­setz zu bewerten?

Ø Welche Rechtsmöglichkeiten haben Betroffene gegen diese Speicherung?

Ø Welche Rechtsmöglichkeiten hat der Staat gegen diese Speicherung?

Nach Auskunft der Datenschutzkommission wurde die Google Inc. mit der Datenan­wendung „streetview“ bei der Datenschutzkommission am 25.1.2010 registriert.

Bei „streetview“ werden demnach aus dem öffentlichen Raum digitale Bildaufnahmen er­stellt. Dies erfolgt zum Zweck der Veröffentlichung der in den Bildaufnahmen vorhan­denen Kartierungsinformationen und zum Zweck der Einbindung der Aufnahmen in den Dienst „streetview“. Bei „streetview“ handelt es sich um eine neue Funktion, die in Dienste des Auftraggebers eingebunden wird (derzeit „Google Maps“ und „Google Earth“). „Streetview“ ist eine Navigationshilfe, in der 360°-Ansichten von Straßenzügen in etwa aus der Perspektive eines Spaziergängers dargestellt werden. Das erstellte Bildmaterial wird vor der Einbindung in den Dienst technisch bearbeitet. Dabei wird eine Technologie eingesetzt, welche Gesichter von Passanten und Autokennzeichen automatisch erkennt und diese unkenntlich macht. Zudem stellt der Auftraggeber innerhalb des Dienstes „Google Maps“ eine Funktion zur Verfügung, mit der Nut­zer einfach und unkompliziert einzelne Bilder aus „streetview“ melden können, die dann nach der Prüfung entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

 

Das Verwenden von Daten von WLAN-Netzwerken wurde vom Auftraggeber in der gegenständlichen Meldung zu „streetview“ nicht angegeben.

 

Nach Angaben der Datenschutzkommission wurde die Datenschutzkommission im Zuge der aktuellen Entwicklungen von Google informiert, dass Google Daten zu WLAN-Netzen bzw. Nutzdaten aus WLAN-Netzen erfasst hat. Die Datenschutzkommission hat Google aufgetragen, dass rechtsgrundlos ermittelte personenbezogenen Daten umgehend zu löschen sind und die Datenschutzkommission vom Vollzug der Löschung zu benachrichtigen ist.

 

Aufgrund von öffentlich sowie gegenüber der öster­reichischen Datenschutzkommission abgegebenen Erklärungen von Google über die Ermittlung von WLAN-Daten im Zuge der Datensammlung für „Google Street View“ hat die Datenschutzkommission am 21. Mai 2010 ein amtliches Prüfverfahren nach § 30 Abs. 2 DSG 2000 zur Klärung des Sachverhalts eingeleitet. Bis zu dieser Klä­rung wurde überdies mit Mandatsbescheid gemäß § 20 Abs. 2 DSG 2000 die Weiter­führung der gesamten Datenanwendung „Google Street View“ untersagt, sodass der­zeit keine der im Zusammenhang mit Google Street View in Österreich bereits ermit­telten Daten weiter verarbeitet werden dürfen und keine neuen Daten in Österreich ermittelt werden dürfen.

 

Zur Klärung des Sachverhalts wurde Google Inc., USA, als registrierter Auftraggeber der Datenanwendung „Google Street View“ im amtswegigen Prüfverfahren aufgefordert, bis zum 7. Juni 2010 eine genaue technische Beschreibung der Datenermittlungsvorgänge vorzulegen, sowie einen ausführlichen Fragebogen zu beantworten, dessen Inhalt im Wege der Art. 29 Gruppe auch mit den anderen unabhängigen Datenschutz-Kontrollstellen der EU-Mitgliedstaaten koordiniert wurde. Am 7. Juni d. J. sind die von Google eingeforderten Unterlagen bei der DSK eingelangt. Am 8. Juni hat Google Inc. Vorstellung gegen den Mandatsbescheid des geschäftsführenden Mitglieds der DSK erhoben. Gemäß § 57 Abs. 3 AVG hat  „die Behörde  binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt.“ Nachdem das Ermittlungsverfahren im amtswegigen Prüfverfahren bereits eingeleitet wurde, bleibt der Bescheid somit trotz Vorstellung in Kraft. Dieses Ermittlungsverfahren wird derzeit durchgeführt.

 

Ob das Erfassen von WLAN-Netzen dem Anwendungsbereich der Datenschutz-RL 95/46/EG bzw. des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000) unterliegt, hängt insbesondere davon ab, ob dabei personenbezogene bzw. indirekt personenbezoge­ne Daten gemäß § 4 Z 1 DSG 2000 erfasst werden. Allgemein ist für den Fall, dass personenbezogene bzw. indirekt personenbezogene Daten verwendet werden, anzu­merken, dass – soweit eine Verwendung von Daten (§ 4 Z 1 DSG 2000) nicht im le­benswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt – ge­mäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig sind.

 

Gemäß § 1 Abs. 5 DSG 2000 ist gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grund­recht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechts­weg geltend zu machen.

 

 

In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichts­barkeit betroffen sind. Die Zulässigkeit der Verwendung von Daten ergibt sich aus den §§ 7 ff DSG 2000. Darüber hinaus sind der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie die Grundsätze des § 6 DSG 2000 zu beachten.

 

Der Auftraggeber einer Datenanwendung ist gemäß § 24 Abs. 1 DSG 2000 dazu an­gehalten, den Betroffenen in geeigneter Weise über den Zweck der Datenanwen­dung sowie Name und Adresse des Auftraggebers zu informieren. Darüber hinaus­gehende Informationen sind gemäß § 24 Abs. 2 DSG 2000 zu erteilen, wenn dies für eine Verarbeitung nach Treu und Glauben erforderlich ist. Gemäß § 28 Abs. 1 DSG 2000 hat jeder Betroffene zudem das Recht – sofern die Verwendung von Da­ten nicht gesetzlich vorgesehen ist – gegen die Verwendung seiner Daten wegen Verletzung überwiegender schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, beim Auftraggeber der Datenanwendung Wi­derspruch zu erheben.

 

Der Auftraggeber hat bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die Daten des Betroffenen binnen acht Wochen aus seiner Datenanwendung zu lö­schen und allfällige Übermittlungen zu unterlassen. Gegen eine nicht gesetzlich an­geordnete Aufnahme in eine öffentlich zugängliche Datenanwendung kann der Be­troffene nach Abs. 2 leg. cit. jederzeit auch ohne Begründung seines Begehrens Wi­derspruch erheben. Die Daten sind binnen acht Wochen zu löschen. Die durch §§ 26 bis 28 DSG 2000 gewährten Rechte können nicht geltend gemacht werden, soweit nur indirekt personenbezogene Daten verwendet werden.

 

Die Verwendung von Daten entgegen der Bestimmungen des DSG 2000 kann aber unter den Voraussetzungen des § 52 DSG 2000 eine Verwaltungsübertretung dar­stellen, diese kann allfällige weitere straf- oder zivilrechtliche Rechtsfolgen nach sich ziehen.

 

Auch der Republik Österreich stehen nach dem DSG 2000 diese Rechtsschutzmög­lichkeiten zu. Das Bundeskanzleramt hat auch in diesem Zusammenhang die not­wendigen Schritte zur Rechtswahrung gesetzt.

 

Mit freundlichen Grüßen